schottische geschichte

Hochmittelalter

 

Die politische Entwicklung Schottlands im Hochmittelalter

 

Am Beginn des Hochmittelalters wurde das Gebiet des heutigen Schottland durch skandinavische Einflüsse auf den nördlichen und westlichen Inseln, eine britische Kultur im Südwesten, das angelsächsische Königreich von Northumbria im Südosten und das piktisch-gälische Königreich Alba im Osten geprägt. Dessen gälische Kultur und durch Landwirtschaft und Handel beherrschte Lebensweise dominierten den Norden der britischen Inseln im 10. Jh. und 11. Jh.

Unter den scoto-normannischen Königen setzte, ermöglicht durch eine Abhängigkeit von England und relativ gute Beziehungen zu den englischen Königen, ein Prozess der Herrschaftskonsolidierung ein. König David I (Dabíd mac Maíl Choluim; Sohn von König Máel Coluim IV und Margaret of Wessex, Bruder der Könige Alexander I und Edgar) kehrte in der Mitte des 12. Jhs. aus dem englischen Exil zurück und übernahm mit englischer Hilfe (die Ehefrau Davids I war Mathilda of Huntingdon, Tochter des Earls of Northumbria; durch die Ehe verfügte David als Earl of Huntingdon über Ländereien in England und wurde stark durch König Henry I unterstützt) in einer Auseinandersetzung mit dem Sohn seines Bruders Alexander, Máel Coluim, und König Óengus von Moray den schottischen Thron.

1124 wurde im Süden Schottlands anstelle des gewohnheitlichen Systems von Landbesitz und Pacht das Feudalsystemmit einem auf rechtlich definierten hierarchischen Beziehungen und dem Erhalt von Land für (Militär)Dienst und Abgaben beruhenden Lehnswesen sowie oft auf Burgen basierenden sheriffdoms zur direkteren Kontrolle und Eindämmung des Einflusses der Großen – eingeführt. Durch die Eingliederung anglo-normannischer Adelsfamilien in die schottische Aristokratie (z. B. die Stewarts, Bruces, Hamiltons, Wallaces) und die Ersetzung der einheimischen Institutionen und Amtsträger durch Engländer und Franzosen wurde ein anglo-normannischer Hof mit einer eher französischen als gälischen Kultur geschaffen. In den 1150er Jahren konnte die königliche Autorität durch die Versammlung der gälischen Großen und kirchlichen Würdenträger des schottischen Nordens am königlichen Hof weiter konsolidiert werden.

David I etablierte die ersten königlichen burghs (zunächst Roxburgh und Berwick) als Grundlage zur Entwicklung von Städten sowie das erste schottische Münzwesen. Er förderte das Klosterwesen und organisierte die diözesane Struktur neu. Zudem wurde die Unabhängigkeit der schottischen Kirche gegen die Ansprüche der Erzbischöfe von York und Canterbury verteidigt.

Außenpolitisch unterstützte König David I die Thronansprüche von Henry´s I Tochter und seiner Nichte Mathilda (verheiratet mit Geoffrey V, Count of Anjou) auf den englischen Thron. Im Konflikt mit König Stephen von England (Neffe von König Henry I) erreichte er eine Ausdehnung des Einflusses in Nordengland bis zur schottischen Niederlage in der Battle of the Standard 1138 gegen die Engländer. Die Friedensvereinbarungen sicherten die südliche Grenze Schottlands bis in die Mitte des 12. Jhs.

Auf David I (er starb 1153 kurz nach seinem Sohn und Erben) folgte dessen älterer Enkel Máel Coluim als schottischer König unter der Regentschaft Donnchads I, mormaer of Fife, sowie der jüngere Enkel William als Earl von Northumberland. König Malcolm IV (Máel Coluim mac Eanric) und vor allem sein lange regierender Bruder König William I the Lion (Uilliam mac Eanric; ein Enkel Davids I) führten die anglo-normannischen Reformen weiter. So erweiterte er die anglo-französischen Siedlungen und den Feudalismus sowie die Kompetenzen von Gerichten und sheriffs, was sich in einem Wachstum des Handels niederschlug.

