23552 Lübeck
Historischer Kern der in der Norddeutschen Tiefebene in der „Lübecker Bucht“ an der unteren, im Stadtteil Travemünde in Ostsee mündenden Trave gelegenen zweitgrößten Stadt Schleswig-Holsteins. Das Bild der in Teilen 1987 zum UNESCO-Welterbe ernannten Hanse- und kreisfreien Großstadt prägen backsteingotische Giebelhäuser aus mehreren Epochen, schmale Gänge und verwinkelte Höfe, die maritimes Flair ausstrahlen und von einer langen kulturhistorischen Tradition zeugen.
Geschichte
Die Geschichte Lübecks reicht bis in die Jungsteinzeit zurück, als sich neolithische Kulturen erstmals auf dem späteren Stadtgebiet nieder ließen. Archäologische Funde und Befunde aus vor- und frühgeschichtlicher Zeit, darunter zum Beispiel Hünengräber wie das Pöppendorfer Großsteingrab im Waldhusener Forst und das Ganggrab Blankensee, belegen diese Siedlungstätigkeit. Diese ursprünglich von einem Erdhügel überdeckten Megalithanlagen lassen sich der Trichterbecherkultur zuordnen und stammen von circa 3500 bis 2800 v. Chr.
Nach dem Einsetzen der slawischen Besiedlung Ostholsteins um 700 entstand – zeitgleich mit dem Pöppendorfer Ringwall, einem bis circa 1000 genutzten Burgwall zum Waldhusener Forst mit 100 Metern Durchmesser und acht bis zwölf Metern Höhe – eine als Liubice bezeichnete und um 1076 erstmals in einer frühmittelalterlichen Chronik des Adam von Bremen genannte Siedlung des westslawischen Stammes der Abodriten. Sie befand sich nördlich der heutigen Lübecker Altstadtinsel zwischen der Teerhofinsel und der Mündung der Schwartau in die Trave und wurde ab 819 durch eine umwallte Burg geschützt. 1093 übernahm der christliche Nakonide (aus einem elbslawischen Adelsgeschlecht) Heinrich die Herrschaft über die Abodriten und wählte Liubice als Residenz. Die slawische Zeit von Lübecks Vorgängersiedlung endete 1127 mit einer Niederbrennung des Ortes durch rund um Rügen ansässige westslawische Ranen sowie innerslawische Machtkämpfe.
Nach der Zerstörung der ursprünglichen Siedlung 1138 erfolgte im Jahr 1143 die Gründung der „Stadt der sieben „(Kirch)Türme“ und des „Tors zum Norden“ durch Graf Adolf II. von Schauenburg und Holstein auf dem eiförmigem Hügel Buku. Die Anhöhe auf der Halbinsel zwischen Trave und Wakenitz wurde nun, unter anderem durch den Zuzug von Kolonisten aus dem heutigen Westfalen und Rheinraum, zum Standort einer kaufmännischen Siedlung, die sich zur ersten deutschen Hafenstadt an der Ostsee neben der slawischen Niederlassung entwickelte. Nach Norden hin wurde das entstehende Lübeck durch eine von einem Holz-Erde-Wall umschlossene Burg gesichert.
Die Einmischung Graf Adolfs II. in dänische Thronstreitigkeiten führte 1158 zur Übernahme der Burg auf dem Hügel Buku durch seinen Lehnsherrn, den sächsischen und bayerischen Herzog Heinrich den Löwen aus dem Adelsgeschlecht der Welfen.
Mit der Eingliederung der Lübecker Bucht in das „Regnum Teutonicum“, den Teil des Heiligen Römischen Reiches nördlich der Alpen, begann der Aufstieg des neu entstandenen Lübeck, der mit einer Ausdehnung der Stadt über die Elbe hinaus bis zur Ostsee einherging. So wurde auch ein dauerhafter Markt für Kaufleute geschaffen. Lübeck bildete nun zusammen mit Hamburg auf dem Landweg eine wichtige, handelslukrative Städteverbindung, die dem bisher ebenfalls handelsstarken Schleswig einen Bedeutungsverlust einbrachte.
1160 erhielt Lübeck das Soester Stadtrecht (das spätere Lübische Recht). In diese Zeit fallen der Beginn der Kaufmannshanse und die rechtliche Gleichstellung Lübecker Kaufleute mit den bisher im Ostseehandel dominierenden gotländischen Kaufleuten auf Grundlage des Artlenburger Privilegs. Mit der Verlegung des Bistums Oldenburg 1163 nach Lübeck wurde die Stadt auch zum religiösen Zentrum der Region.
Zwischen 1181 bis 1189 befanden sich Stadt und Burg in kaiserlichem Besitz, nachdem Heinrich der Löwe durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa geächtet worden war, da er diesem die Gefolgschaft im Krieg verweigert hatte. Der römisch-deutsche Herrscher entband Lübeck dem Treueschwur an Heinrich und sicherte 1188 durch ein Privileg den territorialen Bestand und die Handelsmöglichkeiten der Stadt. Diese stand bis 1192 wieder unter herzoglich-sächsischer Herrschaft und gehörte mit der dänischen Eroberung Nordalbingiens ab 1202 zum Königreich Dänemark.
Das Hochmittelalter war geprägt durch eine Phase der Konsolidierung von Handel und städtischer Politik.
Die Handelswege wurden durch die Befriedung der Ostsee sicherer. Hafen und Schifffahrt erlebten um 1200 einen weiteren Aufschwung, begünstigt durch die gute geografische Lage und den neuen Schiffstyp Hansekogge. Lübeck wurde zudem ein Auswandererhafen für die Ostkolonisation des Deutschen Ordens.
Bereits seit der Zeit Heinrichs des Löwen verfügte Lübeck über eine auf einem Stadtrat von 24 Ratsherren beruhende Ratsverfassung. Der Rat ergänzte sich selbst aus Zusammenschlüssen der wirtschaftlich stärksten Kaufleute durch Zuwahl und wählte aus der eigenen Mitte bis zu vier Bürgermeister.
Im Jahr 1226, nach der Befreiung der norddeutschen Fürsten und Städte von der dänischen Vorherrschaft, verlieh der römisch-deutsche Kaiser Friedrich II. Lübeck den Status einer freien Reichsstadt und die Eigenstaatlichkeit. Eine weitere dänische Machtausdehnung unter König Waldemar II. konnte 1227 in der Schlacht bei Bornhöved durch eine siegreiche Koalition norddeutscher Fürsten und Städte abgewehrt werden. Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte befestigte und erweiterte man die Stadt zunehmend. Anstelle der Burg wurde das Burgkloster erbaut und ein Einfall des braunschweigisch-lüneburgischen Herzogs Otto II. 1301 markierte den Beginn des Aufbaus einer Landwehr.
