burg zu burghausen

Burg 48, 84489 Burghausen

 

Ab dem ersten Drittel des 11. Jahrhunderts in Kammlage auf einem Bergrücken zwischen der Salzach und dem smaragdgrün schimmernden Wöhrsee, einem alten Flussarm der Salzach, im oberbayerischen Voralpenland entstandene Höhenburg. Der einstigste Sitz der wittelsbachischen Landesherren hat die Form einer Abschnittsburg, ihre Bausubstanz stammt vor allem aus dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts. Die Länge von etwa einem Kilometer (1.051 Meter) macht sie zu einer der längsten Burganlagen der Welt.

Burg zu Burghausen
Burg Burghausen

Geschichte

 

Die Siedlungsgeschichte des Burgbergs reicht bis in die Vorgeschichte zurück. Bereits bronze- und eisenzeitliche Kulturen hatten sich auf dem strategisch günstig gelegenen langen Bergrücken niedergelassen, wie Funde auf dem Areal der späteren Dürnitz belegen. In der römischen Antike war Burghausen (damals wohl Bedaium oder Bedacum) ein Teil der Provinz Noricum. Die vom Bistum Salzburg ausgehende Christianisierung erfasste ab dem 7. Jahrhundert die ansässige romanokeltische Bevölkerung des heutigen Burghausen.

Im 8./9. Jahrhundert existierte wahrscheinlich ein befestigter Amtsitz der im heutigen Bayern und Schwaben regierenden agilolfingischen Herzöge, der zur Überwachung des Salzhandels über die Salzach diente. Nach der Absetzung des letzten Agilolfingers Tassilo III. durch den fränkischen Herrscher Karl den Großen kam die Siedlung Burghausen unter karolingischen Einfluss. Mit der Erhebung Salzburgs zum Erzbistum 798 dann wurde das einstige agilolfische Herrschaftsgebiet Teil der Kirchenprovinz Salzburg. Burghausen war nun ab dem späten 8. Jahrhundert ein freies Reichslehen zwischen dem Hochstift Passau, dem Erzstift Salzburg und dem Herzogtum Österreich.

Burghausen, Blick auf Altstadt und Salzach
Burghausen, Blick auf Altstadt und Salzach

Im Jahr 1025, zur Zeit Herzog Heinrichs V. von Bayern aus dem Adelsgeschlecht der Luxemburger, wurde Burghausen erstmals urkundlich als Reichsgut genannt. Ab 1027 bis etwa in die Mitte des 12. Jahrhunderts verwalteten die Grafen von Burghausen, eine Nebenlinie der Adelsfamilie der Sieghardinger oder der Aribonen (die genaue Zugehörigkeit ist schwer zu ermitteln), dieses Reichsgut. Nachweisbar als Verwalter des Fiskalguts Burghausen sind die Grafen von Burghausen seit dem 11. Jahrhundert mit einer Gräfin Ita, Halbschwester des römisch-deutschen Königs Lothar III. und Gemahlin Graf Sieghards I. von Burghausen-Schala.

In diese Zeit fällt die Errichtung einer ersten Burg mit Ringmauer und einer Kapelle in Steinbauweise (tuffsteinerne Quader). Um 1090 ließ der Aribone Sighart X. Erweiterungen durchführen. Die im Tal entstehende Siedlung Burghausen erhielt um 1130 unter Graf Sieghart II., der mit der Tochter des im heutigen Österreich regierenden Babenberger-Markgrafen Leopold II. verheiratet war, die Marktrechte. Zudem wurde dem Erzbistum Salzburg Zollfreiheit gewährt.

