Die Schlei – ein weit in das Land hinein reichender und die Regionen Angeln im Norden und Schwansen im Süden voneinander trennender Meeresarm der Ostsee, seit dem Mittelalter ein bedeutender Handelsweg und heute eine der beliebtesten Urlaubsgegenden in Schleswig-Holstein. Zwischen Schleimünde und Schleswig besticht der Fjord im Sommer mit blauem Wasser und gelb blühendem Raps, im Winter mit rauer Brandung und kahlen Stoppelfeldern.
Zahlreiche kleine Dörfer mit reetgedeckten Katen, beschauliche Hafenorte und vorgeschichtliche Anlagen geben Einblicke in die lange Besiedlungsgeschichte der Region und bieten Freizeitmöglichkeiten für Ruhesuchende und Aktivurlauber.
Naturschutzgebiete an der Ostsee – rund um Gelting, Falshöft und Kronsgaard
Nördlich der Schlei erstreckt sich in Angeln in Nieby bei Gelting das Naturschutzgebiet Geltinger Birk auf einer Landzunge in die Flensburger Förde der Ostsee. Die Landschaft der nach der letzten Eiszeit durch den Rückzug der Gletscher entstandenen und ab der Steinzeit auch von Menschenhand mitgestalteten Birk ist geprägt durch die Wasserflächen des Noores, flache Dünen, Sumpf- und Heideflächen, Moore und lichte Wälder. Seit 1995 steht die Geltinger Birk unter Naturschutz und kann auf verschiedenen Wegen von der Windmühle Charlotte aus durchwandert werden. Mit etwas Glück bekommt man dabei die ausgewilderten schottischen Hochlandrinder und Konikpferde auch aus der Nähe zu Gesicht.
Der Luftkurort Gelting selbst war in vor- und frühgeschichtlicher Zeit durch den germanischen Stamm der Angeln besiedelt und entwickelte sich ab dem Mittelalter zu einem Gut mit Kirchplatz, von dem heute noch die backsteinerne St. Katharinenkirche im klassizistischen Stil und das dreiflügelige Herrenhaus zeugen.
Östlich von Gelting lädt an der Geltinger Bucht zwischen dem rot-weiß gestreiften Leuchtturm von Falshöft, Pommerby und Kronsgaard ein
naturbelassener Strandabschnitt in Form eines flachen Sandstrandes mit Abbruchkanten aktiver Kliffs zum Spazierengehen und Entspannen ein. Bei guter
Sicht kann man über die Flensburger Außenförde bis nach Dänemark schauen.
Die Schleimündung – Maasholm und die Ostsee
In südlicher Richtung weiter reisend erreicht man unweit der Ostsee auf einer Halbinsel in der Schlei das
Fischerdorf Maasholm. Den einstigen Seefahrerort des frühen 18.Jhs. durchziehen kopfsteingepflasterte Straßen mit reetgedeckten und backsteinernen Häuschen. Maritimes Ambiente
lässt sich an dem an der Mündung von Schlei und Ostsee gelegenen Hafen mit seinen Anlegestellen, Kuttern, Netzen und Fischkisten genießen, die Natur erleben kann man in der
Strandwalllandschaft von Oehe-Schleimünde.
Ein germanischer Gerichtsplatz – das Guly Thing bei Stoltebüll
Ungefähr zwischen Gelting und Kappeln wurde bei Stoltebüll auf einem jungsteinzeitlichen Hünengrab ein Gerichtsplatz des germanischen Stammes der Jüten rekonstruiert. Etwa in der Spätantike oder im Frühmittelalter entstanden, war die Richtstätte bis in das 19.Jh. hinein in Gebrauch. Nach der Rekonstruktion im frühen 21.Jh. vermittelt die ehemalige Begräbnis- und Kultstätte heute einen anschaulichen Eindruck von jütischen Gesellschafts- und Sozialstrukturen. Für mich ein absoluter Geheimtipp für Geschichts- und Archäologieinteressierte.
Handels- und Schifffahrtsmittelpunkt an der nördlichen Schlei – Kappeln
Von Maasholm aus gesehen liegt ein Stück schleiabwärts der ab dem 14.Jh. gewachsene Fischer-, Handels- und Schifffahrtsort Kappeln mit seiner weißen Klappbrücke und den Heringszäunen. Das Bild der aus der ZDF-Serie „Der Landarzt“ als „Deekelsen“ bekannten Stadt wird von überwiegend eingeschossigen Giebelhäusern teilweise mit befensterten Vorsprüngen an der Vorderseite beherrscht. An der Wasserfront erhebt sich hoch über dem Ufer der Schlei die aus Backstein errichtete spätbarocke Kirche St. Nicolai, im Westen der Stadt steht mit der Holländerwindmühle Amanda (Touristinformation), deren Galerie als Aussichtsplattform dient, die höchste Windmühle in Schleswig-Holstein. Der Kappelner Hafen prägt das Leben in der Stadt bis heute, seine Promenade ist ein Anziehungspunkt für Angler und Schiffliebhaber. Wer nach dem Stadtbummel Hunger oder Durst bekommen hat, kann in der rustikalen „Landarztkneipe Hotel Aurora“ oder dem gemütlich-maritimen „Café Alte Schmiede“ einkehren. Nicht verpassen sollte man einen Besuch in der „Schokoladenküche“ und im „Sailor Shop Prätorius“ am Hafen.
Von Kappeln aus lohnt sich zudem ein Ausflug auf die südliche Seite der Schlei nach Schwansen zur Steilküste des Ostseebades Schönhagen.
