wolframs-eschenbach

91639 Wolframs-Eschenbach

 

Vom 13.Jh. bis späten 18.Jh. durch den Deutschen Orden beherrschtes regionales Handelszentrum in Mittelfranken und der Geburtsort des mittelalterlichen Dichters Wolfram von Eschenbach.

Hauptstraße und LIebfrauenmünster, Wolframs-Eschenbach
Hauptstraße und LIebfrauenmünster, Wolframs-Eschenbach

Geschichte

 

Das spätere Wolframs-Eschenbach lag in den 740er Jahren, der Zeit der ersten Siedlungsbelege, an der nordwestlichen Grenze des neugegründeten Bistums Eichstätt. In der Mitte des 10.Jhs. existierte eine kleine Saalkirche, die in der Mitte des 12.Jhs. durch eine größere Steinkirche ersetzt wurde. Seit dem Ende des 12.Jhs. befand sich der Ort in Besitz der Grafen von Wertheim. In die Zeit von um 1200 bis 1217 fällt das Wirken Wolfram von Eschenbachs, eine Familie der Herren von Eschenbach ist jedoch erst seit 1268 bezeugt. Wolfram, vor allem für seinen Artusroman Parzival bekannt, stammte vermutlich aus einem verarmten Ministerialengeschlecht und verdiente seinen Unterhalt als fahrender Sänger. Obwohl er wahrscheinlich nicht über eine geregelte Ausbildung verfügte, besaß er doch eine ungewöhnlich gute Bildung. Wolfram hatte Beziehungen zu den Grafen von Wertheim, Adelsgeschlechtern in der Steiermark und zu den Freiherren von Dürne im Odenwald, sein größter Mäzen war Landgraf Hermann von Thüringen. Um 1212/1220 übertrug Graf Poppo von Wertheim das Kirchenpatronat in Eschenbach an den Deutschen Orden (dessen Haus seit 1236 im Ort nachweisbar ist) und ab der Mitte des 13.Jhs. ließ der geistliche Ritterorden das Münster als erste weiträumige gotische Hallenkirche in Franken errichten.

Nach der Auflösung der Kommende des Deutschen Ordens in Eschenbach 1306 wurde dessen Besitz dem Ordenshaus in Nürnberg unterstellt und Eschenbach durch einen Vogt verwaltet. Die Verarmung des Ministerialengeschlechtes derer von Eschenbach führte 1332 zur Erhebung des Ritterordens zum Stadtherrn über Eschenbach. Die vom Eschenbachtal auf den bisher wesentlich dem geistlichen und herrschaftlichen Bezirk vorbehaltenen Hügelsporn verlagerte Stadt wurde in der Folgezeit stark befestigt. Ab 1410 errichtete man mehrere große Fachwerkhäuser an der Hauptstraße und 1451 ein erstes Rathaus am Marktplatz. Bis in das 18.Jh. hinein war Eschenbach ein bedeutender Handelsort zwischen Nürnberg und Straßburg.

 

Während der Reformation konnten die Deutschordensherren ihre reichen Pfründe in Franken behaupten. Die Bürger jedoch sympathisierten mit dem Protestantismus. Im Zuge einer Ernerung der Stadtmitte um 1600 entstanden die Fürstenherberge, die Vogtei und das Schloss im Stil der Renaissance, in den 1680er Jahren erbaute man das als Tanzhaus und Kaufhalle dienende Rathaus neu.

Der Dreißigjährige Krieg dezimierte die Einwohnerzahl Eschenbachs stark. Die Verlegung der Fernstraße ließ den Ort in der zweiten Hälfte des 18.Jhs. in eine Art Dornröschenschlaf fallen. 1796 endete mit dem Einmarsch des preußischen Statthalters in Franken Carl August von Hardenberg schließlich auch die Herrschaft des Deutschen Ordens, der 1809 seinen Grundbesitz verlor. 1806 ging Eschenbach an das Königreich Bayern über. Maximilian II. stiftete 1860/1861 auf dem Marktplatz ein Denkmal für Wolfram von Eschenbach und 1917 wurde der Ort von Obereschenbach in Wolframs-Eschenbach umbenannt.