Von circa 1164 bis 1180 befand sich die Burg zu Burghausen kurzzeitig in Besitz Herzog Heinrichs des Löwen von Sachsen und Bayern. Nach dessen Absetzung fiel die Grafschaft Burghausen zur Zeit Ottos I. als Lehen an die Wittelsbacher, die ein Mautgebäude am Fuß der südlichen Burgspitze betrieben und die Anlage nun weiter ausbauten. Herzog Otto II. der „Erlauchte“ erhob den Markt- und Mautort (ein entsprechendes System für den Salzhandel wurde 1235 im Zusammenhang mit einem Empfang Herzog Ottos II. von Bayern für den römisch-deutschen Kaiser Friedrich II. erwähnt) Burghausen 1235 zur Stadt. Der Ort besaß wahrscheinlich etwa ab dem 11. Jahrhundert eine Stadtmauer und seit 1224 ein herzogliches Gericht mit zwei Schergenämtern. 1272 wurde eine Salzachbrücke erstmals urkundlich genannt und für 1290 ist das älteste bekannte Siegel Burghausens belegt.

Mit der Ersten Landesteilung des wittelsbachischen Herrschaftsgebietes im Jahr 1255 unter den Söhnen Herzog Ottos II. von Bayern kam Burghausen mit Niederbayern an Herzog Heinrich XIII. Er ließ große Teile der heute noch erhaltenen Hauptburg errichten. In der Folgezeit diente die Burg bis 1503 als Zweitresidenz der Linie der niederbayerischen Herzogsfamilie neben der Burg Trausnitz in Landshut. Zudem fungierte sie als Grenzfestung gegen Passau und Salzburg.

Die Stadt Burghausen erlebte im Spätmittelalter eine Blütezeit vor allem aufgrund einer herzöglichen Verfügung für den Salzhandel. Das Salz musste nun aus Hallein über den Wasserweg ohne Anlanden direkt zur Zollstelle in Burghausen transportiert werden. Während der Regentschaft Herzog Ottos III. von Niederbayern, der als Béla V. zeitweise zugleich König von Ungarn war, kam es 1310 zu Auseinandersetzungen mit den Habsburgern. Die Stadt wurde verwüstet. Im anschließenden Frieden von Salzburg verkaufte Otto die Niedere Gerichtsbarkeit an Adel und Klerus (sogenannte Ottonische Handfeste). Dies verhalf der bayerischen Ständegesellschaft zum Aufstieg, Burghausen bekam ein neues Stadtrecht und die Bürgerschaft erhielt weitgehende Mitspracherechte durch den Rat der Zwölf, bestehend aus Vertretern der herzoglichen Dienstleute und Handelsherren. 1324 gab es erstmals Konflikte zwischen den Ständen und den herzöglichen Räten. Nach Herrschaftswechseln vereinigte Kaiser Ludwig IV. der Bayer 1341 die Herzogtümer Nieder- und Oberbayern. Die Privilegien der Stadt wurden stetig ausgebaut, bis hin zu einer hausragenden politischen und wirtschaftlichen Stellung von Stadt und Burg. Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts war Burghausen zu einem Verwaltungsmittelpunkt geworden (zunächst ein Vitztum), erlebte jedoch im Zuge der jahrelangen Auseinandersetzungen zwischen Bayern und dem habsburgischen Österreich in Allianz mit Salzburg um die Herrschaft in Tirol immer wieder Verwüstungen.

Wappen Georgs des Reichen und Hedwigs von Polen am Georgstor
Wappen Georgs des Reichen und Hedwigs von Polen am Georgstor

Der gesamte Burgberg wurde im 14. Jahrhundert zunehmend befestigt. Für 1387 ist die Ausdehnung der Anlage von über einem Kilometer urkundlich belegt. Unter den „Reichen Herzögen“ von Bayern-Landshut – Heinrich XVI., Ludwig IX. und Georg aus dem Adelsgeschlecht der Wittelsbacher erfolgte im 15. Jahrhundert ein weiterer Ausbau, der seinen Höhepunkt unter Georg dem „Reichen“ erreichte. Durch die Erweiterung des Befestigungsringes mit fünf Höfen als Einzelabschnitten der Wehranlage sowie der Verstärkung des Verteidigungssystems im Außenbereich am Eggenberg auf entstand auf dem langgestreckten Höhenrücken die stärkste Festung im Land. Als Wehr- und Wohnburg wurde sie zu einem geschlossenen Gemeinwesen. Die Burg diente zudem als Aufbewahrungsort des Gold- und Silberschatzes der Herzöge.

