schottische geschichte

Vor- und Frühzeit. Das "keltische" Schottland

 

STEIN-, BRONZE- UND EISENZEIT

 

Die politische und gesellschaftliche Entwicklung von der Jungsteinzeit bis zur vorrömischen Eisenzeit in Schottland


Mit dem Ende der letzten Eiszeit und dem Zurückweichen der Gletscher setzten menschliche Aktivitäten auf dem Gebiet des heutigen Schottland ein. Diesen mittelsteinzeitlichen Jägern, Fischern und Sammlern folgten im Neolithikum durch Ackerbau und Viehzucht erste sesshafte Bauern – feste bäuerliche Siedlungen entstanden.

Seit der Spätbronzezeit grenzten die verschiedenen Gruppen der Bevölkerung – nun verstärkt soziale, miteinander konkurrierende Eliten – zunehmend ihren Besitz voneinander ab und es bildeten sich differenziertere Nutzungsrechte am Land heraus.

Die Eisenzeit (7. Jh. v. Chr. bis spätes 2. Jh. n. Chr.) war geprägt durch die Herausbildung größerer lokaler Gruppen und eine zunehmende Abhängigkeit größerer Bevölkerungsgruppen von einer kleinen Elite. Diese pflegte oftmals Kontakte mit dem Kontinent und importierte Waren zu repräsentativen Zwecken.

 


Siedlungsstrukturen: Megalithbauten, Hill forts und Brochs


In der Jungsteinzeit lebten die Menschen in Holzhäusern mit Lehmbewurf und betrieben Viehhaltung und Tonwarenherstellung. Die älteste nachweisbare Siedlung Schottlands stammt aus der Zeit um 7500 v. Chr. und befand sich bei Kinloch auf der Hebriden-Insel Rùm. In Knap of Howar (Papa Westray, Orkney) steht das älteste Steinhaus in Nordeuropa von ca. 3500 v. Chr. Die berühmte Siedlung in Skara Brae (Mainland, Orkney) war von ca. 3000 bis 2500 v. Chr. bewohnt und verfügt über die steinernen Häuser verbindende Gänge sowie in der Nähe die Megalithbauten Standing Stones of Stenness und den Steinring von Brodgar. Megalithische Grabanlagen sind vielerorts in Form von Stein- und Erdhügeln mit Grabkammern erhalten, als Ganggräber, Galeriegräber und Steinkisten (z. B. Maeshowe bei Skara Brae, die Grey Cairns of Camster südwestlich von Wick oder die Clava Cairns bei Culloden). Die größte Steinformation der Megalithkultur ist der Steinkreis von Callanish auf der Isle of Lewis.

Während der Bronzezeit kamen mit der Glockenbecherkultur neue Techniken zur Bearbeitung von Kupfer und Bronze nach Schottland. Zudem baute man Gerste und Emmer auf von Lesesteinmauern umgrenzten Äckern an und betrieb Handel über die Flussläufe. Auch in der Border- und Grampianregion entstanden nun Steinkreise.

Die Eisenzeit war gekennzeichnet durch eine Verbesserung der Fertigkeiten in der Metall- und Eisenverarbeitung. Am Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit ab etwa 700 v. Chr. entwickelten sich Wallanlagen in Form der meist mit einer Palisade befestigten Hill forts/Höhensiedlungen im Süden des heutigen Schottland. Zwischen 800 v. Chr. und 300 n. Chr. entstanden Rundhäuser aus Trockensteinmauern mit konischem Holzdach wie Brochs in Form von mehrstöckigen doppelwandigen und fensterlosen Wohntürmen vor allem in den nördlichen Highlands und auf den Inseln. Seit der Jungsteinzeit sind auch vor allem an der Westküste auf natürlichen oder künstlich angelegten Inseln als in der Regel hölzerne Pfahlbauten gekrönt von einem Rundhaus errichtete und bis in das 17. Jh./18. Jh. übliche Crannogs/crannag nachweisbar. Daneben existieren verschiedene offene Siedlungen von Bauern oder Handwerkern (z. B. Fengate und Glastonbury Lake Village).

 


RÖMISCHE KAISERZEIT


Die politische Entwicklung zur Zeit der römischen Provinz Britannien


Eine längerfristige militärische Präsenz der Römer und römische Verwaltungsstrukturen bestanden im heutigen Schottland nie. Das römische Reich wirkte aberindirekt auf die politischen Verbände des nordbritischen Raumes ein, welche mit einer strukturellen und organisatorischen Anpassung an die veränderte Umwelt reagierten.

