Nürnberger Kaiserburg

Burg 13, 90403 Nürnberg


Auf einem die Nürnberger Altstadt überragenden Sandsteinfelsen gelegene, unter dem Salier-Kaiser Heinrich III. zur Zurückdrängung des Einflusses des Bistums Bamberg in der ersten Hälfte des 11.Jhs. entstandene und ab der Mitte des 12.Jhs. durch die römisch-deutschen Herrscher aus dem Adelsgeschlecht der Staufer ausgebaute Kaiserburg als Stützpunkt der Hausmacht und Herrschaftszentrum des Reichsterritoriums Nürnberg.

Nürnberger Kaiserburg
Kaiserburg, Nürnberg



Geschichte

 

Bereits um 1000 befanden sich auf dem Nürnberger Keuperfelsen eine Rundkapelle und ein Bergfried. König Konrad III. ließ diese bestehenden Wehranlagen im zweiten Drittel des 12.Jhs. vor dem Hintergrund der Entstehung der höfisch-ritterlichen Gesellschaft zu einer Burg mit Pfalzfunktion für die römisch-deutschen Reichsoberhäupter ausbauen. Pfalzen waren befestigte Plätze, die vom Herrscher, vor allem zur Abhaltung von Reichstagen, regelmäßig aufgesucht wurden (die mittelalterlichen Könige regierten nicht von einem festen Ort aus, sondern reisten im Reich herum) und mit adäquater baulicher Ausstattung meist in Form von repräsentativen Wohngebäuden mit Saal versehen waren.

Von 1105 bis 1427 diente die Burg bzw. ein von der Kaiserburg getrennter eigener Bereich der Anlage zudem als Sitz der die Stellvertreter des Reichsoberhauptes auf der Kaiserburg stellenden Nürnberger Burggrafen: zunächst die niederösterreichischen Grafen von Raabs, dann die schwäbischen bzw. nun fränkischen (Hohen)Zollern. Um beide Burgen herum entwickelte sich das Reichsterritorium der Burggrafschaft Nürnberg.

Burg Nürnberg, reichsstädtische Bauten und Fünfeckturm
Burg Nürnberg, reichsstädtische Bauten und Fünfeckturm

Ab 1340 verlor die Kaiserburg durch den Bau des Rathauses und die Herausbildung der selbstständigen Reichsstadt Nürnberg ihre Bedeutung als Aufenthaltsort der römisch-deutschen Kaiser. Zwar statteten sie Nürnberg bis 1571 noch Besuche ab, nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden die Reichstage jedoch endgültig nach Regensburg verlegt.

Das Machtstreben der hohenzollerischen Burggrafen führte 1420 zur Zerstörung der Burg durch den wittelsbachischen Herzog Ludwig VII. von Bayern-Ingolstadt. Die Hohenzollern wandten sich in der Folge zu Gunsten der Herrschaftsgebiete Brandenburg, Kulmbach und Ansbach von Nürnberg ab und verkauften ihr Amt 1427 an den Nürnberger Stadtrat. Der durch das Patriziat vertretene Magistrat besaß jetzt die alleinige Herrschaft über die Burg und die Reichsstadt Nürnberg. Bis in das 17.Jh. entstanden nun die reichsstädtischen Bauten auf dem Burgfelsen.

Nach der Eingliederung Nürnbergs in das Königreich Bayern wurde die Burg ab 1806 unter Ludwig I. und Maximilian II. als Denkmal deutscher Geschichte im historistischen Stil gestaltet. In der zweiten Hälfte des 19.Jhs. hielten sich die hohenzollerischen Könige von Preußen und Kaiser Wilhelm II. auf der Burg auf.

Starke Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg machten nach 1945 Wiederaufbauten und teilweise Rekonstruktionen erforderlich. Heute ist die Kaiserburg eine Zweigstelle des Germanischen Nationalmuseums.

 

Burg Nürnberg, reichsstädtische Bauten und Fünfeckturm
Burg Nürnberg, reichsstädtische Bauten und Fünfeckturm

Besichtigung

 

Die Nürnberger Burg beherrscht mit ihren vier Türmen das Stadtbild und zeugt bis in die Gegenwart von ihrer Bedeutung als kaiserliches und reichsstädtisches Machtzentrum im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Sie besteht aus drei durch Tore und Mauern getrennten Baukomplexen.

 

Im Osten des Burgfelsens stehen die Bauten der Reichsstadt Nürnberg: der 1377 in der Stadtmauerflucht gegen die Burggrafenburg errichtete quadratische und mit vier Eckerkern versehene Turm Luginsland sowie die an der Stelle eines tiefen mittelalterlichen Grabens erbaute und ehemals als Kornspeicher genutzte Kaiserstallung aus den 1490er Jahren.