Das späte Mittelalter war die große Zeit der Hanse. Deren Hauptort war zunächst Visby auf der schwedischen Insel Gotland. Nach dessen Eroberung 1361 durch den dänischen König Waldemar IV. Atterdag stieg das an einem Kreuzungspunkt verschiedener Handelswege gelegene Lübeck zu einem neuen Zentrum – der erste allgemeine Hansetag fand 1356 in Lübeck statt – der im 13. Jahrhundert zum Städtebund gewandelten Hanse und zur zeitweise wichtigsten Handelsstadt im nördlichen Europa auf. Der Wohlstand der Stadt gründete sich vor allem auf den Umschlag der Rohstoffe und Prestigegüter des Nordens und Ostens gegen Fertigwaren des Westens und Südens. Einen ungehinderten Zugang zur Ostsee sicherte sich Lübeck 1329 mit dem Erwerb der damaligen Fischersiedlung und des späteren Ostseebads und Fährhafens Travemünde.
Ständige Auseinandersetzungen mit Dänemark und die Niederlage der Hanseatischen Flotte unter Befehl des Lübecker Bürgermeisters Johann Wittenborg im Öresund 1365 führten zum für die Hansestädte ungünstigen Frieden von Vordingborg und zur Bildung der Kölner Konföderation als Bündnis im Krieg gegen Dänemark. Nachdem die dänische Festung Helsingborg nach hanseatischer Belagerung unter Brun Warendorps gefallen war, schlossen König Waldemar IV. von Dänemark und das Bündnis der Hansestädte 1370 den Frieden von Stralsund zur Sicherung der hansischen Privilegien und Wirtschaftsinteressen im Norden. Resultate waren die Vormachtstellung der Hansestädte und ein Machthöhepunkt Lübecks im Ostseeraum.
Trotz innerstädtischer Unruhen in Form der durch den Rat blutig niedergeschlagenen „Knochenhaueraufstände“ 1384, bei denen vom Rat ausgeschlossene Handwerker und kleine Kaufleute, die den Krieg gegen Dänemark finanziell mitgetragen hatten, mehr Freiheiten für Ämter und das Mitspracherecht im Rat forderten, war Lübeck bis ins 14. Jahrhundert zu einer der größten Städte des Heiligen Römischen Reiches heran gewachsen. Der Rat fungierte als Oberhof als Apellationsinstanz für alle Hansestädte des Lübecker Rechtskreises.
Lübeck setzte bei seinen Handelsaktivitäten auf eine enge Zusammenarbeit mit Hamburg, das den Nordseeraum und Westeuropa abdeckte, während Lübeck sich nach Skandinavien und in den Ostseeraum orientierte. Der Warenaustausch fand überwiegend auf dem Landweg über die Alte Salzstraße und per Binnenschifffahrt durch den Stecknitz-Kanal statt. Entlang der Ost-West-Route von Novgorod bis Brügge erwarb die Hansestadt von den jeweiligen Machthabern Handelsprivilegien für eigene Kaufleute und Kaufleute verbündeter Städte. Lübeck hatte Einfluss in den Hansekontoren in Novgorod, in Brügge, im Londoner Stalhof und in Bergen. Kleinere Handelsniederlassungen (Faktoreien) bestanden zwischen Lissabon und Smolensk.
Im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts erlebte Lübeck innere Unruhen, die zu einer zeitweiligen Absetzung des Rates und 1410 zu einer Reichsacht führten. Außenpolitisch sah sich die Stadt mit dem Ende des Hansisch-Niederländischen Krieges zunehmend mit den Niederlanden als Konkurrent im Ostseeraum konfrontiert, deren Kaufleute das Stapelrecht umgingen. Einschränkungen der Privilegien der Hanse am Londonder Stalhof lösten den als Kaperkrieg geführten Hansisch-Englischen Krieg der wendischen und preußischen Städte der Hanse gegen England aus, der für das Städtebündnis im Frieden von Utrecht 1474 erfolgreich ausging. Ein schleichender Niedergang der Hanse und das Ende von Lübecks herausragender Stellung in Nordeuropa aufgrund des Verlustes der Funktion als zentraler Umschlagsplatz im Ost-West-Handel hatten jedoch bereits eingesetzt. Schiffe mit Massengütern fuhren nun zunehmend direkt von den Ostsee- in die Nordseehäfen und Waren aus dem russischen Hinterland wurden häufiger über Land transportiert. Daneben gab es eine wachsende Handelskonkurrenz durch die über einen direkteren Zugang zu der neuen atlantischen Wirtschaft verfügenden Niederländer und Engländer.
In der beginnenden frühen Neuzeit geriet das dem Niedersächischen Reichskreis zugeordnete Lübeck nach 1509 aufgrund des Hegemonialstrebens des dänischen Königs Christian II. wieder zunehmend in Fehden mit Dänemark, das den Transithandel zu Land zwischen Lübeck und Hamburg und den Seeweg durch den Sund kontrollierte. Lübeck unterstützte daher die Thronbesteigung des schwedischen Königs Gustav I. Wasa, die Absetzung Christians II. von Dänemark und die Krönung Friedrichs I. (Sohn von König Christian I. von Dänemark, Norwegen und Schweden und dessen Gemahlin Dorothea von Brandenburg) zum neuen dänischen König. Die Insel Bornholm wurde ab 1525 für 50 Jahre lübisch und für Dänemark endete die Zeit der seit 1397 bestehenden Kalmarischen Union (Konzentration der Königreiche Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland in einer Monarchie).
Ab circa 1522 hielt die Reformation Einzug in der Hansestadt. Der Stadtrat berief 1531 den Reformator Johannes Bugenhagen zur Neuordnung des kirchlichen und sozialen Gemeinwesens im reformatorischen Sinn. Das Domkapitel wurde zum Verzicht auf Kirchenvermögen der Stadt gezwungen, die Klöster wurden aufgelöst und in Lateinschulen, Kranken- oder Armenhäuser umgewandelt. Lübeck trat zudem dem Schmalkaldischen Bund (Bündnis protestantischer Landesfürsten und Städte) bei, verließ ihn jedoch bereits kurz darauf wieder, als die katholischen Bürgermeister Nikolaus Brömse und Hermann Tönnies die Stadt verließen und eine Besetzung des Rates mit den Anhängern des protestantischen Ratsherrn Jürgen Wullenwever scheiterte. Dieser versuchte zudem, eine Fehde zwischen Friedrich I. und Christian II. mit militärischen Mitteln zu beeinflussen, mit dem Ziel, die alte Vormachtstellung im Ostseeraum wiederherzustellen. Zur Finanzierung der Kampagnen ließ Wullenwever den Kirchenschatz einschmelzen. Sein Unterfangen war erfolglos und nach der Gefangennahme durch den Erzbischof von Bremen wurde Wullenwever hingerichtet.
Ab 1615 legte man mit der Stadtbefestigung ein modernes Befestigungssystem nach niederländischem Vorbild an.
Lübeck verfügte zunächst über die Befestigung der Stadtgründung des 12. Jahrhunderts auf dem Hügel Buku in Form der Lübecker Burg und eine Stadtmauer mit vier Stadttoren. Um 1217 erfolgte ein Ausbau der die gesamte Altstadt umschließenden Stadtbefestigung. An der Trave waren in regelmäßigen Abständen kleine Tore für den Warentransport zwischen Hafen und Stadt in die Mauer eingelassen. Reste der mittelalterlichen Stadtmauer sind heute noch am nördlichen Rand der Altstadt (entlang der Straßen An der Mauer und Wakenitzmauer) erhalten und zum Teil in Häusern des 17. Jahrhunderts verbaut.
