Schloßplatz, 10178 Berlin
Sich ehemals in der Mitte der Spreeinsel zwischen dem Lustgarten im Norden, der Schloßfreiheit am Spreekanal im Westen und dem historischen Schloßplatz im Süden befindliches, nach der Beschädigung im Zweiten Weltkrieg durch das Politbüro des ZK der SED gesprengtes und zurzeit wieder aufgebautes (neo)barockes Stadtschloss als einstige Residenz der brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige sowie Endpunkt der Prachtstraße Unter den Linden.
Geschichte
Ab der Mitte des 12.Jhs. waren im Zuge des Landesausbaus in der Mark Brandenburg durch die askanischen Markgrafen erste Dörfer und Handelsplätze auf dem späteren Berliner Stadtgebiet an einer Gabelung der Spree entstanden, die 1237 als Cölln (auf der Spreeinsel an der Petrikirche) und 1244 Alt-Berlin (am nordöstlichen Ufer der Spree an der Nikolaikirche) erstmals urkundlich genannt wurden. Seit den 1230er Jahren bauten die Markgrafen die Doppelstadt durch gezielte Privilegierung und in Abgrenzung zur Herrschaft der wettinischen Markgafen von Meißen aus. Ab der Mitte des 13.Jhs. stieg das über den Mühlendamm miteinander verbundene Berlin-Cölln durch seine Lage am alten Fernhandelsweg von Magdeburg nach Posen zu einem wichtigen Spreeübergang mit Stapelrecht und Zollfreiheiten sowie 1307 einem gemeinsamen Rathaus auf.
1320 übertrug Kaiser Ludwig IV. der Bayer die Mark Brandenburg nach dem Aussterben der Askanier an Ludwig den Brandenburger. 1356 wurden die Markgrafen von Brandenburg in der Goldenen Bulle (die die Regeln der Wahl des römisch-deutschen Königs fixierte) zu Kurfürsten erhoben. Im Jahr 1415 begann mit der Belehnung Markgraf Friedrichs I. von Hohenzollern (bis 1411 Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg) mit der Mark Brandenburg die bis 1918 währende Herrschaft des Adelsgeschlechtes der Hohenzollern als Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg sowie ab 1701 als Könige von Preußen und 1871 deutsche Kaiser.
Nachdem Cölln und Berlin 1432 zu einer Stadtgemeinde zusammengeschlossen worden waren, hob Kurfürst Friedrich II. „Eisenzahn“ diese gemeinsame Stadtverwaltung zehn Jahre später zur Durchsetzung der eigenen Machtansprüche wieder auf. Er gründete 1443 die „Zwing Cölln“ (dessen ältesten Teil der zwiebelgedeckte Wehrturm „Grüner Hut“ der cöllnischen Stadtmauer aus dem 13.Jh. bildete) an einem Handelsweg über die Lange Brücke. Den Bau seiner Residenz setzte Friedrich gegen den Widerstand der Ratsherren durch, die sich 1448 im sogenannten „Unwillen“ gegen den Schlossneubau auflehnten. Als Konsequenz verlor die Stadt viele politische und wirtschaftliche Freiheiten.
1465 wurde an der östlichen Spreefassade des Schlosses die Erasmuskapelle im spätgotischen Stil mit einem Netzgewölbe angebaut.
Unter Kurfürst Joachim II. wurde Berlin in der Mitte des 16.Jhs. zur festen Residenz der brandenburgischen Kurfürsten und späteren preußischen Könige. In der Folge entstand unter dem Architekten Caspar Theyß ein Schloss im Stil der Renaissance mit einer Verbindung zu der aus der Dominikanerklosterkirche hervorgegangenen Domkirche und dem am Ende des 16.Jhs. unter Kurfürst Johann Georg angefügten Westflügel. 1573 wurde ein Reitweg als Verbindung zwischen dem Tiergarten und dem Schloss angelegt, aus dem sich später die Straße Unter den Linden entwickelte.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg und einem großen Machtgewinn Brandenburg-Preußens durch Gebietsgewinne im Westfälischen Frieden ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm I. das Schloss in der zweiten Hälfte des 17.Jhs. erneuern und ausbauen. Es entstanden die Kugel- und Brautkammer, die Braunschweigische Galerie und die Kurfürstengalerie zwischen dem Haus der Herzogin und dem Apothekenflügel (der in den 1880er Jahren abgerissen wurde). Zudem begann mit der Errichtung des Zeughauses 1695 der repräsentative Ausbau der nachmaligen Straße Unter den Linden. In der Mitte des 17.Jhs. wurden auf das Schloss zentrierte Achsen angelegt und durch die Erweiterung des Stadtgebietes nach Westen entwickelte sich das Schloss zum Mittelpunkt Berlins.
Vor dem Hintergrund der Bildung der Königlichen Residenz Berlin durch die Zusammenlegung der Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt und des Werdens von Berlin zur preußischen Haupt- und Residenzstadt durchgeführte Um- und Anbauten an der Wende zum 18.Jh. unter Kurfürst Friedrich III./König Friedrich I. sowie den Architekten Andreas Schlüter und Johann Eosander von Göthe im Stil des italienischen Barock verdoppelten das Schlossgebäude. Es wurde nun mit einem Erweiterungsbau nach Westen versehen, dessen Mittelpunkt das 1850 von einer Turmkuppel gekrönte Eosanderportal darstellte. 1716 vollendete der Architekt Martin Heinrich Böhme das Stadtschloss. Um 1770 wurde die Prachtstraße Unter den Linden weiter ausgebaut und von zahlreichen neuen Handels- und Manufakturgebäuden sowie Repräsentationsbauten gesäumt.