William I bemühte sich außenpolitisch zunächst um freundschaftliche Beziehungen zum englischen König, marschierte aber angesichts der Aussicht auf den Rückerhalt des 1153 verlorenen Northumbria 1157 in England ein. Er spielte zudem eine Schlüsselrolle im Aufstand von 1173/1174 (von Henrys I Frau Eleonore von Aquitanien sowie seiner Söhne Henry the Young King, Richard I und Geoffrey II nach der Weitervergabe von Burgen im Herrschaftsgebiet des Young King an den jüngsten Prinzen John) gegen König Henry II von England. Nach dem Scheitern Williams I wurde Schottland 1174 im Treaty of Falaise unter englische Lehnsherrschaft gestellt (zudem mussten Williams Bruder David und einige Große in englische Geiselhaft) und 1188 die Suprematie über Schottland dem Papst in Rom. 1186 heiratete William die Enkeltochter von König Henry I von England (Ermengarde von Beaumont). Der englische König Richard the Lionheart verkaufte 1189 das südliche Schottland an William I zurück. Trotz des Rückgewinns der schottischen Unabhängigkeit im ersten Viertel des 13. Jhs. blieben die Beziehungen zwischen Schottland und England angespannt: König John von England marschierte in Schottland ein und erreichte 1209/1212 die Zustimmung Williams zur Verheiratung der Töchter mit englischen Adeligen und des Erben Alexander mit Johns Tochter.

Unter den Königen Alexander II (Alaxandair mac Uilliam) und Alexander III ermöglichte der Frieden mit England (Alexander II unterstützte die englischen Barone im Aufstand gegen John von England und heiratete 1217 in erster Ehe Joan, die Schwester Henrys III von England. Im Inneren setzte er sich gegen die sich gegen das Feudalsystem wehrenden Familien durch. Alexander III ehelichte 1251 Margaret, die Tochter König Henrys III.) in der ersten Hälfte des 13. Jhs. die Ausdehnung der königlichen Autorität auf den Westen und die Inseln. Nach dem Scheitern der Invasion des norwegischen Königs Haakon IV Haakonarson in der Battle of Largs 1263 wurden die Isle of Man und die Hebriden im Treaty of Perth and Man 1266 durch Norwegen an den König von Schottland übereignet und die norwegischen Souveränität über Shetland und Orkney bestätigt. Diese schottische Machterweiterung ließ den Druck auf England ansteigen (die Inseln standen noch bis in das 15. Jh. unter norwegischer Herrschaft und wurden 1468 an Schottland angegliedert). Der (Unfall)Tod von König Alexander III 1286 ohne männliche Erben führte in der Folge zu den schottischen Unabhängigkeitskriegen.

Im 13. Jh. wurden die königliche Macht konzentriert und das Territorium des heutigen Schottland formiert: Die Verträge von York 1237 zwischen König Alexander II von Schottland und Henry II von England und Perth 1266 zur Beendung des Konfliktes zwischen Alexander III von Schottland und Magnus VI von Norwegen fixierten die Herrschaftsgrenzen des Königreiches der Schotten mit England und Norwegen. Erste Widerstände gegen die expandierenden schottischen Könige durch die Großen des Landes waren die Folge, so etwa die Revolten von Óengus, dem mormaer of Moray, Somerled, Fergus of Galloway, Gille Brigte Lord of Galloway und Harald Maddadsson sowie der heutigen MacHeths und MacWilliams.

Durch den Erwerb des norwegisch-gälischen Westens wurden viele französische und anglo-französische Adelsfamilien gälisiert, was zur Herausbildung einer nationalen schottischen Identität beitrug.

Um 1222 fand die königliche Flagge (Royal Standard of Scotland/Lion Rampant of Scotland/Banner of the King of Scots, Bratach rìoghail na h-Alba) mit einem steigenden roten Löwen auf goldenem Grund erstmals Verwendung.