Ergänzt wurde die unmittelbare Stadtbefestigung durch eine die Stadt und ihr Außenterritorium umgebende Landwehr (Lübecker Landgraben) in Form eines gestaffelten Systems mit Wehrtürmen, die teilweise weiter als 25 Kilometer von den Stadttoren entfernt standen, sowie Wallgrabenanlagen aus dem 14. Jahrhundert. Ab den 1610er Jahren entstand dann eine Bastionärbefestigung unter dem Festungsbaumeister Johan van Valckenburgh mit einer umfassenden Außenbefestigung nach Plänen Johan van Rijswijks.
Im frühen 19. Jahrhundert verloren die einst mächtigen Wallanlagen ihre Funktion und wurden, bis auf die symmetrischen Bastionen zwischen Holstentor und Puppenbrücke sowie dem ehemaligen Mühlentor, abgetragen.
Während des Dreißigjährigen Krieges bewahrte Lübeck Neutralität und war 1629 Ort des Friedens von Lübeck zwischen den kaiserlichen Truppen und den protestantischen Kräften König Christians IV. von Dänemark. In die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts fielen aber auch eine Umorientierung der europäischen Handelsströme nach Westen und das zunehmende Eindringen niederländischer Schiffe in die Ostsee, was sich in einem erheblichen Bedeutungsverlust des Lübecker Fernhandels niederschlug. 1669 fand schließlich der letzte Hansetag in Lübeck statt. Die Städte Lübeck, Hamburg und Bremen wurden als Sachwalter der Hanse und ihres Restvermögens eingesetzt. Nach der Abschaffung der Stapelrechts 1728 war Lübeck nur mehr ein reiner Transithafen.
In der Innenpolitik wurde 1665 eine Verfassungsreform durchgeführt. Mit diesem sogenannten Kassarezess räumten die Patrizierfamilien dem Bürgertum Mitspracherechte vor allem im Finanzhaushalt und in vielen politischen Punkten ein. Die Ratszusammensetzung wurde ebenfalls geregelt.
Das 18. Jahrhundert war durch einen Aufschwung in Kultur und Kunst geprägt. Es entstanden aufgeklärte Salons, die Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit und die deutschlandweit bekannte Stockelsdorfer Fayencemanufaktur.
Nach dem Reichsdeputationshauptschluss (unter anderem Mediatisierung: Übergehen des Gebietes fast aller Reichsstädte und der bisher reichsunmittelbaren kleineren weltlichen Herrschaften an sie umgebendes größeres Territorium) 1803 war Lübeck bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches im Jahr 1806 noch reichsunmittelbare Stadt, dann wurde es zu einem souveränen deutschen Staat. Schon wenige Jahre später führte die Schlacht bei Lübeck im Vierten Koalitionskrieg aufgrund der Niederlage der preußischen Truppen gegen die französischen Truppen Napoleons zur Besetzung und Plünderung der neutralen Stadt durch napoleonische Truppen unter Marschall Bernadotte (als Gouverneur der besetzten Hansestädte). Frankreich setzte eine isolationspolitische, handelslähmende und wirtschaftschädigende Kontinentalsperre gegen England durch und von 1811 bis 1813 war Lübeck Teil des französischen Köngreiches. Nach der Niederlage Frankreichs in der Völkerschlacht bei Leipzig wurde Lübeck an Bernadotte, jetzt als schwedischer Kronprinz Gegner Napoleons, übergeben. Der schwedische General Eberhard Ernst Gotthard von Vegesack fungierte als Militärgouverneur von Lübeck.
1815 wurde Lübeck auf dem Wiener Kongress als Freie und Hansestadt zu einem souveränen Mitglied des Deutschen Bundes (ein politisches Gesellschafts- und Vertragsverhältnis, Staatenbund). Obgleich die Streitigkeiten mit Dänemark um Lübecker Verkehrswege durch umgebende dänische Territorien (Schleswig, Holstein, Herzogtum Lauenburg) weiter andauerten, konnte die Stadt einen langsamen wirtschaftlichen Aufschwung aufgrund der Unterstützung des Handels durch Schweden und Russland verzeichnen.
Das Revolutionsjahr 1848 brachte Verfassungsänderungen mit sich. Alle Bürger durften durch die Wahl eines Parlaments am Stadtregiment teilhaben.
Nach dem Beitritt zum Norddeutschen Bund (unter Führung Preußens) 1866 und zum Zollverein 1868 wurde Lübeck 1871 zu einem Gliedstaat des Deutschen Kaiserreiches. Damit endete die seit 1806 bestehende völkerrechtliche Souveränität des Stadtstaats. Zeitgleich mit diesen großen politischen Veränderungen setzte die Industrialisierung ein und Lübeck erhielt 1851 Anschluss an das Eisenbahnnetz. Dies ging einher mit einem raschen Anstieg der Bevölkerungszahl. Mit der Aufhebung der Torsperre 1864 wuchs Lübeck erstmals über die Altstadtinsel hinaus, die Vorstädte breiteten sich aus. Ende des 19. Jahrhunderts investierte man massiv in den Ausbau des Hafens und legte den Elbe-Lübeck-Kanal an. Der Altstadtbereich wurde infolge der Modernisierungen zur Insel und Lübeck zur Großstadt.
Nach dem Ende des Kaiserreichs 1918 fand in Lübeck direkt nach Kiel am 5. November ein Matrosenaufstand statt, auch ein Arbeiter- und Soldatenrat wurde, wie in etlichen anderen Städten, gebildet. Doch gab es durch die Novemberrevolution in Lübeck keine Verwerfungen und fast alle Senatoren verblieben im Amt. 1920 wurde eine neue, erste demokratische Verfassung erlassen. Die Freien Hansestädte unterhielten fortan eigenständige Vertretungen beim Reich. Nach der Aufgabe der Funktion als militärischer Standort wurde Lübeck durch den Einzug einer Kompagnie der Reichswehr wieder zur Garnisonsstadt.
Im März 1933 führte die NSDAP die Gleichschaltung auch in Lübeck durch. Der SPD-Bürgermeister und die sozialdemokratischen Senatoren traten zurück, die Bürgerschaft wurde abgeschafft und die demokratischen Verfassungsprinzipien außer Kraft gesetzt. 1937 verlor Lübeck mit dem Groß-Hamburg-Gesetz und der Eingliederung in die preußische Provinz Schleswig-Holstein seine Reichsfreiheit.
Die Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges richteten auch in Lübeck große Schäden an, etwa ein Viertel der Gebäude der Altstadt wurde zerstört. Vor weiteren Bombardierungen bewahrt wurde die Stadt durch eine Intervention des Schweizer Diplomaten und Präsidenten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Carl Jacob Burckhardt. 1944 erreichte er die Erklärung des Hafens zum Umschlagplatz für Schiffe des Roten Kreuzes. Am 2. Mai 1945 wurde Lübeck fast kampflos durch die British Army besetzt. Einen Tag später jedoch ereignete sich ein Schiffsunglück in Lübecker Bucht: alliierte Flieger versenkten drei Schiffe mit KZ-Häftlingen an Bord.
