Prager Stadttürme

Aus Sandstein errichtete Rathaus-, Brücken- und Wehrtürme der an der Moldau gelegenen und von den beiden Burgbergen überragten „Goldenen Stadt“ und Hauptstadt der Tschechischen Republik mit gotisch-barockem Stadtbild.

Altstädter Brückenturm an der Karlsbrücke, Prag
Altstädter Brückenturm an der Karlsbrücke, Prag



Geschichte


Nachdem in der zweiten Hälfte des 9.Jhs. die Prager Burg auf dem Hradschin und in der ersten Hälfte des 10.Jhs. eine zweite Burg auf dem Vyšehrad als Sitze der böhmischen Herzöge entstanden waren, entwickelten sich im Schutz der beiden Befestigungen Ansiedlungen einheimischer böhmischer, jüdischer und deutscher Handwerker und Kaufleute. Prag stieg zum politischen und wirtschaftlichen sowie religiösen Zentrum des Landes und ab 1212 des Königreiches Böhmen auf. Seit dem späten 12.Jh. waren die beiden Flussseiten der Moldau durch eine steinerne Brücke miteinander verbunden, aus der in der Mitte des 14.Jhs. die Karlsbrücke hervorging. Vor dem Hintergrund der Verleihung des Stadtrechtes und der Erhebung Prags zur königlichen Residenzstadt erfolgte 1230/1234 die Befestigung der Altstadt (Staré Město). Im 13.Jh. und 14.Jh. wurden die erste Neustadt/Kleinseite (Malá Strana), die Hradschin-Stadt (Burgstadt) und die Neustadt (Nové město) gegründet und ebenfalls mit Befestigungen versehen. Heute ist das historische Stadtzentrum UNESCO-Welterbe.


Kleinseitener Brückenturm an der Karlsbrücke, Prag
Kleinseitener Brückenturm an der Karlsbrücke, Prag

Besichtigung


Die von 1257 bis 1784 einen eigenständigen Stadtteil bildende Kleinseite (Malá Strana) beherbergt unter anderem Palais aus der Renaissance und dem Barock (wie z.B. das am Anfang des 18.Jhs. durch die böhmische Adelsfamilie erbaute Palais Lobkowitz mit der Deutschen Botschaft) und wird bis heute teilweise von dem Mauerring Hungermauer aus den 1360er Jahren umschlossen. Am südlichen Rand der Kleinseite und am Westende der Karlsbrücke befindet sich der spätgotisch-renaissancezeitliche Kleinseitener Brückenturm von 1464/1591 mit Eckerkern und einer Verbindung mit dem Turm der Judithbrücke aus der Zeit um 1170 über einen einstöckigen Torbogen.

Altstädter Brückenturm an der Karlsbrücke, Prag
Altstädter Brückenturm an der Karlsbrücke, Prag

Die 1357 anstelle einer hölzernen Brücke des 10.Jhs. und der Judithbrücke aus Sandsteinblöcken unter dem Baumeister Petr Parléř errichtete, das Nord- und Südufer Prags miteinander verbindende steinerne Karlsbrücke, die die Form einer Bogenbrücke besitzt und mit barocken Heiligenskulpturen geschmückt ist, überschreitend gelangt man an ihrem Ostende zum gotischen Altstädter Brückenturm. Er stammt aus der zweiten Hälfte des 14.Jhs. und verfügt über ein als Triumphbogen konzipiertes Tor und seit der zweiten Hälfte des 19.Jhs. vier Ecktürmchen am Dach. Der Turm ist mit reicher skulpturaler Dekoration, unter anderem in Maßwerk eingefasste überlebensgroße Plastiken Kaiser Karls IV., König Wenzels IV. und des heiligen Veit sowie Wappen der Länder des Königreiches Böhmen, versehen.

 

Altstädter Rathausturm, Prag
Altstädter Rathausturm, Prag

Den Mittelpunkt der Altstadt stellt der aus einem auf das 10.Jh. zurückgehenden Marktplatz ab dem 12.Jh. entstandene Altstädter Ring mit dem alten Rathaus, der zweitürmigen gotischen Teynkirche und Bürgerhäusern mit Renaissance- und Barockfassaden und Arkaden dar. Im Nordwesten des Platzes steht das ab 1338 als Verwaltungszentrum (der Altstadt und ab 1781 der vier Prager Städte) auf romanischen und gotischen Häusern erbaute alte Rathaus. An das im Kern gotische Eckhaus aus dem späten 13.Jh. wurde 1364 der quadratische Turm angefügt, der im Stil der Gotik gehalten und mit flankierenden Ecktürmchen, einem reich verzierten Eckerker aus der zweiten Hälfte des 14.Jhs., einem Renaissancefenster (mit der Inschrift Praga caput regni) sowie einer Kapelle versehen ist. An der Fassade des Altstädter Rathausturmes, der bestiegen werden kann, befindet sich eine astronomische Uhr (Orloj) von 1410/vom Ende des 15.Jhs..

Pulverturm und Ständetheater, Prag
Pulverturm und Ständetheater, Prag

Am Übergang von der Alt- zur Neustadt und neben dem Ständetheater ragt am Platz der Republik der 1475 errichtete, walmgedeckte Pulverturm empor. Sein heutiges gotisierendes Aussehen erhielt der mit Königs- und Heiligenfiguren geschmückte Turm im letzten Drittel des 19.Jhs.. Einst fungierte er als Anfangspunkt der Krönungszüge auf die Prager Burg.

Heinrichsturm, Prag
Heinrichsturm, Prag

In der Nähe des einen zentralen Verkehrsknotenpunkt und ein Boulevard darstellenden Wenzelsplatzes, 1348 geschaffen und im 20.Jh. Ort zahlreicher politischer Demonstrationen, steht der als Glockenturm der Kirche St. Heinrich und Kunigunde sowie Museum, Galerie und Restaurant dienende gotische Heinrichsturm aus den 1470er Jahren.

Neustädter Rathausturm, Prag
Neustädter Rathausturm, Prag

Am größten Platz Prags, dem im 19.Jh. als Park gestalteten Karlsplatz (Viehmarkt), liegt das ab der Mitte des 14.Jhs. errichtete und seit 1559 vierflügelige Neustädter Rathaus im gotischen Stil und Renaissance-Stil. Es war Ort des ersten Prager Fenstersturzes unter der Führung von Jan Želivský als Auftakt der hussitischen Bewegung. Der gotische Eckturm aus den 1450er Jahren mit Arkadengalerie und achteckigen Türmen an den Ecken kann bestiegen werden und ermöglicht einen umfassenden Panoramablick über Prag.

 

Die Prager Stadttürme prägen bis heute das Stadtbild und zeugen, häufig in Verbindung mit den sie umgebenden Gebäuden, von der langen Geschichte der königlichen und kaiserlichen Residenzstadt. Viele von ihnen können besichtigt werden und bieten einzigartige Ausblicke auf die „Goldene Stadt“.


 

Die Außenbesichtigung ist ganzjährig und jederzeit möglich.