Warburg

34414 Warburg

 

Seit Anfang des 11.Jhs. um eine Burganlage auf dem Wartberg am Flusstal der Diemel (Altstadt) und auf einem Bergrücken (Neustadt) entstandene und von einer Mauer mit Wehrtürmen umschlossene Doppelstadt mit Stein- und Fachwerkhäusern.

Warburg
Warburger Neustadtpanorama vom Rondell an der Kanone



Warburg
Neustadt, Warburg

Geschichte

 

Die Geschichte der im Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen gelegenen Stadt Warburg beginnt mit der Eroberung des vormals sächsischen Gebietes durch den fränkischen Herrscher Karl den Großen. Nach der Eingliederung in das fränkische Reich (772) wurde der heutige Burgberg zu einem Grafensitz. Die erste Nennung Warburgs bzw. des Grafen Dodiko erfolgte um 1010. In der Nähe der im 11.Jh. erbauten Burg auf dem Wartberg wurden drei Wirtschaftshöfe angelegt, in deren Schutz sich Ansiedlungen entwickelten. Nach dem Tod des Grafen Dodiko fiel der Besitz 1020 an Bischof Meinwerk von Paderborn. Für das Jahr 1036 gibt es die erste Erwähnung der geschlossenen Ortschaft Warburg.

In der Stauferzeit verlagerte sich die herrschaftliche Macht im Heiligen Römischen Reich nach Süden, wodurch das Bistum Paderborn in eine Randlage und in Konflikte mit dem Erzbistum Köln geriet. Zur Absicherung gegen benachbarte Herrschaftsräume ließ der Bischof von Paderborn in der zweiten Hälfte des 12.Jhs. auf einer rechteckigen Fläche im Südosten die heutige Altstadt anlegen, welche um 1180 das Stadtrecht erhielt. Ebenfalls zur Sicherung der politischen Stellung gegen das Vordringen des Erzbischofs von Köln gründete Bischof Bernhard IV. von Paderborn 1228/1230 im Norden die Neustadt, die als ein spindelförmiges Drei-Straßen-System ausgeführt wurde. Um 1239 bildete sich ein selbstständiger Stadtrat unter bischöflicher Herrschaft und die nun mit einer Ratsverfassung und dem Münzrecht ausgestattete neue Stadt Wartberg wurde erstmals urkundlich genannt.

In der Mitte des 13.Jhs. folgte die rechtliche Gleichstellung von Alt-und Neustadt. Ab der Mitte des 14.Jhs. gehörte Warburg zum Städtebund der Hanse und erlebte eine wirtschaftliche Blütezeit. 1436 wurden Alt- und Neustadt im „Groten Breff“ durch durch eine gemeinsame Verfassung mit einem Rat endgültig zusammen geschlossen.

Der Dreißigjährige Krieg führte zur Verarmung und starken Zerstörung der Stadt. Warburg wurde durch den Herzog von Braunschweig belagert, danach wechselten die Besatzungen (am Kriegsende die Truppen der kaiserlich-katholischen Seite). Während des Siebenjährigen Krieges war Warburg 1760 Schauplatz einer Schlacht zwischen deutsch-britischen und französischen Truppen.

Nachdem das Fürstbistum Paderborn am Anfang des 19.Jhs. mit dem Reichsdeputationshauptschluss aufgelöst worden war, gehörte die Stadt bis 1813 zum Königreich Westphalen und fiel 1816 an Preußen. Bis 1974 war Warburg Kreisstadt. Aufgrund hoher Belastungen zur Kriegsfinanzierung verließen viele Bürger und Landbewohner die Stadt. In der Mitte des 19.Jhs. setzte nach dem Anschluss an das Eisenbahnnetz die Industrialisierung (z.B. Bau der Zuckerfabrik) ein und bis 1892 waren alle Schulden des Dreißigjährigen Krieges abbezahlt, so dass sich die Stadt wirtschaftlich erholen konnte.

Nach dem Ersten Weltkrieg gab es in Warburg wie auch auf dem übrigen Gebiet des ehemaligen Kaiserreiches eine Rätebewegung (mit dem Ziel der Bildung von Bauern- und Arbeiterräten). Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die in Warburg sehr große und bedeutende jüdische Gemeinde zerschlagen. 1945 übergab man die Stadt nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg weitgehend kampflos an amerikanische bzw. britische Truppen. In der zweiten Hälfte des 20.Jhs. entstand durch kommunale Neugliederung die heutige neue Stadt Warburg.

Wartberg mit Erasmuskapelle, Warburg
Wartberg mit Erasmuskapelle, Warburg

Besichtigung

 

Den sehr lohnenden Spaziergang durch die kopfsteingepflasterten Gassen der Alt- und Neustadt beginnt man entweder auf dem die Altstadt überblickenden Wartberg oder auf dem Marktplatz der Neustadt. Ich habe aus chronologischen Gründen für meinen Stadtrundgang den Burgberg gewählt.