Am 4. Mai 1945 schließlich erfolgte die Kapitulation aller deutschen Truppen in Nordwestdeutschland. Durch den Zuzug von Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten wuchs die Bevölkerungszahl Lübecks, nun ein Bestandteil des Bundeslandes Schleswig-Holstein, nach 1945 stark an.
1987 ernannte man die durch die Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges nicht zerstörten, erhaltenen Teile des mittelalterlichen Stadtkerns auf der Altstadtinsel zum UNESCO-Welterbe. Das älteste Bebauungsgebiet Lübecks, das 1942 zerstörte Gründungsviertel im Westen der Altstadtinsel zwischen der Kirche St. Marien und dem Uferbereich der Trave, wird seit 2009 nach historischen Vorgaben wieder errichtet.
Besichtigung
Die hauptsächlich auf einer von Resten der Wallanlagen umgebenen Insel zwischen der Trave und dem Elbe-Lübeck-Kanal (der Wakenitz) gelegene und über Brücken mit den Vorstädten verbundene, in der Mitte des 12. Jahrhunderts als Kaufmannsstadt neu gegründete Altstadt ist durch Gebäude im Stil der Backsteingotik und kopfsteingepflasterte Gassen geprägt. Etwa 1600 der Bauten sind denkmalgeschützt.
In der Vergangenheit war die Altstadt administrativ in vier nach jeweils einem Schutzpatron benannte Quartiere gegliedert, die sich noch deutlich ausmachen lassen: das Marien-Magdalenen Quartier im Nordwesten (einst Hof des Deutschen Ordens, Burgkloster), das Marien Quartier im Südwesten (Marienkirche), das Jakobi Quartier im Nordosten (Jakobikirche, ehemals Hauptsitz der Leder- und Textilhandwerker sowie Brauer), und das Johannis Quartier im Südosten (Johanniskloster, Anwesen von Kaufleuten, Handwerkern und Adeligen).
Auch die historische Straßengliederung, durch die rechteckige Bebauungsblöcke entstanden, lässt sich leicht nachvollziehen: Eine übergeordnete Straße führt vom Burgtor im Norden in
Richtung Süden. An der zentralen Trasse befinden sich der Marktplatz, der Koberg und der Klingenberg. Dazwischen verläuft die Nord-Süd-Trasse auf zwei parallelen
Straßenzügen, der Königsstraße im Osten und der Breiten Straße im Westen. Abgehende Rippenstraßen erschließen Westen und Osten der Altstadt. Deren Bild wird durch sieben
Kirchen und Giebelhäuser verschiedenster Epochen mit dahinter anschließenden Gängen und verwinkelten Höfen, in denen sich einst „Buden“ (meist zweistöckige Gebäude auf
Einzimmergrundriss, die als Wohnräume der Angestellten dienten) befanden, geprägt.
Umschlossen ist der Stadtkern von Resten der mittelalterlichen Stadtmauer mit den noch existierenden Toren Burgtor und Holstentor (nicht mehr vorhanden sind das
Mühlentor und das Hüxertor) sowie erhaltenen Wallanlagen mit symmetrischen Bastionen zwischen Holstentor und Puppenbrücke.
Eine Möglichkeit, die Altstadtinsel zu erkunden und dabei möglichst viele der zahlreichen historischen Gebäude und vielfältigen Architekturstile zu sehen, ist ein Rundgang von Norden nach Süden
mit Abstechern nach Westen und Osten.
Im Nordwesten der Altstadt steht das in heutiger Form 1444 im spätgotischen Stil anstelle eines romanischen Vorgängerbaus innerhalb der Befestigungsanlage errichtete Burgtor. Benannt ist es nach der erhöht über der Trave gelegenen, 1227 zum Burgkloster umgebauten Burg. Ursprünglich bildete es das innere Tor eines starken Systems aus drei hintereinander gelegenen Toren, die bis zur Anlegung des Elbe-Lübeck-Kanals den einzigen Landzugang von Norden in die Großen Burgstraße und die Innenstadt sicherten.
Östlich an den Turmbau angegliedert ist das mit Terrakottafriesen verzierte Zöllnerhaus. Das traufständige Backsteingebäude im Renaissancestil von 1571 mit Zwerch- und Stufengiebel sowie einem hölzernen Erker ist in die Stadtbefestigung eingebunden. In seinem Inneren beherbergt es eine Diele aus dem 18. Jahrhundert und hinter umgebenen Mauern befindet sich ein abgeschlossener Garten mit einer in einen offenen Halbrundturm der alten Stadtmauer erhöht hinein gelegten Terrasse.
Der 1298 erstmals genannte Marstall schließt westlich an das Burgtor an. Bis in die Neuzeit wurde der Marstallhof als Wache der Ordnungshüter (Reitdiener) genutzt, heute sind dort ein Jugendzentrum und eine kunsthandwerkliche Weberei eingerichtet.
Zwischen dem Burgtor und dem Platz Koberg liegt das am schmalen Zugang zur Altstadtinsel anstelle der slawischen Burg Bucu und landesherrlichen Burg (1143) der Grafen von Schauenburg erbaute und 1221 durch eine gemeinsame Ummauerung zusammen mit der Domstadt mit der Bürgerstadt vereinte Burgkloster (Maria-Magdalenen-Kloster). Das ehemalige Dominikanerkloster ist die größte hochgotische Klosteranlage Norddeutschlands. Es entstand ab 1226 nach der Gefangennahme des dänischen Statthalters Albrecht von Orlamünde in der Schlacht bei Mölln und der Bestätigung des Barbarossa-Privilegs durch den Reichsfreiheitsbrief. Dieser verhinderte durch den Abriss der landesherrlichen Burg einen möglichen erneuten Anspruch Graf Adolfs IV. von Schauenburg auf die Stadtherrschaft.
Nach einem Stadtbrand 1276 erfolgte ein Neubau des Klosters und der Klosterkirche St. Marien-Magdalenen als backsteingotische Basilika, die jedoch 1806 aufgrund statischer Probleme abgerissen werden musste. Mit der Einführung der Reformation wurde das Kloster 1531 zu einer evangelischen Kirche umgewandelt und ein Armenhaus eingerichtet. Größere bauliche Veränderungen gab es in den 1890er Jahren mit der Aufstockung des Obergeschosses der Klausur und einer Umgestaltung der Fassade zur Großen Burgstraße im neogotischen Stil.
Das Burgkloster fungierte bis 1962 als Gerichtsgebäude und Untersuchungsgefängnis und ist heute Sitz des Landesamtes für soziale Dienste. Seit 1976 werden die mittelalterlichen Bauteile freigelegt und die Räumlichkeiten zu Museums- und Kulturzwecken (Europäisches Hansemuseum) umgestaltet. Besucher können durch den vierflügeligen gotischen Kreuzgang wandeln sowie den zweischiffigen Kapitelsaal, die Sakristei, das Winterrefektorium und das Sommerrefektorium mit seiner zweischiffigen Gewölbehalle mit spätromanischen Architekturformen besichtigen. Außerhalb der Klausur sind die das Hospital und das Beichthaus aus dem 14. Jahrhundert sehenswert. Zudem besticht das Klostergebäude im Inneren mit oft als Konsolen- und Gewölbeabschlusssteine ausgeführten Steinplastiken, mittelalterlichen Mosaikfußböden und Fresken wie der Darstellung der Gregorsmesse in der Sakristei.