 

 

Gesellschaftliche und politische Strukturen im hochmittelalterlichen Schottland

 

Die schottische Gesellschaft des Hochmittelalters bestand aus mehreren Schichten. In dem wohl unter König David I entstandenen Rechtstext Laws of the Brets and Scots werden die Wichtigkeit von Verwandtschaftsgruppen unterstrichen und fünf Herrschaftsränge aufgeführt:

König (King): Der königliche Hof entstand ab dem 10. Jh. (bis 1603) als administratives, politisches und künstlerisches Zentrum des Kingdom of Scotland (Scotia) mit einer Integration der gälischen und anglo-normannischen Kultur. Durch die Versammlung der gälischen Großen und kirchlichen Würdenträger des schottischen Nordens am Hof wurde die königliche Autorität konsolidiert. Der Moot Hill in Scone mit dem Stone of Destinyfungierte im Mittelalter als Ort der Krönung der schottischen Könige durch die mormaers of Strathearn und Fife.

 

Die schottischen Monarchen des Hochmittelalters bzw. zwischen 1124 und 1286/1290 waren:

House of Dunkeld: David I (Dabíd mac Maíl Choluim) > Malcolm IV (Máel Coluim mac Eanric) > William I (Uilliam mac Eanric) > Alexander II (Alaxandair mac Uilliam) > Alexander III (Alaxandair mac Alaxandair) > Margaret the Maid of Norway (House of Sverre) > erstes Interregnum (Guardians of Scotland)

 

Der schottische Süden und seine Regierung wurden durch die normannische Feudalordnung mit dem auf hierarchischen Beziehungen (zwischen Treue gelobenden Pächtern/Vasallen und (weltlichen/geistlichen) Lehnsherren/König, zwischen Schottland und England) und dem Erhalt von Land für (Militär)Dienst und Abgaben (cáin) beruhenden Lehnswesen sowie oft auf Burgen basierenden mormaerdoms und sheriffdoms und sich daraus entwickelnden shires/counties (Verwaltungsbezirken) zur direkteren Kontrolle und Eindämmung des Einflusses der Großen organisiert:

Die mormaer/comes („great officer“, ab der Mitte des 14. Jhs. wurde die englische Übersetzung Earl verwendet) besaßen die dem König unterstehenden Herrschaftsgebiete nördlich des Forth. Sie waren weltliche regionale oder provinzielle Herrscher mit dem offiziellen Rang eines Grafen sowie der Aufgabe, einen Tribut an den König zu leisten und Gastfreundschaft (servitum Scoticanum) für den herumreisenden König bereitzustellen. Das Amt wurde im zweiten Drittel des 10. Jhs. zum ersten Mal genannt. Nach der Etablierung erster sheriffs in Roxburgh, Scone, Berwick-upon-Tweed, Stirling und Perth zur Ausübung der königlichen Kontrolle in den Territorien des Königs erreichte die königliche Autorität im 13. Jh. ihren Höhepunkt über die schottischen Herrschaftsgebiete durch die königlichen Grafschaftsgerichte der sheriffdoms.

Der Toísech („leader“, „chieftain”, etwa ab dem 10. Jh. Thane; erbliches Amt) verwaltete die Besitzungen des Königs, eines mormaers, Abtes oder Bischofs.

Hinter den Ämtern des mormaer und toísech standen Verwandtschaftsgruppen mit dem cenn/capitalis als Anführer (z. B. Clann MacDuib in Fife, Cennedig in Carrick, Morggain in Buchan).

Weiter unten in der gesellschaftlichen Hierarchie befanden sich der Ócthigern („little or young lord“; wahrscheinlich ein freier Bauer) und die Neyfs (an Grundbesitz eines Herrn gebundene Unfreie).

Der Charakter des königlichen Hofes war feudal mit zum Teil ursprünglich gälischen und ab dem 13. Jh. erblichen Ämtern: dem für die Verwaltung des königlichen Haushaltes zuständigen Seneschal/dapifer (Steward), dem Verantwortung für die königliche Kapelle tragenden Chancellor (meist Kleriker; nicht erblich), dem die Finanzen kontrollierenden Chamberlain, dem die militärischen Ressourcen der Krone verwaltenden Constable, dem Butler und dem für die Kavallerie zuständigen Marshal/marischal.

Seit dem 13. Jh. sind zudem die Clanstrukturen in den Highlands nachweisbar, die auf der Kombination von väterlicher Verwandtschaft und einem feudalen System von Verpflichtungen basierten.

