Lübecker Straße 1, 22926 Ahrensburg
Als herrschaftlicher Mittelpunkt eines adeligen Gutes konzipiertes und ursprünglich durch eine einfache Befestigungsanlage geschütztes, im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts (bis 1585) aus gestaffelten Mehrfachhäusern errichtetes Wasserschloss in Form eines Dreifachhauses mit Ecktürmen im Stil der niederländischen Renaissance in Kombination mit lokalen Bauformen Schleswig-Holsteins.
Geschichte
Die Ursprünge von Schloss Ahrensburg reichen bis in das Mittelalter zurück, als auf dem späteren Schlossareal ein befestigter Herrensitz (Burg Arnesvelde) der Grafen von Schauenburg bestand. 1327 wurde die Wehranlage an die Ländereien des Zisterzienserklosters Reinfelde angegliedert. Die Burg verfiel jedoch in den folgenden Jahrhunderten und nach der Säkularisierung des Klosters im 16. Jahrhundert überging Arnesvelde in den Besitz des dänischen Königs (Friedrich II. von Dänemark und Norwegen), der sie zunächst an die Familie Blome vergab.
Seit dem 16. Jahrhundert befand sich das Schloss in Besitz verschiedener Linien der 1226 erstmals urkundlich genannten holsteinischen Uradelsfamilie Rantzau. Sie besaß ein Stammhaus bei Plön und war im Spätmittelalter zu einer der mächstigsten Familien der schleswig-holsteinischen Ritterschaft aufgestiegen.
Die Glanzzeit Ahrensburgs begann etwa im Jahr 1567, als Daniel Rantzau (Niendorfer Zweig der Familie), Feldherr im königlich dänischen Dienst, die Burg erhielt. Nach seinem Tod fielen die Ländereien bereits 1569 an seinen Bruder Peter Rantzau. Dieser begründete eine ausgedehnte Gutswirtschaft und ließ im Bachtal der Hunnau um 1585 das heutige Herrenhaus in Form eines Mehrfachhauses im Renaissancestil errichten.
Nach finanziellen Krisen ab dem 17. Jahrhundert und wirtschaftlichem Niedergang sowie Konflikten der Rantzaus mit einigen Gutsangestellten übergingen Gut und Schloss Ahrensburg in der Mitte des 18. Jahrhunderts in den Besitz der geadelten, ursprünglich bürgerlichen Familie Schimmelmann. Der Kaufmann Heinrich Carl von Schimmelmann war im Siebenjährigen Krieg 1756 zum Getreidelieferanten des preußischen Heeres aufgestiegen, hatte den Lagerbestand der der Meißener Porzellanmanufaktur erworben und seine Kinder mit Mitgliedern des holsteinisch-dänischen Landadels verheiratet. Das Herrenhaus wurde nun zu einem prachtvollen Landsitz (neben dem Hauptwohnsitz Berkenthisches Palais in Kopenhagen und dem Gottorper Palais in Hamburg) im spätbarocken Stil umgestaltet und entwickelte sich zu einem gesellschaftlichen Zentrum der holsteinischen Gutskultur. 1788 wurde unter Friedrich Joseph Schimmelmann zudem die Leibeigenschaft aufgehoben. Seit dem 18. Jahrhundert bezeichnete man das Herrenhaus auch offiziell als „Schloss“ (dies war ursprünglich nur bei Bauten der Landesherren der Fall).
Infolge der napoleonischen Kriege erlebte Schloss Ahrensburg Anfang des 19. Jahrhunderts eine weitere wirtschaftliche Krise. Unter Ernst Schimmelmann wurden die Schimmelmann´schen Besitztümer in der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder zusammengeführt und das Herrenhaus modernisiert. Östlich des Mühlenteichs entstanden neue Nebengebäude und der Gutsbetrieb erfuhr eine Ergänzung um eine bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts fort geführte Pferdezucht.
Der Erste Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise zwangen die Familie Schimmelmann 1932 zum Verkauf des Guts und Herrenhauses an die örtliche Sparkasse. Bereits 1935 richtete man ein Museum im Schloss ein und 1938 wurde ein Schlossverein gegründet.
Während des Zweiten Weltkrieges diente das Schlossgebäude unter anderem als Lazarett und Sitz der Deutschen Seewarte.
Die Wiedereröffnung des Museums erfolgte 1955, umfangreiche Sanierungsmaßnahmen wurden in den 1980er Jahren durchgeführt. Heute liegt der Schwerpunkt der musealen Präsentation auf der schleswig-holsteinischen Adelskultur. Zudem wurde die Schlossanlage mehrfach als Kulisse für Edgar-Wallace- und Märchenverfilmungen genutzt. 2003 bracht man Schloss Ahrensburg in eine durch das Land Schleswig-Holstein gegründete Stiftung öffentlichen Rechts ein.
