Marienhöhe 1, 74706 Osterburken
Erlebnismuseum im Neckar-Odenwald mit dem Ziel der Rekonstruktion einer hochmittelalterlichen Siedlung mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden aus Spaltbohlen- und Fachwerkbauweise.
Besichtigung
Auf einem weitläufigen Areal gelegen, verfolgt der Geschichtspark das ambitionierte Projekt einer Rekonstruktion einer (hoch)mittelalterlichen Stadt. Hier wird fortwährend gebaut und einige Bereiche lassen bereits erkennen, wie das Gelände einmal aussehen könnte.
Vom Innenhof des historischen Hofgutes Marienhöhe des Fürsten zu Leiningen mit Gastronomie, Veranstaltungsräumen und Buchladen aus gelangt man durch eine Scheune mit Holzwerkstätten auf das experimental-archäologische Gelände, auf dem sich leicht verstreut einige Gebäudeensembles, einzelne Bauten und Tiergehege mit bedrohten Nutztierrassen (z.B. Zackelschafe, Heidschnucken, Mufflons, Heckrinder und Soay-Schafe) befinden.
Der am weitesten fortgeschrittene Siedlungsbereich liegt an der Seilergasse, wo hochmittelalterliche Handwerkerhäuser und Werkstätten rekonstruiert wurden. Zu sehen sind unter anderem die Baustelle eines Backhauses mit Lehmbacköfen, das Haus eines Schmieds und die Baustelle des Spaltbohlenhauses eines Wagenmachers.
Hinter einer großen Rinderweide folgt mit der Wikingersiedlung mit einem Grubenhaus, einem Handwerkerhaus und der Baustelle eines Langhauses sowie einem wikingerzeitlichen Langschiff ein kurzer Zeitsprung ins Frühmittelalter.
Am Wegekreuz und Kelterhaus vorbei führt der Rundgang weiter in den Bereich rund um den „Schul“-Garten mit einem kleinen Pfostenhaus und einer Hütte sowie dem sogenannten Stadtbrunnen. Das hinter ihm stehende sattelgedeckte und im Inneren möblierte Fachwerkhaus ist eines der bereits fertiggestellten Gebäude der Siedlung. Den Bauerngarten mit Vorratshütte und einer weiteren Haus-Baustelle passierend kommt man wieder in Eingangsbereich zurück.
Das Ziel des Geschichtsparkes – die Rekonstruktion einer hochmittelalterlichen Stadt – ist überaus interessant und ein immenses Stück Arbeit, wie an vielen Stellen des Geländes ersichtlich ist. Während einige Bereiche, wie etwa die Handwerkerhäuser, sehr gelungen sind, wirkt Vieles auf dem Areal zusammengewürfelt und leider etwas verwahrlost. Das Konzept, das hinter dem Vorhaben des Nachbaus einer Stadt des Hochmittelalters steht, ist am Gelände teilweise nur schwer ablesbar. Obgleich dies sicher der Größe des Geländes und der Tatsache geschuldet ist, dass der Geschichtspark von privater Hand und von Freiwilligen betrieben wird, wäre eine Konzentration auf einen kleineren, gut gepflegten, auf einen bestimmten Zeitraum beschränkten und mit erklärenden Informationen für den Besucher ausgestatteten Museumsbereich wünschenswert. Bevor im 13.Jh., im ausgehenden Hochmittelalter, eine geschlossene, meist giebelständige Bebauung sowie die Bildung von Straßen- und Gassenzügen einsetzten, die, unterstützt durch Stadtmauern, das Stadtbild von der ländlichen Siedlung abgrenzten, war die urbane Siedlung noch überwiegend eine Ansammlung isoliert stehender Gehöfte in der Nähe einer adeligen Burg oder Pfalz, einer Kirche oder eines Klosters, eines großbäuerlichen Wirtschaftshofes oder eines Handelsplatzes mit enger Bindung an die jeweilige Grundherrschaft bzw. den Stadtherrn. Dass sich eine Burg oder ein Kloster nicht so schnell mal rekonstruieren lässt, versteht sich von selbst. Was in Adventon jedoch weitgehend zu fehlen scheint, sind die bäuerlichen Gehöfte, eine größere Hofanlage mit umliegenden Werkstätten, eine kleine Kirche und ein Marktplatz mit umschließender Bebauung, vielleicht eine Verwaltungseinrichtung, generell Elemente, die miteinander in Verbindung stehen und das zeigen, was das Hochmittelalter in weiten Teilen des späteren Deutschland ausmachte: eine erst im Entstehen begriffene, auch im städtischen Umfeld noch überwiegend agrarisch grundierte und durch die Grundsätze der Kirche geprägte Gesellschaft, die von Selbstversorgung sowie lokalem Handwerk, Gewerbe und Handel mit der näheren Umgebung lebt. Mit den Handwerkerhäusern wurde dafür eine solide Basis gelegt und es bleibt abzuwarten, wie sich das Projekt weiter entwickelt. Insgesamt lohnt der Rundgang durch den Geschichtspark jedenfalls und gibt dank der unterschiedlich weit fortgeschrittenen Bebauung einen facettenreichen Einblick in die Lebens- und Arbeitsbedingungen der ländlichen und dörflichen Bevölkerung. Er vermittelt einen anschaulichen Eindruck von Bauweisen des Mittelalters, vor allem des Spaltbohlen- und Fachwerkbaus mit mit Lehm verkleidetem Flechtwerk in den Zwischenräumen und mit Reet, Stroh oder Schindeln Satteldächern. Dass alte Nutztierrassen hier eine neue Heimat gefunden haben, ist ebenfalls überaus erfreulich und leistet einen wichtigen Beitrag zum „Erlebnis Mittelalter“.
Die Besichtigung ist an Wochenenden von April bis Oktober möglich.
Es muss Eintritt gezahlt werden.