3642 Aggsbach-Dorf bei Schönbühel
Im späten 12.Jh. auf den Fundamenten einer seit der ersten Hälfte des 12.Jhs. bestehenden Anlage errichtete Höhenburg der Ministerialenfamilie der Kuenringer auf einem nach drei Seiten steil abfallenden Felsvorsprung hoch über dem Tal der Donau.
Die lang gestreckte Anlage ist als Abschnittsburg konzipiert, verfügt über Felsaufbauten an beiden Enden im Osten und Westen und ist in mehrere hintereinander liegende, durch starke Quermauern abgeriegelte Bereiche unterteilt.
Geschichte
Burg Aggstein wurde wohl durch den Hochfreien Manegold III. von Aggsbach-Werde erbaut. 1181 übernahmen die Hochfreien von Aggswald-Gansbach aus der (im Dienst der Babenberger-Herzöge stehenden) Ministerialenfamilie der Kuenringer die Burg. Eine erste (indirekte) Erwähnung der wahrscheinlich erst um 1200 errichteten Burg gibt es mit Perchtold von Achstein für das Jahr 1256. Bis 1355 wurde Aggstein als Lehen der bayerischen Herzöge gehalten, stand daher in einem Gegensatz zu den Landesfürsten und beteiligte sich an Aufständen des Adels (bzw. der Ministerialen) gegen die österreichischen Herzöge. Bis zur Rückeroberung Aggsteins durch die Kuenringer wurde die Burg im 13.Jh. zweimal durch österreichische Herzöge eingenommen, danach fand um 1300 eine umfangreiche Instandsetzung statt.
Nach dem Aussterben der Dürnsteiner Linie der Kuenringer überging die Burg 1355 an den Ehemann der Erbtochter, Heidenreich von Maissau. Nach der Gründung der Kartause Aggsbach in den 1370er Jahren legten die Kartäuser die Burg ein (da sie auf ihrem Territorium keine Burgen duldeten) und sorgten für den baulichen Niedergang. 1430 ließen die habsburgischen Landesfürsten Otto IV. von Maissau aufgrund einer angeblichen Kooperation mit den Hussiten entmachten und die Wehranlagen der Burg schleifen. In der Folge wurde der Kammermeister Georg Scheck vom Wald mit der Ruine belehnt und erneuerte bis 1436 die Anlage. Scheck war in Gebietsstreitigkeiten mit Stift Melk verwickelt und stellte sich im Bruderzwist zwischen Kaiser Friedrich III. und Herzog Albrecht VI. (um die Vormundschaft für den postum geborenen Sohn Kaiser/Herzog Albrechts II./V.) auf die Seite Friedrichs. Burg Aggstein wurde durch Herzog Albrecht angegriffen und Scheck verlor 1463 alle Besitzungen. Auch die nächsten Besitzer der Burg wurden aufgrund eines Bündnisses mit Feinden des Kaisers ebenfalls ihrer Güter enthoben.
Ab 1477 (nach der Übernahme durch Herzog Leopold III.) ließ man Aggstein von Pflegern verwalten oder verpachten. Im Zuge der ersten Wiener Türkenbelagerung (1529) wurde die Burg beschädigt und danach mit Schießscharten ausgestattet. 1606 erwarb Anna Freiin von Polheim die Burg und baute die Kanzleibauten der Mittelburg im Stil der Renaissance aus. Nach ihrem Tod wurde Aggstein wieder aufgegeben und verfiel.
Gegen Ende des 17.Jhs. kauften die Grafen Starhemberg die Herrschaft und schlossen sie an Schönbühel an. Auf einige Demolierungen folgten im frühen 19.Jh. erste Erschließungsmaßnahmen. Nach der Übernahme Schönbühels und Aggsteins durch die Grafen Beroldingen im Jahr 1819 wurde Burg Aggstein teilweise saniert. Ab 1932 setzten die Grafen von Seilern und Aspang die Ruine notdürftig in Stand und zwischen 2004 und 2006 wurde eine Restaurierung Aggsteins durchgeführt.
Besichtigung
Der Rundgang über die Burganlage beginnt auf dem Gelände der früheren Vorburg an der Stelle des heutigen Parkplatzes und der Südseite der Burg, von der sich nur zwei Wirtschaftsbauten aus dem 16.Jh./17.Jh. erhalten haben. Die bergseitig vorgelagerte schmale Vorburg wurde durch einen tiefen Halsgraben mit einer zu einem Doppelturmtor führenden Holzbrücke gesichert und durch dicke Schenkelmauern bis zum Tor der Hauptburg begleitet.
Die Hauptburg ist von einer um 1530 erhöhten Ringmauer (und angebauten Wehrgängen) umgeben und besitzt einen von den an beiden Seiten der Felszunge gelegenen und befestigten Felsköpfen eingesäumten inneren Burghof.
Über eine flachtonnige Toreinfahrt mit Sitznischen erreicht man den gewölbten Torbau des äußeren Burgtores mit einem Spitzbogenportal aus dem 15.Jh. (früher mit vorgelagertem Graben) mit einem älteren Fundament und kommt von dort aus in den ersten Hof und Verteidigungsabschnitt am Felskopf des Bürgels im Osten. Im ehemaligen Torwarthaus (Anfang 17.Jh.) sind heute die Kassa und ein kleiner Shop untergebracht.