Den ursprünglich einzigen Landzugang zur heutigen Innenstadt stellte die Große Burgstraße im Jakobi Quartier dar. Im Mittelalter diente sie als Ausspanne für Fuhrwerke und Kutschen aus dem nordöstlichen Mecklenburger Umland und lockte mit zahlreichen Gasthöfen. Die Straße säumende Gebäude sind zum Beispiel die in den 1890er Jahren als Gerichtshaus mit gotisierender, türmengeschmückter Fassade erbaute Nr. 4 und die ab 1588 als Bischofsherberge, Lübecker Stadthaus der Bischöfe von Ratzeburg, nach 1648 als Sitz der Herzöge von Mecklenburg und ab 1720 als Gastwirtschaft genutzte Nr. 11 mit einer klassizistisch überformten Fassade und einem Inneren im Stil der Renaissance.
Eines der ältesten erhaltenen backsteingotischen Bauwerke in der Altstadt stellt der Kranen-Konvent (Kleine Burgstraße 22) von 1283 dar, der über einen schlichten dreieckigen, vertikal gegliederten Giebel verfügt. Errichtet wurde er als Beginenhaus (eine religiöse Gemeinschaft weiblicher Laien) nach einer Stiftung des angesehenen Bürgers Willekinus Crane. In der Renaissance baulich überformt, wurde das Gebäude ab dem Ende des 18. Jahrhunderts als Armenhaus für Frauen und Siechenhaus genutzt. Heute ist in den Räumen ein Teil der benachbarten Ernestinenschule beherbergt. Der dreischiffige, kreuzrippengewölbte Keller des Kranen-Konvents gilt als ältester Gewölbekeller in Lübeck.
Der Großen Burgstraße folgend gelangt man zum Platz Koberg im Norden der Altstadtinsel. Die Nord-Süd-Erschließung Lübecks teilt sich hier in Königstraße und Breite Straße auf. Der Koberg bildet das städtebauliche Gegenstück zum Klingenberg (einstiger Markt für Schmiedewaren) im Süden und ist der zweite große Marktplatz nach dem Markt. Zwischen 1889 und 1936 trug er den Namen Geibelplatz.
Die Ostseite des Kobergs wird durch das 1286 vollendete Heiligen-Geist-Hospital im Stil der Backsteingotik mit seiner dreigiebeligen Schaufront mit vier schlanken Türmchen eingenommen. Das in Tradition der Heilig-Geist-Spitäler nach dem Vorbild von Santo Spirito in Sassia in Rom stehende Monumentalbauwerk ist eine der ältesten bestehenden Sozialeinrichtungen der Welt. Gegründet wurde es 1227 unter anderem durch den Kaufmann Bertram Morneweg als Stiftung für Wohlfahrtspflege und besaß Kapazitäten zur Aufnahme von 100 kranken Menschen. Während der Reformation wandelte man das Hospital, das zahlreiche Ländereien und Güter in und um Lübeck besitzt, in ein „Altenheim“ um und auch aktuell werden Teile des Gebäudes für die Seniorenpflege genutzt. An der Südseite und in den Kellergewölben laden gastronomische Einrichtungen zum Einkehren ein.
Auffällig ist die Gliederung der Fassade durch schlanke Türmchen und einen Zickzack der Dachgiebel mit einem später hinzu gefügten Reiter auf dem mittleren Giebel. In das Gebäude integriert ist eine dreischiffige Hallenkirche mit großformatigen Wandgemälden aus den 1320er Jahren (Salomonischer Thron, erhöhter Christus „Maiestas Domini“, auf Eichenholztafeln gemalte Darstellungen der heiligen Elisabeth). In der großen Halle (Langhaus) standen die Betten der Patienten und Bewohner ursprünglich frei in vier Reihen. Im frühen 19. Jahrhundert baute man dann von oben offene, hölzerne Kammern ein.
Hinter dem klassizistischen Ensemble Königstraße 3–11 und dem Gebäude des Heilig-Geist-Hospitals wurden die ruhigen Bürgergärten in Form eines teilweise im Stil eines Klostergartens sowie des Klassizismus gehaltenen Skulpturenparks angelegt.
An der Südseite des Kobergs ragt die Hauptpfarrkirche St. Jakobi empor. Sie besitzt die Form einer um 1300 anstelle eines romanischen Vorgängerbaus neu entstandenen, dreischiffigen backsteingotischen Hallenkirche. In den 1650er Jahren erhielt der Helm der Turmspitze vier kugelige Verzierungen an den Ecken. Der heutige Dachreiter ist barock, geht jedoch auf eine Dachzier von 1496 zurück.
Sehenswert im Innenraum der Kirche sind die nördliche Turmkapelle, als Pamir-Kapelle mit einem Rettungsboot des 1957 gesunkenen Segelschulschiffs eine Gedenkstätte für die zivile Seefahrt, mittelalterliche Fresken, der Broemsenaltar von um 1500 und der Hochaltar von 1717.
Neben der Kirche liegt zum Koberg hin der Jakobikirchhof mit ehemaligen Pastoratsgebäuden. Die dreigeschossigen Traufhäuser im Stil der niederländischen Backsteinrenaissance stammen aus dem frühen 17. Jahrhundert.
Westlich von St. Jakobi säumt den Koberg eine Reihe sehenswerter Bauten mit interessanten architektonischen Details aus mehreren Jahrhunderten.
Zu diesen zählen das Haus der Kaufmannschaft mit einer neogotischen Putzfassade (1838) und renaissancezeitlichen Sitzungssälen mit geschnitzter Einrichtung sowie das Gebäude Breite Straße 2 in der Südwestecke des Kobergs. Das einstige Gildehaus des 1401 als St.-Nikolaus-Bruderschaft gegründeten Seefahrerverbandes diente ab 1535 als Haus der Schiffergesellschaft und beherbergt heute eine Gaststätte. Gehalten ist das Gebäude der ehemaligen Lübecker Schifffahrtskompagnien im Stil der Frührenaissance. Vor dem Eingang wurde der „Gotteskeller“ vorgebaut und auf dem Giebel thront eine goldene Wetterfahne in Form eines Segelschiffs. Im Inneren befindet sich das als Bankreihen dienende „Gelage“ mit Backwangen/Gestühle, die früher mit Wappendarstellungen die Tische der Schifffahrtskompagnien zierten, sowie das vermutlich älteste erhaltene Kajak der Grönland-Expedition (1605/1606).