Viele Spuren in der Baugeschichte hinterließ die polnische Prinzessin Hedwig Jagiellonica, die Tochter König Kasimirs IV. von Polen. In der berühmten Landshuter Hochzeit im Jahr 1475, die unter anderem auf ein Bündnis gegen die anrückende Gefahr durch das Osmanische Reich abzielte und eines der repräsentativsten und prunkvollsten Ereignisse des Spätmittelalters war, heiratete sie Herzog Georg den Reichen.

Das Aussterben der Landshuter/niederbayerischen Herzogslinie führte 1503 zum Landshuter Erbfolgekrieg. Niederbayern fiel nun durch eine Wiedervereinigug der Teilherzogtümer zum Herzogtum Bayern an die Herzöge von Bayern-München und damit an Albrecht IV. Dies leitete einen politischen Bedeutungsverlust der Burg als Zweitresidenz der Wittelsbacher ein; fortan war sie vor allem „Prinzenwohnsitz“.

1594 richteten die Herzöge ein herzogliches Salzmonopol ein. Die Stadt Burghausen verlor damit etliche Einnahmen aus dem Salzhandel, ein wirtschaftlicher Einschnitt und administrativer Bedeutungsverlust waren die Konsequenz. Kriegerische Auseinandersetzungen verursachten wirtschaftliche Not. 1778/1779 kam es nach dem Aussterben der bayerischen Linie der Wittelsbacher zum Bayerischen Erbfolgekrieg, da Österreich Ansprüche auf Niederbayern und die Oberpfalz erhob. Es erhielt alle Gebiete von Passau im Norden bis Salzburg im Süden sowie östlich der Salzach und des Inns. Mit diesem Verlust des Innviertels wurde Burghausen zur Grenzstadt.

Bis 1802 bestand auf der Burg eines der vier bayerischen Rentämter; die Stadt Burghausen hatte Hauptstadtstatus im neu geordneten Bayern. Von 1763 bis 1891 war die Burg Standort einer Garnison der Königlich-Bayerischen Armee, was zu weiteren Aus- und Umbauten für militärische Nutzungszwecke führte. Bereits während des Dreißigjährigen Krieges waren 1632 waren die Befestigungen angesichts der anrückenden schwedischen Truppen verstärkt worden. Im Zuge der französischen Besatzung Burghausens durch Truppen Napoleons wurden um 1800 einige Gebäudteile abgerissen und in der Folgezeit zudem Teile der Burg an Privat veräußert.

Burghausen, Wöhrsee
Burghausen, Wöhrsee

In der Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte der Politiker, Künstler, Forscher und Mäzen Georg Wiesend, den fortschreitenden Bedeutungsverlust der Stadt Burghausen aufzuhalten. Doch der Abzug der Garnison in den 1890er Jahren und die Einstellung der Flussschifffahrt ließen die Stadt zur Kleinstadt herabsinken. Erst die Anbindung an das Eisenbahnnetz und die Niederlassung der Dr. Alexander Wacker Gesellschaft für elektrochemische Industrie K.G. im Jahr 1915 ermöglichten ausgehend von den in der Nähe der Industrieanlagen ausbreitenden Arbeitersiedlungen und der damit einhergehenden Entstehung der Neustadt einen erneuten Wirtschaftsaufschwung. Ende der 1960er Jahre sanierte man die Altstadt.

Die Burganlage wurde 1896 und dann wieder seit den 1960er Jahren durch die Bayerische Schlösserverwaltung restauriert.

 

Besichtigung

 

Der Rundgang durch die von nahezu intakten Ringmauern umwehrte Anlage, für den man etwa einen Tag einplanen sollte, führt von Norden nach Süden. Fünf (beziehungsweise sechs, wenn die Hauptburg mitgerechnet wird) einst durch Gräben und Toranlagen gesicherte Höfe mit Wehrmauern und Türmen nehmen das Bergplateau ein. Ihre Zählung erfolgt von der Kernburg aus nach Norden, von innen nach außen. Die Bebauung besteht überwiegend aus ehemaligen Wirtschaftsgebäuden und Wohnbauten der Handwerker und Burgbediensteten sowie Gartenbereichen.