 

Burg Nürnberg, Burggrafenburg
Burg Nürnberg, Burggrafenburg

Der mittlere Bereich wird von der der Kaiserburg seit etwa dem 12.Jh. östlich riegelartig vorgelagerten und als Sitz des Burggrafen als Verwalter des Reichsgutes dienenden Burggrafenburg eingenommen. Ihren Zugang bewachte einst der an die reichsstädtische Kaiserstallung anschließende Fünfeckturm aus der zweiten Hälfte des 12.Jhs., dessen untere romanische Geschosse aus Sandsteinquadern und oberer gotischer Bereich aus Backsteinen und Holz errichtet wurden. Der quadratische Turm ist eines der ältesten Gebäude der Nürnberger Burg.

Ein neben dem dreistöckigen Burgamtshaus von ca. 1430 eingelassenenes Tor leitet an der Walburgiskapelle aus dem 13.Jh. vorbei einerseits zum an der stadtabgewandten Seite der Burg gelegenen und sehr gut erhaltenen Vestnertor (um 1430), andererseits in die mauergesäumte Freiung weiter. Dieser große Freibereich stellt eine Verbindung zwischen der Burggrafen- und der Kaiserburg her und ermöglicht einen guten Ausblick über die Nürnberger Innenstadt.

 

Kaiserburg Nürnberg, Sinwellturm und Vorburg
Kaiserburg Nürnberg, Sinwellturm und Vorburg

In der die Freiung an der westlichen Seite begrenzenden, mit dem sogenannten „Heimlichen Wächtergang“ ausgestatteten Schildmauer bietet das Burgtor Zugang zu der sich im Westen des Burgfelsens erstreckenden Kaiserburg. Sie verfügt über eine Vorburg, in der sich Gebäude mit steineren Erd- und fachwerkenen Obergeschossen befinden, welche überwiegend im 14.Jh. und 15.Jh. erbaut wurden und der Vorburg heute mit ihrer warmen Farbgebung ein einladendes Ambiente verleihen.

Im Osten des Vorhofes ragt der in der zweiten Häfte des 13.Jhs. unter König Rudolf I. von Habsburg auf einem Felsblock aus Buckelquadern erbaute, Sinwellturm (sin(e)well ist das mittelhochdeutsche „rund“) genannte runde Bergfried (zeitweilig bewohnbarer Haupt-, Wach- und Wehrturm) empor. Sein charakteristisches Zeltdach mit der hölzernen Plattform erhielt der Turm um 1560. Der Sinwellturm kann bestiegen werden und ermöglicht eine einzigartige Aussicht auf die Bereiche der Nürnberger Burg und die Stadt.

Kaiserburg Nürnberg, Vorburg und Hauptburg mit Chorturm
Kaiserburg Nürnberg, Vorburg und Hauptburg mit Chorturm

Gesäumt wird die Vorburg an der Südseite vom Wirtschaftsgebäude Himmelsstallung (15.Jh.) mit dem stadtseitigen spitzbogigen Tor (14.Jh.) zur turmartigen Hasenburg, vom Finanzstadel (1564) in der Nordostecke, vom Sekretariatsgebäude (um 1487) an der Nord- und vom Kastellansgebäude an der Westseite. Im Zentrum des Vorhofes steht das Brunnenhaus aus der Mitte des 16.Jhs., das den Tiefen Brunnen aufnimmt. Sein Schacht wurde über 50m tief in den Felsen getrieben. Der Tiefe Brunnen kann mit einer Führung besichtigt werden.

Die Südwestecke der Vorburg beherrscht der in der Regierungszeit Kaiser Friedrich I. Barbarossas in der zweiten Hälfte des 12.Jhs. im Zuge des Ausbaus der Burg zur Kaiserpfalz aus Quadersteinen im romanischen Stil errichtete und in der Gotik mit Backsteinen aufgestockte viereckige Chorturm („Heidenturm“) der Burgkapelle, der wie die Kapelle selbst zu den ältesten Bauten der Kaiserburg gehört. Neben ihm liegt, von Mauern geschützt, der Maria Sibylla Merian-Garten in Form einer Rasenfläche mit Pflanzenbändern. Das Gärtchen wurde zu Ehren der Künstlerin und Naturforscherin des 17.Jhs./18.Jhs. angelegt.

Kaiserburg Nürnberg, innerer Burghof mit Palas und Wehrmauer
Kaiserburg Nürnberg, innerer Burghof mit Palas und Wehrmauer

Neben dem Heidenturm führt das innere Burgtor (1562) in den durch den Palas und die Kemenate sowie zwei hohe Mauern mit überdachten Wehrgängen umschlossenen, unregelmäßig viereckigen inneren Burghof der im Norden durch eine Wehrmauer aus dem 13.Jh. und eine Bastion aus der Mitte des 15.Jhs. gesicherten Hauptburg. Die Südseite des idyllischen Hofes – natürlich mit der obligatorischen Linde, heute allerdings nicht mehr die ursprüngliche, angeblich 1000 Jahre alte Kunigundenlinde – bildet der an der Stelle eines Gebäudes aus der Mitte des 11.Jhs. im Kern im frühen 13.Jh. errichtete Palas (Wohn- und Repräsentationsgebäude). Der zweigeschossige Bau wurde im ausgehenden 13.Jh. verändert und zeigt sich nach einer Erneuerung unter Kaiser Friedrich III. um 1440 heute überwiegend im Stil der Spätgotik. Seine Fassade wurde zudem nach 1945 restauriert. Direkt an den Palas angeschlossen ist die doppelgeschossige romanische Burgkapelle aus staufischer Zeit in Form eines um 1200 errichteten Sandsteinquaderbaus mit dem bereits genannten Chorturm.