Nördlich von St. Jakobi steht das größte erhaltene mittelalterliche Bürgerhaus Lübecks, das aus zwei backsteingotischen Giebelhäusern bestehende, seit dem Ende des 18. Jahrhunderts straßenseitig mit einer gemeinsamen klassizistischen Attikafassade versehene Hoghehus (Koberg 2). Das um 1307 erstmals urkundlich genannte Grundstück war Teil von mehreren, wohl um 1200 gebildeten, zur Trave herab reichenden und im Umfeld der Burg einen Markthandelsplatz formenden Grundstücken (Kurien). Ab 1216 wurde ein erstes Gebäude im romanischen Stil mit einem als Saalbau ausgeführten Seitenflügel errichtet. Am Anfang des 14. Jahrhunderts erfolgte die Erneuerung des Vorderhauses, weitere Umbaumaßnahmen gab es in der Mitte des 15. Jahrhunderts. Das Innere des durch wechselnde Privatpersonen, vor allem Ratsherren, genutzten Hoghehuses prägen gotische und renaissancezeitliche Decken- und Wandmalereien, eine barocke Treppe und ein Saal mit Stuckdecke aus dem 18. Jahrhundert.
In dem mit Treppengiebeln versehenen Renaissancegebäude (ein ehemaliges Brauhaus aus dem 16. Jahrhundert) in der Nordwestecke des Kobergs (Kleine Burgstraße 24–26) befindet sich die Ernestinenschule. Das städtische Gymnasium wurde 1804 als Lehranstalt für Töchter gegründet.
Die Mitte des Kobergs nimmt das Neue Burrecht ein. Es war ursprünglich ein unter freiem Himmel tagendes, erstinstanzliches Land- und Marstallgericht und zuständig für das Lübecker Territorium außerhalb der Torzingel aber innerhalb der Landwehr. Ab etwa 1811/1813 wurde es durch das neu eingerichtete Landgericht abgelöst. Das Gerichtshäuschen, ein quadratischer Pavillon auf einem niedrigen Sockel, diente ab der Mitte des 18. Jahrhunderts nach dem Umzug des Marstallgerichts in das Marstallgebäude bis zu seinem Abriss 1840 als Verkaufsstand für Rindfleisch. 1997 errichtete man eine Neuinterpretation des Burrechts in Anlehnung an die historische Gerichtslaube.
Vom Koberg in Verlängerung der Großen Burgstraße parallel zur Breiten Straße verläuft die in die Mühlenstraße mündende Kulturmeile Königstraße.
Der erste Abschnitt führt durch ein geschlossenes klassizistisches Ensemble mit dem Versammlungshaus der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit (Nr. 5/7). Errichtet um 1330, wurde es 1804 umgestaltet, wobei die dreiachsige Fassade entstand. Seit dem späten 19. Jahrhundert wird es gemeinnützig genutzt. Das Gesellschaftshaus verfügt über eine Verbindung mit dem Haus Königstraße 7 (15. Jahrhundert), das eine von einem Zwerchhaus bekrönte Putzfassade besitzt, und dem klassizistischen Gebäude des Museum Behnhaus (Nr. 9/11), einem ursprünglich großbürgerlichen Wohnhaus von 1783. 1823 erwarb es der Arzt Georg Heinrich Behn. Heute ist im Behnhaus, das 1981 um das benachbarte Drägerhaus mit mehreren ineinander übergehenden Festsälen im Gartenflügel ergänzt wurde, ein Kunstmuseum untergebracht. Zu besichtigen sind dort die Galerie des 19. Jahrhunderts und der Klassischen Moderne, eine Präsentation von Malerei der Nazarener sowie bürgerliche Wohnkultur des Rokoko, Klassizismus und Biedermeier.
Das ehemalige Haus der Junker- und Zirkelgesellschaft und seit 2007 Willy-Brandt-Haus (Nr. 21) mit seinen Friede und Eintracht darstellenden Giebelfiguren sowie dem Zirkelgesellschaftssignum an der 1770 gestalteten Fassade passierend gelangt man zum ältesten erhaltenen Profangebäude Lübecks, der backsteinromanischen Löwen-Apotheke (Ecke Dr.-Julius-Leber-Straße) aus der Zeit vor den Stadtbränden im 13. Jahrhundert. Erstmals bebaut wurde das Grundstück durch die Ratsfamilie Stalbuk um 1230 mit einem backsteinernen Giebelhaus. 1358 folgte die Hinzufügung des gotischen Hauptgiebels und 1403 des kleineren Nebengiebels. Am Anfang des 16. Jahrhunderts erhielt das Anwesen ein Renaissance-Portal. 1812 dann wurde die bis heute bestehende Löwen-Apotheke durch Adolph Christoph Sager begründet.
Hinab in die ehemalige Niederung der Wakenitz und einst zum Glockengießerturm führt vom Kamm der Altstadtinsel nach Osten die Glockengießerstraße, die einige bedeutsame, von Kaufleuten gestiftete Gänge und Höfe säumen. Zu den sehenswerten Bauten zählen unter anderem das Günter-Grass-Haus (Nr. 21), der Füchtingshof (Nr. 23), das 1397 als Armenhaus gestiftete und 1783 mit einer strenggegliederten Zopfstilfassade neu erbaute Wickede-Stift (Nr. 8) und Glandorps Gang.
Die an der Ecke Königstraße/Glockengießerstraße ab der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstandene ehemalige Franziskaner-Klosterkirche St. Katharinen präsentiert sich als turmlose backsteingotische, dreischiffige und neunjochige Basilika mit asymmetrischen Seitenschiffen, epolygonalem Chorschluss, zweischiffigem Querhaus und Dachreiter von 1399 sowie Nischen-Figuren (Frau im Wind, Bettler, Singender Klosterschüler; Christus als Schmerzensmann, Brandstifter, Jungfrau, Mutter und Kind, Kassandra und Prophet) der Bildhauer Ernst Barlach und Gerhard Marcks. Das Katharinenkloster bestand als Konvent des Bettelordens der Franziskaner von 1225 bis 1531. In der Reformation wurde es zur Lateinschule Katharineum zu Lübeck umgewandelt und im 17. Jahrhundert wurde die Katharinen- zu einer Filialkirche der Marienkirche. Seit dem 19. und wieder ab dem Ende des 20. Jahrhunderts fungiert die 2015 sanierte Basilika als Ausstellungsraum des Museums für Kunst und Kulturgeschichte.
Im Inneren der Katharinenkirche ist der Chorraum als Hochchor über einem bis in die Vierung hochgezogenen Unterchor in Hallenform gestaltet. Die reiche Ausmalung datiert in gotische Zeit (14. Jahrhundert). Besondere Kunstwerke sind die Triumphkreuzgruppe (1450) an der Schnittstelle zwischen Langschiff und Chor, ein Szenen aus dem Leben des heiligen Franziskus zeigendes Fresko (1510/1515) und ein 1576 entstandenes Monumentalgemälde mit einer Darstellung der Auferweckung des Lazarus von Jacopo Tintoretto. Von der Funktion der Katharinenkirche als Grablege etlicher Lübecker Bürger zeugen Grabsteine und Epitaphien vom Mittelalter bis späten 18. Jahrhundert. An der nördlichen Seite des Chors schließlich ist das spätgotische traufenständige Haus der Werkmeister mit seiner barocken Fassade einen genaueren Blick wert.