Burg Burghausen, 5. Hof, Handwerkerwohnungen und Forstmeisterturm
Burg Burghausen, 5. Hof, Handwerkerwohnungen und Forstmeisterturm

Man betritt das Burggelände vom Curaplatz (Parkplatz) aus und gelangt als erstes in den fünften Vorhof, den äußersten und mit über 200 Metern größten Hof der Anlage. Bis um 1800 befand sich im Eingangsbereich der mehrstöckige Wehr- und Speicherbau Schütt, der die Burg nach Norden abriegelte. An der der Salzach zugewandten Ostseite stehen der Rentmeisterstock und der Kanzlerturm, der als Sitz der Burghausener Regierungs- und Finanzbehörde diente. Ursprünglich führte der Zugang zum fünften Hof über die Große Bastei und durch das Christophstor, dem ein dreitoriger Zwinger vorgelagert war, der zum Hofberg hinab leitete. Etwa gegenüber des einstigen Einganges liegt die ehemalige Forstmeisterei aus dem 14. Jahrhundert mit einem Anbau von 1551. Davor stehen im Zentrum des fünften Hofes ein aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammender Uhrturm mit Brunnenhaus sowie die Fundamente einer Pferdeschwemme.

Der Hof wird von etlichen Mauertürmen umschlossen, deren Benennungen an die Funktion Burghausens als eine zentrale bayerische Regierungsstadt erinnern: dem Rentschreiber-, dem Gerichtsschreiber- (14. Jahrhundert mit einem im Kern auf das 16./17. Jahrhundert zurückgehenden Wohntrakt), dem Zimmermeister-, dem Röhrenkehrer- (benannt nach dem kurfürstlichen Hofkaminkehrmeister Franz Carl Cura) und dem Benefiziatenturm (aus dem 14. Jahrhundert und 1557 verändert, äußere Schloss- und Hofkaplanswohnung).

 

Burg Burghausen, 4. Hof, Hedwigskapelle und Vicedomgarten
Burg Burghausen, 4. Hof, Hedwigskapelle und Vicedomgarten

Zwischen der Befestigung mit dem Kastnerturm (17./18. Jahrhundert, Umbau 1803) und dem Kastnergegenschreiberturm (mit späteren Kastenwachterswohnungen) hindurch gehend erreicht man den vierten Vorhof. Hier an seinem Eingang war einst der Sitz des Hofkastenamtes, der zentralen Annahmestelle für (Lebensmittel-)Abgaben der Untertanen des Rentamtes für die Herzöge. Die Naturalien wurden in den beiden angrenzenden Türmen verwaltet.

Burg Burghausen, 4. Hof, Hedwigskapelle
Burg Burghausen, 4. Hof, Hedwigskapelle

Der Hof öffnet sich nun zu einer ausgehnten Gartenanlage. Ein kleines Juwel ist hier die an der Ostseite unter Herzog Georg dem Reichen und seiner Gemahlin Hedwig in den 1480er Jahren im spätgotischen Stil mit salzburgischen Einflüssen errichtete und im Chorbereich in einen Teil der Wehrmauer eingelassene äußere Burgkapelle St. Maria/Hedwigskapelle. Sie ist eines der bedeutendsten spätgotischen Bauwerke in Bayern. Ihr Vorbau ruht auf roten Marmorsäulen. Das Innere überspannt über einem kuvierten Grundriss ein Kreuzrippengewölbe, an den Wänden befinden sich Fresken, Votivreliefs und Statuen unter anderem Herzog Georgs und Hedwigs. Südlich vor der Kapelle liegt der „Vicedomgarten“/Garten des Vitztums (die Vitztume waren die Stellvertreter des Landesherrn im Rentamt Burghausen und wohnten seit 1514 in der Hauptburg. An die baumbepflanzte Gartenanlage grenzen stadtseitig der Gärtnerturm und das Spinnhäusl an, ein kleines Frauengefängnis aus dem 16. Jahrhundert.