In das Quadermauerwerk hinter dem Torwarthaus ist ein zum zweiten Verteidigungsabschnitt führendes hohes Spitzbogentor aus der Zeit um 1300 eingelassen, das den Zugang zu einem von einer 5m dicken Schildmauer abgeschlossenen zweiten Hof ermöglicht. In der Mitte des 16.Jhs. wurde hier ein kleiner gewölbter Raum mit einem Felskeller angelegt.
Das früher hinter einem Graben gelegene und in eine Schildmauer eingebaute Tor zum dritten Verteidigungsabschnitt durchschreitend gelangt man schließlich in die Kernburg mit ihrem lang gestreckten zentralen Burghof der Mittelburg, der von den beiden Felsköpfen begrenzt wird. Ein hinter dem Brunnenturm (aus dem 16.Jh.) stehender eingeschossiger und gewölbter Bau diente wahrscheinlich als Bäckerei.
Von hier aus ist der Zugang zum Bürgel möglich. Dieser Fels war im 12.Jh. oben mit einem länglichen, leicht gewinkelten Gebäude und im 16.Jh. mit einem zwei- bis dreigeschossigen Bau (einem Festen Haus: wehrhaftes, freistehendes und hausähnliches Gebäude) versehen. Heute bietet sich vom Bürgel eine wunderschöne Aussicht auf die Kernburg mit dem inneren Burghof und den im Westen gelegenen Wohn- und Repräsentationsgebäuden der Hochburg. Auf dem Bürgel stehen zudem einige Bänke, die zum Verweilen einladen.
Neben dem Brunnenturm liegen im Burghof an der Südseite ein langer Gebäudetrakt mit gewölbten Sälen bzw. die Kanzleibauten (dienten als Wohn- und Verwaltungsgebäude) aus dem frühem 17.Jh. und die Zisterne sowie an der nördlichen Schildmauer die ehemalige Küche (mit Pyramidenschlot) und die Dürnitz (der Aufenthaltsraum der Burgbesatzung).
Vom inneren Burghof führt ein Weg zum westlichen Felskopf Stein. Die sich dort erstreckende Westburg war früher durch spitzbogiges Tor mit einem Einstieg in ca. 6m Höhe geschützt. Diesen aus dem ersten Drittel des 15.Jhs. stammenden Hocheingang erreichte man über Leitern oder einen hölzernen Steg und eine kleine Zugbrücke, die durch einen Wurferker gesichert wurde.
Die die Mittelburg und die Donau überblickende Hochburg beinhaltet die Wohn- und Repräsentationsgebäude des Burgherrn.
Links vom Eingang steht an der Ostseite ein dreistöckiges (früher viergeschossiges) großes Wohngebäude (der sogenannte „Frauenturm“) mit Bausubstanz hauptsächlich aus der Zeit um 1300, rechts befindet sich an der Nordseite die auf den Grundmauern eines älteren Baus um 1300 (Erdgeschoss) und im 15.Jh. (Oberteil) errichtete spätgotische Burgkapelle. Sie wird von einem Kreuzrippengewölbe überspannt und verfügt über Segensschlitze in der an den Palas angrenzenden Westwand.
Zwischen dem „Frauenturm“ und der Kapelle liegt ein schmaler Hof. Neben der Kapelle wurde an der Nordstrecke der ehemalige Palas (Wohn- und Repräsentationsgebäude) errichtet, von dem an der Ostwand noch Mauerreste aus dem 12.Jh. sowie ein schmaler, unverbauter Felsabsatz (der Sage nach das Rosengärtlein, in das Georg Scheck vom Wald seine Gefangenen aussperrte) an der Außenseite erhalten sind. Die Fundamente des Palas stammen aus der Gründungszeit der Burg um 1200, das Erdgeschoss und die Binnenmauer aus der Zeit um 1300 und das Obergeschoss mit Hocheingängen aus dem ersten Drittel des 15.Jhs.. Eine vermauerte Türöffnung am Felsvorsprung am Nordeck diente wohl als Abtritt.
Vom Palas als höchstem Punkt der Burganlage bekommt man einen atemberaubenden Blick auf die Donau und das Umland.
Der Besuch des überaus beeindruckenden Burggeländes, bei dem man in einer einzigartigen historischen Atmosphäre ein wenig in das Hoch- und Spätmittelalter zurück reist und zudem wunderschöne Ausblicke auf die Landschaft des UNESCO-Welterbes Wachau erhält, lohnt sich sehr.
Der frühere Aufbau und das ehemalige Aussehen der Anlage sind aufgrund der noch stehenden Mauern, Tore und Gebäudereste sehr gut vorstellbar und im Verlauf des Rundganges wünscht man sich immer wieder, die imposante Burg noch einmal in ihrer vollen, aber leider längst vergangenen Pracht sehen zu können. Im Anschluss an die Burgbesichtigung lädt ein kleiner Shop zum Stöbern und Einkaufen von Souvenirs ein.
Aggstein ist aufgrund seines besonderen historischen Ambientes einer einstigen Ministerialenburg eine der sehenswertesten Ruinen Österreichs und ihre Besichtigung ein ganz besonderes Erlebnis für jeden Burgenliebhaber.
Die Besichtigung ist von März bis November zu den Öffnungszeiten möglich.
Es muss Eintritt gezahlt werden.