Das gemeinsam mit dem Holstentor wohl bekannteste Gebäude Lübecks ist das westlich der Königstraße in der Mengstraße 4 stehende und den literarischen Schauplatz von Thomas Manns Gesellschaftsroman „Buddenbrooks. Verfall einer Familie“ (1901) darstellende Buddenbrookhaus (Heinrich-und-Thomas Mann-Zentrum). Seit 1993 Gedenkstätte, beherbergt es den Förderverein Buddenbrookhaus, die Deutsche Thomas Mann-Gesellschaft, die Heinrich Mann-Gesellschaft, die Golo Mann-Gesellschaft und die Erich-Mühsam-Gesellschaft sowie ein Museum mit zwei festen Ausstellungen (seit 2000): „Die Buddenbrooks – Ein Jahrhundertroman“ und „Die Manns – eine Schriftstellerfamilie“. Eine neue Ausstellung mit dem Titel „Vom Elternhaus zur Menschheit“ soll es ab 2023 geben.
Das Grundstück in der Mengstraße und ein Haus eines Arnoldus Calvus wurden 1289 erstmals schriftlich genannt. Nachfolgende Eigentümer des an einer überwiegend von Kaufleuten bewohnten Hafenstegstraße stehenden Gebäudes waren Fernhändler, Ratsherren, Bürgermeister und Ratsverwandte.
1758 erwarb der Nowgorodfahrer Johann Michael Croll das Anwesen und ließ einen Neubau mit weißer Spätbarockfassade errichten, die „Zeit“ und „Wohlstand“ symbolisierende Figuren unterhalb des Giebels zieren. Unter der Giebelfassade gewährt ein Eingangsportal im Stil der Renaissance Zugang zum sogenannten Crollschen Haus. Dieses steht auf einem 12 Meter breiten Streifen und reicht etwa 50 Meter in den Baublock hinein. Der Gebäudekomplex setzt sich aus dem circa 29 Meter tiefen Hauptgebäude, einem östlich angebauten Seitenflügel, einem Gartenhaus und einem abschließenden Quergebäude (Speicher) zusammen. Das Vorderhaus wurde für den Geschäftsbetrieb und die vorübergehenden Lagerung der Waren genutzt und auf der Diele im Erdgeschoss befand sich die Küche unweit des Zugangs zum Gewölbekeller. Die Haupttreppe in der Diele gewährt Zugang zum Wohngeschoss beziehungsweise den repräsentativen Räumen im ersten Stock. Über dieser Belétage bfindet sich noch ein flaches Dachgeschoss. Als eigentlicher Wohntrakt diente der angeschlossene Seitenflügel.
In den 1820er Jahren ließ Johannes Croll das Haus im Stil des Klassizismus umgestalten. 1842 dann kaufte Johann Siegmund Mann jr. das Anwesen. Thomas Johann Heinrich Mann übernahm 1863 die Geschäfte.
1882 verlegte die Familie den Firmensitz von der Mengstraße in die Beckergrube 52 in ein neu erbautes Wohnhaus. Das Gebäude in der Mengstraße blieb aber weiterhin Wohnhaus älterer Generationen der Familie Mann.
Nach dem Übergehen des Hauses in Staatsbesitz (1894) wurden Umbauten (Abriss der Hintergebäude, Umgestaltung des Interieurs) durchgeführt. Es folgten unterschiedliche Nutzungen (z.B. als Katasteramt, Nachtstation der Laternenwächter und Lübeckische Staatslotterie). 1922 eröffnete man die bis 1929 bestehende Buddenbrook-Buchhandlung.
Bei den Luftangriffen im Jahr 1942 wurden große Teile des Hauses zerstört, nur die Fassade und der barocke Gewölbekeller blieben erhalten. Ab 1958 erfolgte ein fast originalgetreuer Wiederaufbau des Hauses (allerdings ohne Seitenflügel und mit einer veränderten Raumaufteilung), das nach seiner Rückkehr in den Besitz der Hansestadt Lübeck 1993 – 90 Jahre nach Erscheinen der „Buddenbrooks“ – zum Sitz des Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrums wurde.
In den dortigen Ausstellungen werden die wichtigsten Lebens- und Werkstationen der Familie Mann anhand von Bildmaterial, Filmaufnahmen und Hörstationen präsentiert. Die Belétage ist im Landschaftszimmer und Speisesaal dem Roman „Buddenbrooks“ gewidmet und zeigt anhand von Rauminszenierungen dessen Entstehungs- und Wirkungsgeschichte.
Aktuell wird das frühere Kaufmannshaus bis etwa 2023 umgebaut – mit dem Ziel der architektonischen Reflexion der bürgerlichen Tradition und baulichen Erweiterung sowie der Weltgeltung der Familie Mann und ihres Werks. Den inhaltlichen Auftakt der neuen Dauerausstellung bilden dann Thomas Manns „Buddenbrooks“ und Heinrich Manns „Professor Unrat“. Nachgezeichnet wird dabei der Weg der Familie Mann von Lübeck in die Welt anhand der Struktur Biographie, Zeitgeschichte und Literatur.
Gegenüber dem Buddenbrookhaus im Viertel der Kaufleute ragt am höchsten Punkt der Altstadtinsel hinter dem Rathaus die im Stil der Backsteingotik von 1277 bis 1351 errichtete Markt- und Hauptpfarrkirche St. Marien auf. Sie besitzt die Form einer 130 Meter langen dreischiffigen Basilika mit Einsatzkapellen, Chorumgang, Kapellenkranz und querschiffartigen Vorhallen sowie einer Doppelturmfassade im Westen.
Die Marienkirche entstand nach der Stiftung des Domkapitels durch Heinrich den Löwen 1163 als Holzkirche, die ab den 1170er Jahren durch eine romanische Backsteinkirche ersetzt wurde. Vor dem Hintergrund der Demonstration weltlicher Macht gegenüber dem Bistum Lübeck erfolgte ab 1277 ein Neubau nach Vorbild der hochaufstrebenden gotischen Kathedralen in Frankreich und Flandern aus Naturstein. Die aus gleichartigen, nicht sehr hohen Geschossen bestehenden und an Materialvielfalt reichen Türme verfügen über gotische Fenster, jedoch sind keine Strebepfeiler vorhanden.
Als Hauptpfarrkirche des Rates und der Bürger wurde St. Marien reich mit Stiftungen ausgestattet. Bei den Luftangriffen 1942 brannte sie fast vollständig aus. Vernichtet wurden unter anderem die berühmte Totentanzorgel, 36 mittelalterliche Holzskulpuren und Tafelgemälde. Der Wiederaufbau begann 1947, im Zuge dessen man den Innenraum umgestaltete und die gotischen Fresken, zum Beispiel die in Rot, Grün und Ocker gehaltene „Verkündigungsszene mit einem Engel zwischen zwei Pilgern“, restaurierte. Der beauftragte Maler Lothar Malskat ersetzte sie jedoch teilweise durch eigene Malereien, weshalb lange Zeit ein Fälschungsvorwuf kursierte.
Man erreicht das Innere der Kirche durch das aufwändig gestaltete Westportal aus Sandstein mit einem Bogen aus Maßwerk sowie die anschließende Vorhalle mit frühgotischen Steinmetzarbeiten. Das Mittelschiff beeindruckt mit seinem Backsteingewölbe, mit 38,5 Metern das höchste der Welt und getragen durch ein System aus Strebebögen.
