Aufbruch, Neubeginn, Hoffen – die 1920er- und frühen 1930er-Jahre faszinieren gerade jetzt, 100 Jahre später, sehr viele Menschen. Es war eine Zeit, in der die Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg immer noch präsent waren, aber langsam verblassten. Und in Berlin war es die Zeit der großen Vergnügungspaläste.
Vom Krieg verschont
Einer der Beliebtesten und der Erste der Spaßpaläste war der Admiralspalast (Friedrichstraße 101/102). Entstanden ist er ab 1911 auf dem Areal eines 1873 errichteten öffentlichen Bades nach dessen Abriss. Beim Neubau integrierte man die bestehenden Thermalbäder, Sportbereiche und eine Indoor-Eislaufarena. 1912 fand hier das erste Tanzturnier in Deutschland statt – mit dem Tango als dernière cri. 1922 dann wurde der Admiralspalast zum Varieté im Art-Déco-Stil umgebaut und 1923 zu einem Revue-Theater. Die NS-Zeit brachte Veränderungen, Reichsminister Goebbels verordnete 1939 den Umbau zu einer „festlich-schönen Erholungsstätte“. Für Adolf Hitler wurde eine Mittelloge eingebaut. Der Admiralspalast ist übrigens das einzige Theater in Berlin, das über eine solche verfügt.
1945 zog die Deutsche Staatsoper in das Gebäude ein, 1946 wurde hier die SED (Sozialistische Einheitspartei der DDR) gegründet und 1955 eröffnete dort das Metropol-Theater (Schließung 1997). Unter dem neuen Eigentümer Falk Walter wurden ab 2003 Sanierungen durchgeführt. Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“ bildete 2006 den Auftakt zur Neueröffnung der Kulturstätte. Seit 2011 gibt es unter der Führung der Unternehmensgruppe „Mehr BB Entertainment“ immer ein abwechslungsreiches und spektakuläres Programm im Admiralspalast – hohe Nutzungsvielfalt garantiert, ganz unter dem Motto „Back to the roots“.
Der Zweite Weltkrieg – ein Ende?
Vorrübergehend vielleicht. Aber Berlin startete danach neu und baute erfolgreich wieder auf. Ein Paradebeispiel: Der Friedrichstadtpalast. Er befindet sich etwas weiter nördlich vom Admiralspalast (Friedrichstraße 107). Den Palast Berlin/Neue Friedrichstadtpalast, in den 1980er-Jahren in Plattenbau-Architektur neu errichtet, prägen strukturierte und in Rundbogenformen gegliederte Fassadenelemente. Seine Geschichte als eines der größten Revuetheaters in Europa aber reicht weiter zurück. Sie beginnt nach einer Anfangszeit als namensgebender Zirkus 1919 in Max Reinhardts großen Schauspielhaus am Schiffbauerdamm. Dieses wurde ab 1947 wieder aufgebaut und zum Friedrichstadt-Palast, dann aufgrund von Bauschäden geschlossen und 1985 abgerissen. Reliefs an den Seiten des Neuen Friedrichsstadtpalasts zeigen seine Geschichte als Zirkus, Schauspielhaus und Varieté-Theater.
Die TV-Serie „Babylon Berlin“ machte es bekannt: Das Moka Efti
1926 gründete der griechische Kaufmann „Giovanni“ Eftimiades bei der Friedrichsstraße/Leipziger Straße, gefolgt durch ein zweites Lokal am Tiergarten, ein Café und Tanzhaus mit Fischrestaurant. Jazziger Ragtime, orchestralisch begleiteter Swing und eleganter Tango bildeten das tänzerische Standardprogramm. Binnen kürzester Zeit wurde das Moka Efti zum beliebtesten Café Berlins am Tag und Tanzhaus bei Nacht. Anders als in der Serie diente es jedoch nicht als Bordell. Beide Lokale wurden bei einem Luftangriff der Alliierten 1943 zerstört.
Wahrzeichen der Gesellschaftsgeschichte
Eng verknüpft mit dem politischen und gesellschaftlichen Wandel sind sie, die großen Berliner Vergnügungsstätten aus dem frühen 20. Jahrhundert. Kulturstand- und Vergnügungsorte von der Kaiserzeit über die Goldenen Zwanziger Jahre und den Wiederaufbau Ost bis in die Gegenwart. Obgleich kaum erhalten, präsent bleiben sie weiterhin – dank der Film- und Tourismusindustrie.