 

Das schottische Recht setzte sich bis zum 11. Jh. aus einer Mischung verschiedener Traditionen keltischer, britischer, irischer und angelsächsischer Gewohnheiten zusammen. Als allgemeine Gerichte existierten die comhdhail. Mit dem Feudalsystem übernahmen die die als königliche Verwalter und Steuereintreiber agierenden sheriffs richterliche Funktionen.

Aus dem frühmittelalterlichen Brithem/Breitheamh entwickelte sich im Hochmittelalter das Amt des für bestimmte Provinzen zuständigen Judex (Barone, Äbte oder niederrangigere Personen) und des Justiciar mit der Aufgabe der Überwachung der Aktivitäten der königlichen sheriffs, der Abhaltung von Gerichten und der Berichterstattung an den König. (Bis zur Invasion Englands ab dem 14. Jh. gab es normalerweise zwei nach sprachlichen Grenzen organisierte Justiciarships: den Justiciar of Scotia und den Justiciar of Lothian.)

Die Gerichtssitzungen der Feudalherren wurden bis zum 14. Jh. teilweise zu „Volksgerichtshöfen“ ohne Autorität der königlichen Richter, während die Gerichte der burghs der Verwaltung des Königs unterstanden. Für Fälle z. B. in Bezug auf Ehe, auf Eiden basierende Verträge und Erbschaftsangelegenheiten waren die kirchlichen Gerichtshöfe zuständig.

Da die die Gesellschaft patriarchal, mit einer Autorität der Männer, geprägt war, war der rechtliche Status von Frauen stark eingeschränkt. Die adeligen Frauen heirateten jung (benötigten aber aufgrund der nahen Verwandtschaft innerhalb des Adels für Eheschließungen einen päpstlichen Dispens). In den burghs gab es eine große Anzahl von von Witwen angeführten armen Haushalten.

Die Kindersterblichkeit war hoch und die Mehrheit der Kinder erhielt keine schulische Ausbildung. In den Highlands existierte ein System der Erziehung von Kindern der Clanführer bei anderen Clans zur Schaffung von Allianzen, in den Lowlands traten viele junge Leute in landwirtschaftliche Dienstverhältnisse ein.

 

 

Religiöse Entwicklung: Förderung des Klosterwesens und Unabhängigkeit der schottischen Kirche

 

In der Regierungszeit König Máel Coluims III wurden in der zweiten Hälfte des 11. Jhs. durch die sächsische Ehefrau Margaret kontinentale Formen des Mönchtums eingeführt und eine Benediktinerabtei in Dunfermline gegründet. Unter König Alexander I entstand 1115 die Augustinerabtei in Scone.

Holyrood Abbey, gegründet 1128 in Edinburgh
Holyrood Abbey, gegründet 1128 in Edinburgh

König David I förderte das Klosterwesen – 1136 gründete er die Zisterzienserabteien Melrose und Dundrennan, zudem hielten die geistlichen Ritterorden Einzug in Schottland – und verteidigte die Unabhängigkeit der schottischen Kirche gegen die Ansprüche der Erzbischöfe von York und Canterbury.

Im 12. Jh. wurden die kontinentale Praxis des Kirchenbaus auf dem eigenen Land für die örtliche Bevölkerung durch lokale weltliche Landbesitzer übernommen und die Kirchen mit einem Priester und Land ausgestattet. Bis zur ersten Überprüfung der schottischen Kirche für die päpstliche Besteuerung 1274 konnte so das Kirchensystem über ganz Schottland ausgedehnt werden.

Eine Reihe kirchlicher Reformen führten in normannischer Zeit vom  11. Jh. bis 13. Jh. zur Entwicklung einer klareren Gemeindestruktur mit lokalen Kirchen als Basis. Durch die königliche Förderung des Klosterwesens unter anderem zur Transformierung der schottischen Gesellschaft durch englisches und französisches Mönchtum und zur Verbreitung neuer landwirtschaftlicher Methoden (z. B. der Herstellung von Schafwolle durch die große Mengen an Land besitzenden Orden wie die Zisterzienser) und die Reorganisation der diözesanen Struktur wurde die schottische katholische Kirche am Ende des 12. Jhs. unabhängig von England und profitierte von einer direkten Beziehung mit dem römischen Papsttum. Eine päpstliche Bulle bestätigte 1192 die formale Unabhängigkeit aller schottischen Bistümer (außer Galloway) der Ecclesia Scoticana von den englischen Erzbistümern York und Canterbury.