Im Inneren des Schlosses gab es bis 1918 fortwährende Neuschaffungen oder Umgestaltungen von Raumfluchten.
Erwähnenswert sind zunächst die barocken Paradekammern Andreas Schlüters von der Wende zum 18.Jh. mit Rittersaal, Schwarzer Adlerkammer, Großer Bildergalerie und Elisabethsaal sowie das am Anfang des 18.Jhs. im Auftrag von König Friedrich I. geschaffene Bernsteinzimmer. Es wurde 1716 durch Friedrich Wilhelm I. als Geschenk an den russischen Zaren Peter I. den Großen übergeben und im Katharinenpalast bei Sankt Petersburg eingebaut. Seit der Beschlagnahme des Schlosses 1941 gilt es als verschollen. 1726 wurden anlässlich des Besuches von König August dem Starken von Polen die Polnischen Kammern als Gästewohnung im Berliner Stadtschloss eingerichtet, einige Zeit später die Friderizianischen Räume unter Friedrich II. dem Großen mit einem runden Arbeitszimmer im Schlossplatzflügel. König Friedrich Wilhelm II. ließ am Ende des 18.Jhs. die klassizistischen Königskammern mit Parolesaal, Speisesaal, Thronzimmer und Blauer französischer Kammer im Lustgartenflügel einbauen. Unter König Friedrich Wilhelm IV. und Karl Friedrich Schinkel entstand in der Mitte des 19.Jhs. die kronprinzliche Wohnung im Spreeflügel. Kaiser Wilhelm II. veranlasste am Anfang des 20.Jhs. den Neubau der Wilhelminischen und Mecklenburgischen Wohnung mit dem darüber liegenden, mit weißem Stuckmarmor ausgestatteten Weißen Saal. Zudem wurde die kaiserliche Wohnung im Schlossplatzflügel eingebaut.
Nach der Renovierung des Schlosses in der ersten Hälfte des 19.Jhs. unter König Friedrich Wilhelm III. folgten in der Mitte des 19.Jhs. eine erneute Anlegung des Lustgartens durch Karl Friedrich Schinkel mit Rasenparterre, einer zentralen Fontäne und einer großen Terrasse sowie die Errichtung des Alten Museums mit einer offenen Säulenhalle als Antwort auf die geschlossene Lustgartenfassade des Schlosses. Unter den Linden wurde im östlichen Teil zu einer Triumphstraße und im westlichen Teil zu einer repräsentativen, gutbürgerlichen Wohnanlage bzw. nach 1871 einer belebten großstädtischen Geschäftslage ausgebaut. Kaiser Wilhelm I. versah am Ende des 19.Jhs. das Quergebäude des Schlosses mit einer Fassade im Stil der Neorenaissance und ließ die Galerien des Schlüterhofes fortsetzen. Im Zuge einer intensiven Bautätigkeit unter Kaiser Wilhelm II. vor dem Hintergrund imperialistischer Weltmachtpolitik am Anfang des 20.Jhs. vor allem im Stil des Neobarock wurden das Nationaldenkmal mit dem Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. und eine Kuppelkirche errichtet; nach der Fertigstellung verfügte das Schloss über zwei größere und zwei kleinere Innenhöfe.
Nach dem Ende der Monarchie 1918 wurde das Schloss durch von der Armee bekämpfte Arbeiter- und Soldatenräte besetzt und am 9. November – als Reaktion auf die Proklamation der „Deutschen Republik“ durch den sozialdemokratischen Politiker Philipp Scheidemann vom Balkon des Reichstages – durch Karl Liebknecht vom Balkon des Stadtschlosses aus die „Freie Sozialistische Republik“ ausgerufen; nach dem Scheitern des Aufstandes wurde Deutschland zu einer demokratischen Republik. 1920 wurde das Schloss mit dem Groß-Berlin-Gesetz zu einem Teil der Stadt Berlin. Ab 1921 folgte eine Nutzung als Schlossmuseum.
Während des Zweiten Weltkrieges brannte das Schloss 1945 nach schweren Bombenschäden vier Tage lang. Obwohl es noch vor der Teilung Berlins Vorschläge zur Sanierung der Schlossruine mit den erhaltenen gebliebenen Außenmauern und den tragenden Wänden sowie des Flügels mit dem Weißen Saal gab, wurde das als Symbol des „preußischen Feudalismus“ betrachtete Schloss nach der Gründung der DDR 1950 auf Geheiß des SED-Vorsitzenden Walter Ulbricht gesprengt. An seiner Stelle legte man den Marx-Engels-Platz mit einer Tribüne an und errichtete in den 1970er Jahren den 1990 wegen Asbestverseuchung geschlossenen und bis 2008 abgerissenen Palast der Republik als Sitz der Volkskammer und zentralen Veranstaltungsort der DDR.
Mit der deutschen Wiedervereinigung kam ab 1991 auch die Diskussion um den Neubau des Berliner Stadtschlosses auf, der im Jahr 2012 begann – in den äußeren Ausmaßen des Schlosses mit drei rekonstruierten barocken Schlossfassaden an der Nord-, West- und Südseite, einer modernen, der Spree zugewandten Ostseite sowie dem Schlüterhof und der Stüler-Kuppel mit Schlosskapelle.
In der Zukunft soll das Gebäude als Humboldt-Forum mit Sammlungen der außereuropäischen Kunst der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus dem Museumszentrum Dahlem und dem Wissenschaftsmuseum dienen.
Die Außenbesichtigung der Schlossbaustelle ist ganzjährig und jederzeit möglich.