 

Burg Burghausen, Torbau vom 3. zum 2. Hof
Burg Burghausen, Torbau vom 3. zum 2. Hof

Der Eingangsbereich zum dritten Vorhof wird vom Hexenturm, einem Gefängnisturm für der Hexerei angeklagte Personen, und dem mit ihm über einen gewölbten Gang verbundenen Folterturm/Schergenturm (heute Museum zur frühneuzeitlichen Folter) flankiert. Beide Türme verfügen über Zellen und Verliese. Dazwischen steht als Querbau das ehemalige Zuchthaus/„Fronveste“. Es entstand von 1574 bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts und wurde 1811 aufgelassen.

Burg Burghausen, 3. Hof, Aventinushaus
Burg Burghausen, 3. Hof, Aventinushaus

An der dem Wöhrsee zugewandten Westseite befindet sich das einst als Wehrturm und Wohnung des Kaplans der inneren Burgkapelle dienende sattelgedeckte Aventinushaus mit einem spätgotischen Treppengiebel, benannt nach dem Humanisten und „Vater“ der bayerischen Geschichtsschreibung Johannes Turmair, der im frühen 16. Jahrhundert Erzieher der jüngeren Brüder Herzog Wilhelms IV. von Bayern war und sich wohl zeitweise auf der Burg aufgehalten hat. Dem Aventinushaus steht stadtseitig gegenüber an der Westseite der ehemalige „Haberkasten“/“Langer Kasten“. Errichtet um 1400, beherbergte er Stallungen. Nach dem Abbruch 1878 wurde er 1960/1961 neu erbaut und wird nun durch die Stadt genutzt. Südlich grenzt der Kornmesserturm an, einst Wohnung des Lagerverwalters, dann Mesners der inneren Kapelle und während der Garnisonszeit des Marketenders. Im 19. Jahrhundert wurde der Hof zu einem Exizierplatz umgestaltet.

 

Burg Burghausen, 2. Hof, Büchsenmeisterturm und Kurzer Kasten
Burg Burghausen, 2. Hof, Büchsenmeisterturm und Kurzer Kasten

Der sich nun anschließende zweite Vorhof ist der kleinste, aber noch relativ ursprünglich erhaltene der Höfe, seit dem späten 15. Jahrhundert wurde er wenig verändert. Auf der Westseite ist an den Torbau die Turmwohnung des einstigen Büchsenmeisters, der Hofkastengegenschreiberturm, angebaut. Ein Bauteil der Wehrmauer, „Schwurfinger“ genannt, ist mit einer Verzierung mit Schwalbenschwanzzinnen versehen.

Burg Burghausen, 2. Hof, Georgstor
Burg Burghausen, 2. Hof, Georgstor

Daneben liegt das dreigeschossige tuffsteinerne Zeughaus Kurzer Kasten aus dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts, die heutige Form stammt jedoch überwiegend aus dem 19. Jahrhundert. Unter durch steinerne Pfeiler gestützen schweren Holzdecken lagerten hier in den unteren Geschossen Handwaffen und Geschütze, die oberen Stockwerke waren Getreidespeicher. Einst besaß der Baukomplex noch eine Schmiede im Norden.

Ostseitig schützten drei kleine Kanonentürme, die „Pfefferbüchsen“, den Hof. Er verfügt zudem über Ausgänge zum Wöhrsee und zur Stadt (Stethaimer Weg).

 

Burg Burghausen, 1. Hof, Georgstor
Burg Burghausen, 1. Hof, Georgstor

An der schmalsten Stelle des Bergrückens riegelt hinter einem von einer Holzbrücke überspannten Graben das 1494 erbaute, aus zwei Türmen mit einem verbindenden Querriegel bestehende Georgstor den ersten Vorhof ab. Geschmückt wird es an der dem zweiten Vorhof zugewandten Seite von dem bayerisch-polnischen Allianzwappen des Erbauers Herzog Georgs des Reichen von Bayern und seiner Gemahlin Hedwig von Böhmen.