Nach 1945 führte der Zuzug von Vertriebenen zu einem Anwachsen der Bevölkerung. 1972 kam Wolframs-Eschenbach an den Landkreis Ansbach. Bei einer Flurbereinigung im letzten Drittel des 20.Jhs. entstand um die Altstadt herum ein schmaler Grüngürtel. Nach der Restaurierung vieler Gebäude ab 1985 präsentiert sich Wolframs-Eschenbach heute als pittoreskes fränkisches Städtchen, in dem die Erinnerung an seinen berühmtesten Sohn lebendig gehalten wird.

 

Oberer Torturm, Wolframs-Eschenbach
Oberer Torturm, Wolframs-Eschenbach

Besichtigung

 

Die Stadt umschließt eine vollständig erhaltene Befestigungsanlage aus der Zeit zwischen 1332 und 1440 mit Gräben, Mauern, dem Bürgerturm und dem Hungerturm sowie dem Unteren Torturm an der Südseite.

Der Obere Torturm bietet Zugang zu der 1410 als Prachtstraße veränderten Hauptstraße mit säumenden Giebelhäusern. An ihrer Südseite stehen Ackerbürger- und Handwerkerhäuser aus Fachwerk: das Kocherhaus von 1686, das Lammwirtshaus von 1410, die ebenfalls 1410 errichtete Stadtschmiede, das Traubenwirtshaus und das Lexlhaus. Die Nordseite besticht mit herrschaftlichen Häusern im Stil der Renaissance: der Fürstenherberge von 1609 mit einem hohen Satteldach und einem über Eck gestellten Giebel, dem Benefiziatenhaus von 1623 und der am Ende des 16.Jhs. neu erbauten Vogtei mit einem Sandsteinportal aus dem frühen 17.Jh..

Marktplatz mit Wolframs-Denkmal, Wolframs-Eschenbach
Marktplatz mit Wolframs-Denkmal, Wolframs-Eschenbach

Die Hauptstraße mündet auf den Marktplatz, den Wolfram von Eschenbach Platz mit dem Denkmal des Dichters, dem fachwerkenen Hohen Haus von 1439/1440 an der Westseite und dem Alten Rathaus von 1684/1685 in Form eines dreigeschossigen barocken Fachwerkbaus an der Nordseite, der das Museum Wolfram von Eschenbach zur Stadtgeschichte beherbergt.

Den Marktplatz beherrscht das ab der Mitte des 13.Jhs. durch den Deutschen Orden errichtete gotische Liebfrauenmünster mit einem romanischen untersten Turmgeschoss aus dem 11.Jh., einem frühgotischen Chor von um 1260/1270 und der barocken Marienkapelle aus der Mitte des 18.Jhs. als Grablege Wolframs sowie dem 1956 farbig eingedeckten Turm. Dem Münster gegenüber befindet sich das 2001 vollendete Rathaus mit dem Bürgersaal, bestehend aus dem 1623 erbauten Schloss des Deutschen Ordens mit zwei Erkertürmen mit Zwiebelhauben an der Schauseite und der Zehentscheune vom Ende des 16.Jhs..

Pfründehaus und Pfarrhaus, Wolframs-Eschenbach
Pfründehaus und Pfarrhaus, Wolframs-Eschenbach

Nördlich hinter dem Münster liegt mit dem geistlichen und schulischen Viertel eine der schönsten Ecken von Wolframs-Eschenbach, in der das in den 1970er Jahren in Anlehnung an den ursprünglichen Bau von 1667 errichtete Pfarrhaus, das zweigeschossige Pfründehaus von 1410 mit Krüppelwalmdach und das Alten Schulhaus von 1598, das 1886 erweitert wurde und einen die Färbergasse überspannenden Bogen am Westgiebel besitzt, an längst vergangene Jahrhunderte erinnern.

Im Anschluss an den Stadtrundgang empfiehlt sich ein Spaziergang durch den Graben vor den Befestigungsmauern, auf dem man immer wieder lohnende Ausblicke auf die Stadt erhält.