Figur des Heiligen Andrew, National Museum of Scotland
Figur des Heiligen Andrew, National Museum of Scotland

Im 8. Jh. hatten die piktischen Könige die Verehrung des heiligen Andrew an der Ostküste etabliert. Der Aufbewahrungsortes der Gebeine des heiligen Andrew in Kilrymont (> St Andrews) entwickelte sich im 12. Jh. zur Pilgerstätte und Stätte der schottischen Identität.

Das Leben in den Gemeinden wurde durch den christlichen Kalender mit vier das landwirtschaftliche Jahr einteilenden Tagen geprägt. An Whitsun (15. Mai) und Martinmas (11. November) wurden Jahrmärkte abgehalten, an denen Handel und andere öffentliche Angelegenheiten betrieben wurden. Weitere Festtage waren Candlemas (2. Februar) und Lammas (1. August). Zudem gab es zweiwöchige Feierlichkeiten im Mittwinter um Yule. Eine zentrale Rolle nahm das durch ein 40-tägiges Fasten eingeleitete Osterfest (mit der jährlichen Kommunion am Ostersonntag) ein.

 

 

(Land)wirtschaftliche Entwicklung: Ausdehnung des Ackerbaus und Aufschwung des Handels


Schottland war bis in das 13. Jh. hinein weitgehend ländlich. Aufgrund der geografischen Gegebenheiten (Lage im Nordatlantik, weite baumlose Bereiche, starke Regenfälle, Berge, Marschland) und einer erschwerten Kommunikation waren Weidewirtschaft und Fischerei in Randgebieten die wichtigsten Wirtschaftszweige. Durch die Kultivierung von vormaligem Brachland und Waldrodung (Lockerung des Waldnutzungsrechtes) ermöglicht durch wärmere klimatische Bedingungen im Hochmittelalter konnte der Ackerbau allmählich ausgedehnt werden.

Während der Zeit des Entstehens der ersten größeren Siedlungen dominierten Landwirtschaft und lokaler Handel sowie Klöster bzw. die katholische Kirche die schottische Wirtschaft. Der Fernhandel (vor allem mit England) und Austausch nahmen zu, zudem kam das Münzsystem als Bezahlungsmethode anstelle des Tauschhandels mit Naturalien auf.

Die Landwirtschaft basierte auf Ansiedlungen von etwa vier Familien. Die Bauern als Teil einer Siedlung oder Gemeinde erhielten einen vom Lehnsherrn regelmäßig neuzugewiesenen Bereich von in Streifen („rigs“) geteiltem kultivierbarem Land (in-bye) und Weideland. Die Landschaft war in kleinräumige, oft bergabwärts verlaufende und so feuchtes und trockenes Land bietende streifenförmigeFelder, run rigs, eingeteilt, die einige Familien gemeinsam bestellten (meist mit einem von Ochsen gezogenen schweren Holzpflug mit einem eisernen Pflugmesser).


 

Siedlungsstrukturen: Die Entstehung der burghs


Siegel der ersten burghs, National Museum of Scotland
Siegel der ersten burghs, National Museum of Scotland

Neben kleinen bäuerlichen Gehöften meist in Form des Langhauses, Ansiedlungen um große Abteien (z. B. Dunkeld und St Andrews) und regional bedeutenden Festungen entstanden ab dem 11. Jh./12. Jh. aus bereits existierenden Siedlungen vor allem an der Ostküste die ersten, mit königlichen Privilegien (wie z. B. dem Marktrecht) ausgestatteten, durch eine Burg bewachten oder von einer Palisade umgebenen und über einen Marktplatz als Kreuzungspunkt der Hauptstraßen (durch die mercat crosses wurde das kommerzielle Zentrums eines burgh markiert) verfügenden größeren Ansiedlungen (burghs). Sie waren Zentren von (im Laufe des Mittelalters wenig weiter entwickeltem) Handwerk und Handel, leisteten Steuern an den König und verfügten bis in das 19. Jh. hinein über das Recht zur Kontrolle des Handels. Die Bewohner der burghs waren zunächst vor allem englisch und flämisch.