Die um 1000 durch den Grafen Dodiko errichtete Burganlage mit drei Wirtschaftshöfen stellt die Keimzelle der Stadt dar. Die Burg diente zur Überwachung der Diemelfurt (Schnittpunkt von Fernhandelsrouten) und wurde später teilweise in die Befestigungswerke miteinbezogen. Heute ist auf dem Gelände der ehemaligen Burg nur mehr die von einem Friedhof umschlossene Krypta der im 11.Jh. errichteten frühromanischen St.-Andreas-Basilika erhalten, die am Ende des 17.Jhs. mit einer Wallfahrtskirche des heiligen Erasmus überbaut wurde.

Vom Rondell an der Kanone aus bekommt man einen schönen Panoramablick auf das Rathaus zwischen den Städten, die Kirche Maria in vinea und das frühere Dominikanerkloster sowie die Dächer und Straßenzüge der Altstadt.

altes Rathaus und Marktplatz der Altstadt, Warburg
altes Rathaus und Marktplatz der Altstadt, Warburg

Den Burgberg hinab gehend gelangt man nun in die Altstadt im Flusstal der Diemel und beginnt die Besichtigung am besten am Marktplatz. Die Nordseite des rechteckigen Platzes wird von dem großen Steinbau des Altstädter Rathauses von ca. 1337 beherrscht. Das Gebäude besitzt einen dreistufigen gotischen Staffelgiebel und ist weitgehend original erhalten. Das Kellergeschoss verfügt über eine flache Halle, die oberen Geschosse sind in Form offener zweischiffiger Hallen mit Balkendecken ausgeführt.

Eckemänneken, Warburg
Eckemänneken, Warburg

Im Südwesten des Marktplatzes steht das in Vierständerbauweise 1471 errichtete Fachwerkhaus Eck-männeken, eines der ältesten Fachwerkgebäude Westfalens und das ehemalige Zunfthaus der Bäcker. Das Haus, das seinen Namen aufgrund der hockenden Männerfiguren an den Eckpfeilern erhielt, besteht aus einem dreigeschossigen Vorderhaus und einem zweigeschossigen Hinterhaus. Die straßenseitige Brüstungszone des vorkragenden Speicherstockes ist durch eine Reihe gekreuzter Fußstreben und vorgeblattete Brustriegel ausgesteift.

Altstädter Kirche St. Maria Heimsuchung und Schwerte, Warburg
Altstädter Kirche St. Maria Heimsuchung und Schwerte, Warburg

Unweit des Marktplatzes erhebt sich die gegen Ende des 13.Jhs. errichtete gotische Altstadtkirche St. Maria Heimsuchung, eine dreischiffige Hallenkirche mit einer achtseitigen Turmspitze, die das Bild der Altstadt wesentlich prägt.

Die Kirche wird von zahlreichen hübschen Gassen (z.B. der Joseph-Kohlschein-Straße und der Schwerte) mit vielen alten Fachwerkhäuschen (z.B. dem am Ende des ersten Drittels des 16.Jhs. als typisches Handwerkerhaus errichteten Berg-Goldschmidt-Haus und dem aus einem Steinwerk bestehenden Glockengießerhaus im Renaissancestil aus dem späten 16.Jh.) umsäumt, entlang derer man in die Neustadt hinauf steigen kann.

 

Rathaus zwischen den Städten von der Neustadtseite aus gesehen, Warburg
Rathaus zwischen den Städten von der Neustadtseite aus gesehen, Warburg

Die auf einer Anhöhe gelegene Neustadt erreicht man durch das auf der Grenze zwischen Alt- und Neustadt 1568 im Renaissancestil errichtete Rathaus zwischen den Städten. Die mit spätgotischem Stabwerk und Renaissance-verzierungen versehene steinerne Arkadenhalle im Erdgeschoss ist die einzige Verbindung zwischen der Alt- und der Neustadt. Der erste Stock, in dem sich früher der Ratssaal befand, besitzt einzelne und doppelte Rechteckfenster. Im frühen 20.Jh. wurde das Gebäude um ein Fachwerkgeschoss ergänzt.

Rathaus zwischen den Städten von der Altstadtseite aus gesehen, Warburg
Rathaus zwischen den Städten von der Altstadtseite aus gesehen, Warburg

Vor dem Durchschreiten des Laubenganges empfiehlt sich eine Besichtigung der frühgotischen Dominikanerkirche St. Maria in vinea. Auf der Altstadtseite des Rathauses und vor der Kirche erstreckt sich ein kleiner Platz, der zum Verweilen einlädt und eine gute Aussicht auf die Altstadt bietet.