Kaiserburg Nürnberg, Rittersaal im Palas
Kaiserburg Nürnberg, Rittersaal im Palas

Der Palas beherbergt zwei Säle im östlichen und einen Wohntrakt im westlichen Flügel. Im unteren Geschoss befindet sich der über den inneren Burghof zugängliche zweischiffige „Rittersaal“ mit Sitznischen an den Fenstern, der von einer hölzernen Balkendecke überspannt wird und als Empfangsort und Gerichtsraum der römisch-deutschen Kaiser fungierte. Sein heutiges Erscheinungsbild erhielt der Saal etwa 1471.

Kaiserburg Nürnberg, Doppelkapelle
Kaiserburg Nürnberg, Doppelkapelle

Durch ein von spätgotischen Malereien eingefasstes Spitzbogenportal erreicht man vom „Rittersaal“ aus die romanische Doppelkapelle mit durch je vier Säulen getragenen Gewölben. Ihr oberer Teil ist die in ihrer Architektur nach oben strebende kalksteinerne Kaiserkapelle mit dem spätgotischem Kruzifix von Veit Stoß und der Herrscherempore, der untere Teil die gedrungene und vom Burghof aus zugängliche Margaretenkapelle. Beide Kapellen sind nur durch eine Deckenöffnung miteinander verbunden. Während die obere Kapelle den Kaisern vorbehalten war, wurde die untere Kapelle von Bediensteten und anderen Burgbewohnern genutzt.

Im oberen Geschoss des Palas liegt der mit einer schwarz-gelben Holzleistendecke versehene „Kaisersaal“ (rekonstruiertes Erscheinungsbild des 17.Jhs.), der früher als Fest- und Speisesaal der höfischen Gesellschaft diente. Auf ihn folgen die Räume des Kaiserappartements mit erhaltenen Teilen der spätmittelalterlichen hölzernen Wandvertäfelung aus dem 15.Jh.: die Stube des Kaisers mit einer Vertäfelung aus Blendmaßwerk und Maßwerkrosetten und einer Wappendecke des österreichisch-spanischen Habsburgerreiches sowie die Kammer des Kaisers mit einer gemalten Adlerdecke und einer Wandbemalung (aus der Mitte des 16.Jhs.) in Form einer Balustrade, an der Kaiser Karl V. und sein Bruder Ferdinand zu sehen sind. Der sich anschließende Eckraum präsentiert unter anderem anhand eines Modells von Nürnberg aus dem Jahr 1540 das Thema Stadt und Kaiser. Außen führt an der Stube und der Kammer der Insigniengang entlang.

Kaiserburg Nürnberg, innerer Burghof mit Palas und Kemenate
Kaiserburg Nürnberg, innerer Burghof mit Palas und Kemenate

An der Westseite des inneren Burghofes steht die von 1968 bis 1971 rekonstruierte Kemenate. Ursprünglich etwa 1220 erbaut und in den 1440er Jahren verändert, ist sie heute ein viergeschossiger walmgedeckter Backsteinbau, in dem das Kaiserburg-Museum eingerichtet wurde. Es vermittelt durch archäologische Funde, Bauteile, Modelle und Rekonstruktionszeichnungen die Geschichte der Burg und stellt Waffen und Rüstungen aus der Sammlung des Germanischen Nationalmuseums aus.

Im Westen und Norden begrenzen renaissancezeitliche Burgbasteien von 1545 mit einem vorgelagerten tiefen und breiten Graben das Burggelände. Auf ihnen wurde der Burggarten (im 15.Jh. gab es an der Südseite des Palas noch „Hängende Gärten“)  angelegt, den auf der großen Bastion ein von einer Baumzeile gerahmtes Rosenquartier und auf der unteren Bastion ein Rondell aus Feldahornen zieren.


Die Nürnberger Burg ist als herrschaftlicher und politischer Stützpunkt der römisch-deutschen Herrscher im Mittelalter sowie Machtzentrum der Reichsstadt Nürnberg in der frühen Neuzeit eine der bedeutendsten Burganlagen Deutschlands. Kaiserburg, Burggrafenburg und reichsstädtische Burg stellen ein einzigartiges Ensemble mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Baukunst dar, in der sich die Stile der Romantik, Gotik, Renaissance und des Historismus zu wehrhafter und repräsentativer Architektur verbinden. Nach dem Zweiten Weltkrieg in großen Teilen wieder aufgebaut, ist die Burg heute ein wichtiges Zeugnis deutscher und Nürnberger Geschichte, ein überaus lohnenswertes Ausflusgziel und ein Must-see für Burgenliebhaber.


 

Die Besichtigung ist ganzjährig zu den Öffnungszeiten möglich.

Für die Innenräume und den Sinwellturm muss Eintritt gezahlt werden.

www.kaiserburg-nuernberg.de