 

Kulturelle Entwicklung: Blüte des Gälischen


Bute mazer, National Museum of Scotland
Bute mazer, National Museum of Scotland

Ab dem 13. Jh. wurde der in der zweiten Hälfte des 12. Jhs. nach Schottland gekommene romanische Stil allmählich durch den gotischen Baustil ersetzt. Der romanische Stil erfuhr im späten 15. Jh. eine Wiederbelebung.

Die unter anderem aufgrund der Bilderstürme während der Reformation nicht erhaltene schottische Kunst des Hoch- und Spätmittelalters wurde überwiegend in Metall und Holz ausgeführt oder war religiöser Art (z. B. illuminierte Manuskripte, der Trinkbecher Bute mazer von ca. 1320 oder  das Savernake Horn aus dem 14. Jh.).


Die Mehrheit der Bevölkerung sprach im Früh- und Hochmittelalter die keltische Sprache Gälisch (aus dem goidelischen Zweig der inselkeltischen Sprachen) sowie daneben Altnordisch und seit David I Französisch am königlichen Hof sowie Englisch in den burghs. Das Schottisch-Gälische entwickelte sich durch die irische Einwanderung ab dem 4. Jh./5. Jh. aus dem Alt- und Mittelirischen. Im 12. Jh./13. Jh. wurde es durch eine Teilung in West-Gälisch (Irisch-Gälisch) und Ost-Gälisch (Schottisch-Gälisch) vom Irischen abgelöst und erlebte seine größte Ausbreitung. Ab dem Spätmittelalter drängten Scots und ab dem 17. Jh. Englisch das Gälische zurück. Heute gibt es etwa 57.400 Sprecher (ca. 1,1 % der Bevölkerung Schottlands) des Schottisch-Gälischen (gàidhlig) vor allem auf den Westlichen Inseln und in den Highlands.

Besonderheiten des modernen Schottisch-Gälischen/Highland-Gälischen sind Mutationen mit einer Veränderung des Anlautes des folgenden Wortes: Lenisierung, Aspiration oder Nasalisierung als Echo. Ein Wort wird auf der ersten Silbe betont, die Wortstellung ist Verb-Subjekt-Objekt.

Einige Standardsätze: Fàilte („Willkommen“), Halò („Hallo“), Ciamar a tha thu/sibh? („Wie geht es dir?“), Latha math („Guten Tag“),  Madainn mhath („Guten Morgen“), Feasgar math („Guten Nachmittag“), Oidhche mhath („Gute Nacht“), Tapadh leat/leibh („Danke“), Dè an t-ainma a tha ort/oirbh? („Wie ist dein Name?“), Is mise… („Ich bin…“), Slàn leat/leibh (Auf Wiedersehen), Dè a tha seo? („Was ist das?“)

2005 wurde der Gaelic Language Act verabschiedet, mit dem das Gaelic development body Bòrd na Gàidhlig zur Bewahrung des Gälischen als eine offizielle Sprache Schottlands etabliert wurde. In den gälischsprachigen Regionen der Highlands werden zunehmend zweisprachige Schilder und Straßennamen genutzt.

 

Bis zur Regierungszeit von König David I blühte die Produktion zahlreicher gälischer und lateinischer Texte durch eine literarische Elite. Mit der Kontinentalisierung der schottischen Monarchie und der Anglisierung des Adels sowie durch das Einwirken englischer und französischer Kleriker wurde die gälische Sprache und Literatur ab dem 12. Jh. eingedämmt.

Der um 1218 in Irland lebende, sehr produktive Dichter Gillebríghde Albanach verfasste ein Gedicht über die eigenen Erlebnisse während des fünften Kreuzzuges. Den ersten Beleg für gälische Prosa in Schottland stellt das im 12. Jh. entstandene Book of Deer (Leabhar Dhèir) dar, ein illuminiertes Manuskript mit gälischen Anmerkungen an einem lateinischen Gospel-Text aus dem 10. Jh. Das erste nicht gälische Werk der einheimischen Literatur ist der französische Roman de Fergus. Im 12. Jh. erlebte die schottische Hagiographie in lateinischer Sprache (seit dem 6. Jh. entstanden Viten der frühen Heiligen und Gründungslegenden von klösterlichen Zentren) ihren Höhepunkt.