Im 1. Jh. n. Chr. gab es unter dem Statthalter Quintus Petillius Cerialis erste Kontakte Roms mit dem schottischen Raum. In den Flavischen Militärkampagnen (71 bis ca. 90), ausgelöst durch Aufstände des politischen Verbandes der Brigantes, drangen die Römer bis zum Firth of Clyde – Firth of Forth vor. Nach der Unterwerfung der südlichen Verbände endete die Schlacht von Mons Graupius (83/84) im Gebiet der Calidones/Kaledoniermit einer vernichtenden Niederlage der Britannier unter Calgacus gegen die römischen Truppen des Gnaeus Julius Agricola. In der Folge wurden die römischen Befestigungen (z. B. das Kastell Trimontium bei Melrose und ein Legionslager bei Inchtuthil) ausgebaut. Ab 87/88 zogen sich die Legionen nach der Abberufung Agricolas durch Kaiser Domitian jedoch hinter den späteren Hadrianswall zurück.

Antoninus Pius, Büste im National Museum of Scotland
Antoninus Pius, Büste im National Museum of Scotland

Im 2. Jh. wurde unter Kaiser Hadrian ab 122 der Hadrianswall (Vallum Aelium) als steinerne Befestigung der Solway-Tyne-Linie und Grenze zwischen der römischen Provinz Britannia und dem uneroberten Norden erbaut. Bei den Kampagnen des Antoninus Pius von 139 bis 161 legten die drei Stammlegionen Britanniens (Legio II Augusta, VI Victrix und XX Valeria Victrix) den Antoninuswalles als Grenzwall (bestehend aus Grassoden auf einem Steinfundament mit einem Graben an der Nord- und einer Militärstraße an der Südseite) zwischen dem Firth of Clyde und Firth of Forth mit Holz-Erde-Kastellen alle drei Kilometer (erhalten sind z. B. Rough Castle Fort und Kinneil Fort bei Bo´ness sowie das Bearsden Bath House) gegen die Kaledonier an. Die Befestigungen wurden um 165 wieder komplett aufgegeben.

Die Nutzung eines Truppenabzuges vom Hadrianswall (aufgrund der Rebellion des Statthalters der Provinz Britannien) durch die Maiatai und Kaledonier nördlich des Antoninuswalles und die Plünderung der Grenzregion führten im 3. Jh. zu den Militärkampagnen des Septimus Severus (ca. 208 bis 211) mit römischen Vergeltungseinsätzen bis in die Regionen des Moray Firth. Kurz nach 211 erfolgte dann eine erneute Aufgabe der militärischen Befestigungen. Nach Severus und Caracalla bildete der Hadrianswall eine relativ stabile Grenze zwischen der Provinz Britannien und dem Norden.

Die späteisenzeitliche, aus kleinteiligen lokalen Gruppen bestehende politische Landschaft fand im Verlauf des 3. Jhs. langsam zu einer größeren politischen Einheit zusammen. Davon zeugen unter anderem neue (römische) Sammelbezeichnungen für die Bewohner des Südens und Nordens (bisher „Britanni“) und eine erste Nennung der Pikten („die Bemalten“).

Im 4. Jh. änderte sich die römische Heeresstruktur in der Provinz Britannien und es wurden fest am Hadrianswall und an den Küstenbefestigungen stationierte Grenztruppen etabliert. In die Jahre 367 bis 370 fällt die sogenannte barbarische Verschwörung“, bei der sich nach Ammianus die piktischen Stämme der Dicalydones und Uerturiones mit den irischen Scotti, Attacotti, Franken und Sachsen zusammenschlossen und 367 Britannien plünderten.

Die Entwicklung nach 383 ist durch eine generelle Schwächung der römischen Grenztruppen am Hadrianswall und eine Verringerung der Provinztruppen geprägt. 410 wurde die römische Provinz Britannien (aufgrund von innenpolitischen Krisen in Rom sowie der Bedrohung durch germanische Verbände und piktische Aggressionen) aufgegeben.

 


Kulturelle Entwicklung: Antike Berichterstattung


Im 1. Jh. bis 4. Jh. entstanden erste Texte mit Nachrichten über das Gebiet des heutigen Schottland. Eine externe, ethnozentrische Perspektive und die militärische Bedrohung bilden darin den Hintergrund der Berichterstattung. Ein Hauptbestandteil sind ethnographische Exkurse, häufig mit Barbarenschemata und einer Betonung der Andersartigkeit. Zu erwähnen sind z. B. Tacitus´ Agricola mit einer Beschreibung Britanniens und seiner Bewohner, Cassius Dio und Herodian mit Verweisen auf die Aufstände und Sitten der Kaledonier und Maiatai, die Lobreden Panegyrici latini mit der erstmaligen Erwähnung der Kaledonier „und anderer Pikten“, die Res Gestae des Ammianus mit einer Darstellung der Hintergründe und Ereignisse der barbarischen Verschwörung von 367 (Pikten in Dicalydones und Uerturiones unterteilt) und der Nennung der Scotti und Attacotti sowie Ptolemaios mit der ersten Landkarte von Schottland und Namen von politischen Verbänden.