Burg Burghausen, 1. Hof
Burg Burghausen, 1. Hof

Der erste Hof war seit dem späten Mittelalter Teil des inneren Burgbereiches und besaß eine eigene Gerichtsbarkeit und Torwachordnung. Aufgrund des Abbruchs wärend der Garnisonszeit sind viele Gebäude, so etwa die Pfisterei, nicht mehr vorhanden. Von dem ehemaligen Brauhaus von circa 1478 ist nur mehr der Baustadel erhalten, heute das Burgcafé. Auch der Marstall und Pferdeschwemmen an der Westseite existieren nicht mehr.

Burg Burghausen, 1. Hof, Hauptburg
Burg Burghausen, 1. Hof, Hauptburg

Im Osten stehen der einst der Alarmwache dienende Turm des obesten Stuhlknappen und der den Wehrmauern leicht vorgelagerte und im Kern aus dem 13. Jahrhundert stammende Stephanstorturm. Von hier aus führt der Burgsteig hinab zur Stadt, der wohl die älteste Verbindung zwischen Burg und Siedlung darstellt. Angrenzend befinden sich die einstigen Wohnungen der Marstaller und Fuhrknechte. In Nähe des Grabens zum ersten Hof birgt der Kammerer-Turm („Rundel“) ein Geheimnis: Angeblich soll von hier aus ein unterirdischer Gang in die Stadt und unter der Salzach hindurch bis ins heutige Österreich führen. Neben dem Turm liegt im Graben ein gedeckter Zugbrunnen, etwa 50 Meter tief ist er.

 

Burg Burghausen, Hauptburg, Dürnitz und Bergfried
Burg Burghausen, Hauptburg, Dürnitz und Bergfried

Der Halsgraben selbst reicht acht Meter hinab und ist 27 Meter breit. Dahinter sowie hinter einer Schildmauer und dem Torbau thront an der Südspitze auf dem höchsten Punkt des Bergrückens die Hauptburg. Vor dem Torbau mit Tortwartstube (um 1550) und Torzwinger liegt der um 1482 angelegte fürstliche Ziergarten „auf der Altan“.

Bevor man nun die Hauptburg betritt, lohnt sich der Blick zu den Seiten. Vom Unteren Zwinger verlaufen Befestigungsmauern die Steilhänge hinab; stadtseitig zum ehemaligen Mautturm, gen Westen zum exponiert gelegenen Vorwerk auf dem Eggenberg aus der Zeit Herzog Georgs des Reichen. Es verfügt über einen tuffquadernen, tonnengewölbten Geschützturm (Pulverturm) von um 1488 und Wehrgänge integrierten Mauertürmen, den Changierturm und den Mühl-/Wöhrturm.

Burg Burghausen, Hauptburg, Schwibbogen, Dürnitz und Kapelle
Burg Burghausen, Hauptburg, Schwibbogen, Dürnitz und Kapelle

Man passiert nun weiter gehend den siebenstöckigen Bergfried (zeitweilig bewohnbarer Haupt-, Wach- und Wehrturm) mit Wehrplatte und die Schildmauer und gelangt in den inneren Burghof. Das trutzige Herzstück der Burg zu Burghausen umschließen tuffsteinerne Gebäude der herzoglichen Familie und des engsten Hofstaats.

Linkerhand ragt an der Ostseite über den Umfassungsmauern der durch das innere Burgtor (Elsbethentor) mit dem Bergfried verbundene, aus der Zeit nach 1255 stammende und um 1430/1440 gotisch umgestaltete Dürnitzstock auf. Seit dem 18. Jahrhundert mit einem Satteldach versehen, beherbergt der zweischiffige Bau in seinem Inneren zwei gegenüber liegende Säle zum Speisen des Gefolges: im Erdgeschoss den von einem säulengetragenen Kreuzrippengewölbe aus dem 15. Jahrhundert überspannten Lagerraum Zehrgaden (heute das Besucherzentrum), im ersten Obergeschoss den zweischiffigen Speisesaal des herzoglichen Gefolges und die Küche und im zweiten Obergeschoss den zur Garnisonszeit stark veränderten Tanzsaal aus dem 15. Jahrhundert.