An die Kirche schließt sich der einst zwischen den Städten gelegene Dominikanerkonvent an, welcher von 1281 bis zur Auflösung am Anfang des 19.Jhs. in Warburg existierte. Zum Kloster gehörte ab 1628 auch das im 18.Jh. umgestaltete und mit einem gotischen Kreuzgang ausgestattete Gymnasium Marianum, das auf eine Klosterschule zurückgeht.

Neustadt, Warburg
Neustadt, Warburg

Auf der Neustadtseite des Klostergebäudes verläuft im Norden die sehenswerte Sternstraße mit einigen historischen Häusern. Am östlichen Ende der Gasse steht das in der Mitte des 16.Jhs. aus Fachwerk erbaute Fleetdeelenhaus Böttrich (Nr. 13) im Renaissancestil. Richtung Westen gehend kommt man an dem aus dem 15.Jh. stammenden Corvinushaus (Nr. 19) vorbei, einem ehemaligen Adelshof in Form eines um ein Hinterhaus und Fachwerk oberhalb der Staffelgiebel (an Straßenseite mit drei Maßwerk-Windlöchern) erweiterten zweigeschossigen steinernen Saalhauses. Schließlich sollte man sich das um 1340 im gotischen Stil errichtete Steinhaus „Stern“ (Nr. 35) anschauen. Das in der Mitte des 18.Jhs. mit einem Barockportal an der östlichen Traufseite versehene Gebäude diente als Wohn- und Wirtschaftsgebäude verschiedener Adelsfamilien und beherbergt heute ein Museum zur Stadtgeschichte.

Über die Marktstraße gelangt man nun auf den Neustädter Marktplatz (mit dem an den Kupferstecher und Goldschmied Antonius Eisenhoit erinnernden Denkmal) und zu der in der ersten Hälfte des 13.Jhs. erbauten Kirche St. Johannes Baptist. Sie verfügt über ein dreischiffiges Langhaus und einen 88m hohen Turm mit kupferbedeckter achtseitiger Spitze. Unweit der Kirche liegen in der Kalandstraße ein Bürgerhaus von 1520 mit stark vorkragendem Speicherstock und Fachwerkgiebel (heute Hotel „Alt Warburg“) und die Hirsch-Apotheke. Das interessante Gebäude besteht aus einem in der Mitte des 15.Jhs. entstandenen vorderen und im Kern gotischen Steinhaus und einem hinteren Fachwerkhaus und besitzt eine klassizistische Fassade mit Staffelgiebel.

 

Im Mittelalter war Warburg durch einen doppelten bruchsteinernen Mauerring mit Toren der Alt- und Neustadt gesichert. Die historische Doppelstadt wird auch heute noch von einer größtenteils erhaltenen, um 1226 erstmals erwähnten Stadtmauer mit fünf Wehrtürmen und zwei Stadttoren aus dem späten 13.Jh. umschlossen.

Sackturm, Warburg
Sackturm mit Tor, Warburg

Im Westen ragt zwischen Alt- und Neustadt der einst als Wachturm genutzte runde Sackturm (14.Jh./Mitte 15.Jh.) neben dem sich am höchsten Punkt der Sackstraße und in der Nähe des westlichen Zuganges zur bischöflichen Burg befindlichen spitzbogigen Sacktor (Ausgang des Ost-West-Handelsweges) empor. Am oberen Ende der geradlinig den Berg hinaufführenden westlichen Stadtmauer wurde auf halber Höhe des Burgberges der runde Chattenturm errichtet, dessen kegelförmiges Dach nicht mehr vorhanden ist.

Johannistorturm, Warburg
Johannistorturm, Warburg

Im Südwesten der Altstadt steht neben einem Gerberdenkmal der quadratische und von einer Schweifhaube gekrönte Johannistor-Turm (14.Jh.), der einst mit einem stadtseitigen steinernen Wehrgang ausgestattet war. Im Südosten befindet sich der Biermannsturm (14.Jh.) mit barocker Schieferhaube.

Der einzige erhaltene Wehrturm der Neustadt ist der an der geradlinig verlaufenden inneren nördlichen Stadtmauer gelegene quadratische Frankenturm (14.Jh.) mit geschweifter Haube und einem Erker an der Nordseite.

 

Während des Spazierganges über das Kopfsteinpflaster der schmalen Gassen der Warburger Alt- und Neustadt kann man für einige Zeit in vergangene Jahrhunderte eintauchen und die baulichen Zeugnisse der langen Geschichte der kleinen Hansestadt anschauen. Die zahlreichen und mit vielen Details versehenen Stein- und Fachwerkhäuser vermitteln einen anschaulichen Eindruck vom städtischen Leben im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit und geben besonders der idyllischen Altstadt eine ganz eigene historische Atmosphäre.