Besichtigung
Schloss Ahrensburg steht idyllisch von einer Parkanlage mit abwechslungsreichem Baumbestand umgeben im Südwesten der von der Hunnau umflossenen, rechteckigen Schlossinsel, die man über eine lange Steinbrücke betritt. Auf der Nordseite des Schlosses überspannt eine Zugangsbrücke mit flankierenden Löwenstatuen den im 16. Jahrhundert angelegten Hausgraben. Am Ende der Brücke erhebt sich das Schloss als nahezu würfelförmiger, ursprünglich unverputzter, dreigeschossiger Bau aus drei weißgeschlämmten, nebeneinander liegenden, mit roten Ziegeln gedeckten Langhäusern mit obeliskengeschmückten Schweifgiebeln. An den Ecken befinden sich vier flankierende, achteckige und jeweils viergeschossige Türme mit kupfergedeckten Laternenhauben und Windfahnen in Form eines halben Rosses mit Reiter.
Durch ein schlichtes Vestibül im unteren Wohngeschoss gelangt man in den bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts dreigeteilten Innenbereich: ein mittleres Haus mit durch den gesamten Bau führenden Sälen sowie durch eine mittige Wand in zwei Hälften geteilte seitliche Häuser. Nach Umbauten unter der Familie von Schimmelmann präsentiert sich die durchgehende Eingangshalle seit 1760 zweigeteilt als großes offenes, im rechten Langhaus durch Stockwerke gebrochenes Treppenhaus. In den seitlichen Häusern befinden sich zum Teil durch Zwischenwände geteilte Salons.
Die öffentlich zugänglichen Räume sind überwiegend im Stil des Rokoko mit klassizistischen Veränderungen des 19. Jahrhunderts ausgestattet. Im Erdgeschoss östlich des Vestibüls liegt das eichenholzvertäfelte Speisezimmer mit Pariser Paneelen aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, an das sich ein kleiner Salon und der mit großen Blumenstilleben geschmückte Gartensaal mit einer Brücke zum Außenbereich anschließen.
Über eine freistehende barocke Eichenholztreppe erreicht man die oberen Stockwerke. Das mittlere Geschoss nehmen die ehemaligen Schlaf- und Wohnräume der gräflichen Familie und zwei große, anstelle des einstigen, durchgehenden Rittersaals gestaltete Säle ein: der Emkendorf-Saal mit dem „Blauen Mobiliar“ von 1780 und der elegant in elfenbeinfarben, rot und gold gehaltene Festsaal (1855) mit sternförmigem Parkett. Im oberen Stockwerk befinden sich die Bibliothek und das Louis-seize-Zimmer.
Der das Schlossgebäude umschließende Park wurde im 19. Jahrhundert im englischen Landschaftsgartenstil gestaltet. Von den vormaligen barocken Gartenanlagen sind heute noch die Lindenalleen, zwei große Sandsteinvasen und die die Schlossbrücke flankierenden Löwen erhalten.
Nördlich der Schlossinsel stehen die Wassermühle sowie bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts genutzte Nebengebäude.
An der Ostseite des Wassergrabens wurde ab der Mitte des 19. Jahrhunderts anstelle des früheren Schlossgartens der dreiflügelige Marstall im Rundbogenstil errichtet, der heute ein Kulturzentrum beherbergt. Die Viehställe, Kornspeicher, Gewächshäuser sowie die Reithalle des ehemaligen Wirtschaftshofs sind aufgrund eines Brands am Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr erhalten.
Südlich der Schlossinsel befindet sich die ursprünglich backsteingotische, saalförmige Schlosskirche/ehemalige Gutskapelle aus den 1590er Jahren mit einer fächergewölbten Flachdecke mit Sternenmalerei, einer im 18. Jahrhundert angefügten Grabkapelle und einem niedrigen Turm an der Westfassade. Gesäumt wird die Kirche im Norden und Süden von den ehemals als Versorgungseinrichtung für alte und invalide Gutsarbeiter dienenden „Gottesbuden“. Die den Kirchhof umrahmenden, länglichen und einstöckigen Wohnbauten beherbergten elf/früher zwölf, aus einer Küche und einer Stube bestehende Appartements.
Der Besuch des ansprechend gelegenen und sehr harmonischen Ensembles aus Wasserschloss, einstigem landwirtschaftlichem Gutsbetrieb und englischem Landschaftspark mit seinem eleganten Flair ist sehr lohnenswert. Im Inneren strahlen die prunkvoll ausgestatteten Räumlichkeiten eine erhabene Atmosphäre aus, ohne dabei überladen zu wirken und geben anschauliche Einblicke in das repräsentative Leben des schleswig-holsteinischen Adels in vergangenen Jahrhunderten.
Die Außenbesichtigung ist ganzjährig, die Innenbesichtigung gegen ein Eintrittsgeld zu den Öffnungszeiten möglich.