An die Südostecke der Dürnitz grenzt die Schatzkammer an. In diesem netzgewölbten Raum von 1484 lagerten zur Zeit Herzog Georgs des Reichen hinter der eisenbeschlagenen Tür unter anderem circa 500.000 Dukaten gemünzten Goldes. Benachbart befindet sich zwischen Dürnitz und Palas die 1255 erbaute, im 15./16. Jahrhundert veränderte Kapelle der heiligen Elisabeth. Die mit einem spätgotischen Netzgewölbe und Wandmalereien versehene, einschiffige Kapelle wurde durch Herzog Heinrich XIII. und seine Gemahlin Elisabeth für deren Tante Elisabeth von Thüringen gestiftet. Unter einem Treppenpodest zwischen der Kapelle und dem Palas ist das „Gefängnis“ eingelassen. Der keilförmige gewölbte Raum mit einem dreifach vergitterten Schlitzfenster wurde um 1573 noch als Küche bezeichnet.

Burg Burghausen, Hauptburg, Blick von Kemenate auf Palas
Burg Burghausen, Hauptburg, Blick von Kemenate auf Palas

Südlich ist gegenüber des inneren Burgtores an der Spitze der Kernburg der auch über die Kapelle erreichbare Palas (Wohn- und Repräsentationsgebäude mit gewölbten Räumen) angegliedert. Sein Erdgeschoss stammt aus spätromanischer Zeit (12./13. Jahrhundert) und wurde um 1480 umgebaut. Im ersten Stock sind unter Balkendecken die herzoglichen Wohnräume aus der Zeit Georgs des Reichen untergebracht, das Mobiliar ist etwa aus dem 16. Jahrhundert. Wahrscheinlich war die Raumaufteilung dreiteilig und umfasste zwei beheizte Stuben und eine dazwischen liegende Schlafkammer. Man betritt den Wohnbereich durch die Vorhalle Flez (mit der angebrachten Jahreszahl 1484). Rechts befinden sich der Raum zur Wöhrseite und das Hofmeisterzimmer, links die Kleine Stube und Schlafkammer und geradeaus mündet die Flez in der Großen Stube. Die Appartments Hedwigs von Polen im zweiten Obergeschoss sind vergleichbar aufgebaut. Heute ist im Palas das staatliche Burgmuseum zu besichtigen, welches Gemälde vom Spätmittelalter bis zum 17. Jahrhundert präsentiert.

Burg Burghausen, Hauptburg, Dürnitz und Kemenate
Burg Burghausen, Hauptburg, Dürnitz und Kemenate

Gegenüber des Dürnitzstraktes wurde rechterhand an der Westseite um das 14./15. Jahrhundert der Kemenatentrakt an den Palas angeschlossen und über einen Schwibbogen mit der Dürnitz verbunden. Bayerische und badische Wappen am Bogen erinnern an die Hochzeit Herzog Wilhelms IV. von Bayern mit Jakobäa von Baden (1523). Der drei und im Mitteltrakt vierstöckige Kemenatentrakt, dessen älteste Teile auf das 13. Jahrhundert zurückgehen, nimmt die Zimmer für den weiblichen Hofstaat auf. Im Erd- und ersten Obergeschoss sind spätgotische Kreuzgrat- und Netzgewölbe zu sehen, die oberen Geschosse verfügen über Balkendecken. Im Kemenatentrakt kann man heute das 1899 gegründete Stadtmuseum mit vielen interaktiven Stationen für das museale Mitmacherlebnis besuchen und bekommt reichhaltige Informationen über Burghausen als Salzhandels- und Kunststadt.

 

Bei der Besichtigung der gigantischen Burganlage und Schutzfeste – einer Perle an der Salzach – sind Repräsentationswillen und Machtanspruch der wittelsbachischen Landesherren an jeder Ecke spürbar. Historische Informationen über das Leben auf der spätmittelalterlichen Burg laden kombiniert mit der Stadtgeschichte und interaktiven Elementen zu abwechlungsreichen Entdeckungstouren auf dem weitläufigen Gelände ein, auf denen die Atmosphäre am Hof der Reichen Herzöge wieder lebendig wird und sich historische Architektur und besonderes Landschaftserlebnis zu einer einzigartigen Zeitreise vereinen. Eine der Top-Burgen Deutschlands, die man gesehen haben muss und zu der es jeden Burgliebhaber garantiert noch einmal wieder hinzieht.