Schleidörfer – Arnis, Sieseby und Lindaunis
Hinter Kappeln reihen sich Richtung Schleswig wie auf einer Perlenschnur idyllische Schleidörfer aneinander und bestechen mit kleinen Kirchen, Fischerkaten, Werften und maritimen Cafés und Restaurants.
In der Mitte des 17.Jhs. gründeten einige Familien aus Kappeln auf einer Halbinsel am Nordufer der Schlei die Fischer- und Schiffersiedlung Arnis, die während der NS-Zeit zur Stadt erhoben wurde. Heute besteht Arnis aus einer geschlossenen Bebauung mit größtenteils aus dem 18. und 19.Jh. stammenden Häuschen auf den beiden Seiten einer von Kopflinden gesäumten Straße und lebt vom Tourismus. Bootstege, Fischernetze und kleine Werften entlang der Schlei machen die kleinste Stadt Deutschlands zu einem schmucken Fischerort.
Sehenswert und ein wenig geheimnisvoll ist der auf dem Gelände einer spätmittelalterlichen Burg angelegte Friedhof mit seiner barocken Schifferkirche und zum Teil sehr alten Grabsteinen.
Das Südufer der Schlei kann mit Sieseby, dem ersten Flächendenkmal Schleswig-Holsteins, ebenfalls mit einem kleinen Juwel aufwarten. Weiß verputzte Reetdachhäuser und eine um 1200 an der Stelle eines wikingerzeitlichen Landeplatzes erbaute spätromanische Saalkirche kennzeichnen das Antlitz des Dorfes.
Westlich von Sieseby befindet sich bei Lindaunis das 1415 errichtete Gut Dänisch-Lindau in Form eines backsteinernen Saalbaus mit Reetdach. In
der Serie „Der Landarzt“ wurde das Herrenhaus als „Landarzthaus“ genutzt.
Wikinger und Herzöge – Haithabu und Schleswig
Die Stadt Schleswig bildet den Endpunkt des Ostseefjordes und somit der Reise entlang der Schlei.
Bereits die so genannten Wikinger erkannten die strategisch günstige Lage des Gebietes am Haddebyer Noor und an der Handelsroute Heerweg. So entstand etwa ab dem frühen 9.Jh. Haithabu, eine überregional bedeutsame Handels- und Handwerkssiedlung zunächst der dänischen Könige in der Schleswiger Landenge am Ende des Ostseefjordes Schlei, die als Schnittpunkt zwischen dem fränkischen/deutschen, skandinavischen und slawischen Raum fungierte und ihre Blüte in der Mitte des 10.Jhs. erlebte. Das Wikinger Museum Haithabu stellt die Archäologie und Geschichte des vom 9. bis 11.Jh. existierenden „Hofes/Dorfes auf der Heide“ in unmittelbarer Nähe der historischen Stätte dar. Im Ausstellungsgebäude werden die archäologischen Funde und Befunde präsentiert, im Freilichtmuseum kann man rekonstruierte Häuser der ehemaligen Siedlung anschauen und in das frühmittelalterliche Alltags- und Arbeitsleben eintauchen. (ausführlicher Bericht zu Haithabu)
Nach der Zerstörung Haithabus gab man es zu Gunsten des etwa ab der Mitte des 11.Jhs. am anderen Schleiufer entstehenden Schleswig auf. Die
durch das Zusammenspiel weltlicher und kirchlicher Bereiche sowie den Fernhandel zwischen Kontinent und Ostseeraum im Mittelalter gewachsene und durch Auseinandersetzungen
zwischen fränkischen bzw. deutschen und skandinavischen Herrschern geprägte Stadt zeugt mit ihrem Dom und dem Residenzschloss Gottorf bis heute von ihrer Funktion als ehemalige Hauptstadt des Herzogtums Schleswig.
Ob Spaziergang rund um das ehemalige Pfalz- und heutige Rathausareal oder Besuch des backsteinernen gotischen Domes, Besichtigung der ruhigen Fischersiedlung auf dem Holm oder Einkaufsbummel – Schleswig besticht mit geschichtsträchtigen Plätzen und maritimer Atmosphäre. Das bekannteste Gebäude der Stadt ist das innerhalb von achthundert Jahren mehrmals umgestaltete und erweiterte, vierflügelige Schloss der Herzöge von Schleswig-Holstein mit Elementen im Stil der Renaissance und des Barock. Sein heutiges Aussehen erhielt es im späten 17. und 18.Jh.. In den Innenräumen des Schlosses informiert das Schleswig-Holsteinische Landesmuseum für Archäologie sowie Kunst- und Kulturgeschichte über Schleswig-Holstein und seine Bewohner in früheren Jahrhunderten. So sind zum Beispiel die berühmten „Moorleichen von Windeby“ zu sehen. (Genaueres zum Schloss Gottorf)
Buchtipps
Geschichte
- Die Schleiregion aus Sicht der Archäologie erkunden – mit dem Führer zu archäologischen und bauhistorischen Denkmälern aus dem Theiss Verlag. Beiträge renommierter Wissenschaftler stellen die Geschichte der Schlei von der Steinzeit bis zum Mittelalter anhand archäologisch und historisch bedeutsamer Orte vor und präsentieren aktuelle Forschungsergebnisse. Besichtigungs- und Museumstipps runden den informativen Band ab. ISBN 978-3-8062-2702-4
Reiseführer
- Schleswig-Holstein individuell erleben – der aktuelle Reiseführer Ostseeküste von Reise Know-How enthält alles Wissenswerte für die Erkundung des deutschen Nordens: Hintergrundinformationen zu Land und Leuten, sehenswerte Orte und Ausflugsziele, praktische Reisetipps von A bis Z und umfangreiches Kartenmaterial. ISBN 978-3-8317-2511-3
Kommentar schreiben