 

 

Im Anschluss lohnt sich ein Rundgang durch die Residenz- und spätere Regierungsstadt Burghausen. Heute ist sie Teil des oberbayerischen Landkreises Altötting, Verwaltungszentrum in der Region Inn-Salzach direkt an der Grenze zu Österreich und gehört seit der Industrialisierung zum sogenannten Bayerischen Chemiedreieck.

Burghausen, Stadtplatz
Burghausen, Stadtplatz

Das Tal der Salzach prägt hier ein überwiegend spätmittelalterliches Stadtbild, ein facettenreiches Ensemble von bunten, sich dicht aneineinander schmiegenden landesherrlichen, klerikalen und bürgerlichen Bauten. Die bunten Giebelhäuser mit Renaissance-, Barock- und Rokokofassaden entlang mächtiger Mauern aus Tuffstein lassen sich dabei zudem im Zusammenspiel mit Informationsblöcken zur Salzhandels- und Kunstgeschichte der Stadt, vor allem Malerei- und Bildhauerei entdecken.

Burghausen, Kirche St. Jakob am Stadtplatz
Burghausen, Kirche St. Jakob am Stadtplatz

Den Mittelpunkt der Altstadt bildet der Stadtplatz. In seinem Zentrum steht die Pfarrkirche St. Jakob mit ihrem doppelt geschnürten barocken Zwiebelturm. Sie ist der dritte Kirchenbau an dieser Stelle und hat ihre Wurzeln in romanischer Zeit. 1855 wurde die barocke Inneneinrichtung im neogotischen Stil erneuert. Östlich neben der Kirche befindet sich das ehemalige Stadthaus der niederbayerischen Herzöge aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, ein viergeschossiger Eckbau mit spätgotischem Kern und barocker Fassade.

Der Jakobskirche gegenüber steht das Chorregentenhaus, das ebenfalls in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunders erbaut wurde. Etwas weiter nördlich der Kirche ist das einstige kurfürstliche Regierungsgebäude, das als Verwaltungszentrum des Rentamtes bis 1802 diente, ein weiteres sehenswertes Bauwerk. Es stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts und besitzt eine hellblaue Fassade (18. Jahrhundert), die mit kurbayerischen Stuckwappen und drei Renaissance-Türmchen geschmückt ist. In den 1930er Jahren wurden der Stadtsaal und der Helmbrechtsaal eingebaut. Gen Süden schließt sich das im 14./15. Jahrhundert errichtete walmgedeckte Rathaus an. Es verfügt über eine klassizistische wappenverzierte Fassade von 1788, einen barocken Schweifgiebel, einen gotischen Lichthof und einen im Kern erhaltenen Geschlechterturm. Daneben steht das um 1400 zum ersten Mal erwähnte Ständehaus („Haus am Steg“). Seine klassizistische Fassade aus dem beginnenden 19. Jahrhundert krönt ein Dreieckgiebel. Im Erdgeschoss erstreckt sich der ehemalige Versammlungssaal der Stände.

Burghausen, In den Grüben
Burghausen, In den Grüben

Südlich des Stadtplatzes verläuft unterhalb des Burgberges zwischen Burg und Salzach die um 1225 erstmals urkundlich genannte Straße In den Grüben. Ihre Bebauung besteht überwiegend aus spätgotischen Gebäuden und Handwerkerhäusern aus dem 15. bis 19. Jahrhundert. Das südliche Ende der Gasse bildet das ehemalige kurfürstliche Mautamtshaus, das Mautnerschloss. Der walm- und sattelgedeckte Dreiflügelbau geht auf die Adelsfamilie Mautner zurück, die im 14. Jahrhundert den Salzhandel kontrollierte – den Handel mit dem Weißen Gold, das die Geschichte und Geschicke von Burghausen prägte.

 


 

Die Besichtigung ist ganzjährig zu den Öffnungszeiten möglich.

Für die Innenräume muss Eintritt gezahlt werden.

www.burg-burghausen.de