Insgesamt neunzehn Kapellen besitzt St. Marien, darunter zum Beispiel die Bürgermeisterkapelle als eigene Kapelle des Rats von 1390 an der Südostecke des Chorumgangs mit einer Trese (Aufbewahrungsort der Ratsdokumente) im Obergeschoss, Grabkapellen an der Nordseite des Langhauses oder die um 1444 am östlichen Abschluss des Chorumgangs angebaute Marienkapelle als letzte gotische Erweiterung der Kirche.
Trotz des Brands 1942 haben sich einige Stücke der mittelalterlichen Ausstattung erhalten. Dazu gehören unter anderem ein bronzenes Taufbecken von Hans Apengeter (1337), Reste des originalen Gestühls, das 1518 entstandene, das Marienleben zeigende Antwerpener Retabel in der Marientidenkapelle, ein Abendmahlsrelief im Chorumgang, überwiegend barocke Epitaphien, der barocke Fredenhagenaltar aus belgischem Marmor und Adneter Rotmarmor von 1697 (seine einzelnen Bestandteile sind im Kirchenraum verteilt aufgestellt) und eine Kopie des Lübecker Totentanzes (1701). Nicht mehr original ist die hinter dem Hochaltar im Chorumgang stehende Astronomische Uhr aus den 1560er Jahren. Das seit 2019 neunstimmige Geläut im Nordturm gilt als eines der größten und tontiefsten seiner Art in Norddeutschland.
Südlich der Marienkirche erstreckt sich der eine einst stark frequentierte Verbindung zwischen Rathaus und Mengstraße darstellende und bis in das 19. Jahrhundert als Friedhof genutzte Marienkirchhof, eingefasst durch die Nordfassade des Rathauses, das Kanzleigebäude und das Marienwerkhaus. An den Gebäudefassaden kann man kleine dekorative Details wie die Darstellung Lübscher Sagen entdecken. So war an der Errichtung der Marienkirche angeblich der Teufel beteiligt, weil er glaubte, dass dort ein Wirts- und kein Gotteshaus entstand. Eine kleine Teufelsfigur im Marienkirchhof erinnert an diese Geschichte. Der am Westen und Norden an den Kirchhof anschließende Platz ist seit dem nach Abriss der kleinteiligen mittelalterlichen Bebauung ein offener Bereich, nur an der Ecke Schlüsselbuden/Mengstraße sind noch Fundamentsteine der Kapelle Maria am Stegel (1415) zu sehen.
Dem Kirchhof gegenüber steht an der Mengstraße der dreiteilige backsteinerne Baukörper des Pastorats (Wehde) mit Fassaden des 18. Jahrhunderts. Erstmals 1393 genannt, erfolgte 1840 ein teilweiser Neubau. Die Wehde besteht aus einem Mittelbau mit Rokokomansarddach und zwei flankierenden Seitenbauten (östlich die Prediger-Wohnung, westlich die Witwen-Wohnung) mit Treppengiebeln (1700) im Stil der Spätrenaissance. Bis 1942 bildete das eigentliche Pfarrhaus den Abschluss des Innenhofs.
Östlich der Marienstraße liegt parallel zur um 1284 angelegten Breiten Straße das 1485 im gotischen Stil erbaute und 1588 und 1614 im Stil der Backsteinrenaissance bis zur Mengstraße hin erweiterte, langgestreckte Kanzleigebäude (Schriverie). An der Westseite des Baus verläuft im Untergeschoss ein bis 1818 offener Arkadengang, der entlang des Chores der Marienkirche zur Nordseite des Rathauses führt und einst Standort von Buden der Kürschner und Schuster war. Im Inneren der Schriverie befindet sich die Gerichtsstube „Renaissance-Saal“ von 1615 mit reicher Vertäfelung.
Das verzierte Gebäude diente als Sitz der Notare und Ratsschreiber (die das Niederstadtbuch führten), später als Pass- und Stempelamt, Registratur mit Staatsarchiv, Amtszimmer der Bierprobe und Polizeigebäude. Nach einer Renovierung in den 1920er und 1930er Jahren beherbergt es heute ein Café.
In südlicher Richtung weiter gehend, gelangt man zum Mittelpunkt der Lübecker Altstadt, dem ausgedehnten Markt. Bereits in frühgeschichtlicher Zeit hatte er besondere Bedeutung und wurde als Thingplatz (Versammlungsort) genutzt. Im Mittelalter standen zahlreiche Verkaufsbuden auf dem Markt – im Jahr 1290 waren es 322. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde der Platz vollständig zunächst mit Holzbauten umbaut, die später durch steinerne Gebäude mit Unterkellerung ersetzt wurden. Den südlichen Marktrand bilden im 18. Jahrhundert überformte einstige Handelshäuser gegenüber der Marienkirche.
Die Nordwestecke des Marktes füllt das in seiner heutigen Form neogotische, mit Treppengiebeln versehene Marienwerkhaus von 1904 aus. Seit dem Mittelalter war es Wohnsitz des Werkmeisters der Marienkirche und eventuell auch ein Back- und Brauhaus für am Kirchenbau beteiligte Werksleute. Für das Jahr 1534 wird das Gewölbe unterhalb der zur Kirchenseite gelegenen Glockenläuterwohnung als Bruwhuse erwähnt. Die holzverkleideten, zum Kirchhof hin ausgerichteten Bauteile gehen auf das 17. Jahrhundert zurück. Nach zahlreichen Veränderungen wurde das im Laufe der Zeit zu einem „Schandfleck“ gewordene Haus 1903 abgerissen und nach modernsten Maßstäben hinter historistischer Fassade neu errichtet. Heute dient es als Gemeindehaus.
Platzbeherrschend ist der ab der Mitte des 13. Jahrhunderts entstandene, winkelig angelegte Baukörper des backsteingotischen Rathauses.
An der Nordseite verfügt der Gebäudekomplex über eine Renaissancelaube und eine gotische, dreitürmige Schildwand. Die Ostseite des Marktes säumen das 1485 gotisch erbaute, im 16. und 17. Jahrhundert im Stil der Backsteinrenaissance erweiterte Lange Haus mit einer offenen säulengetragenen Gewölbehalle im Erdgeschoss und dem spätgotischen Neuem Gemach. Seit 1220 – für dieses Jahr gibt es auch die erste Nennung eines Rathauses – besteht in der Nordostecke der Ratskeller. Die Räumlichkeiten gehen auf romanische und gotische Zeit zurück, dienten einst der Weinlagerung und fungierten als gesellschaftlicher Mittelpunkt der Stadt. 1875 baute man die Keller zu einem Restaurant um. Unter dem Langhaus des Rathauses liegt der Germanistenkeller und links des Einganges befinden sich das Admiralszimmer mit Wappen und Schiffen Lübecker Flottenführer sowie das Herren- bzw. Brautgemach als früherer Gerichtsort der Winmestere.
Um 1240 hatte das Rathaus die Form eines spätromanischen Gruppenbaus aus drei Giebelhäusern anstelle des heutigen Hauptgebäudes. Aus dieser Zeit vor dem Stadtbrand von 1251 erhalten haben sich Teile des Südgiebels des östlichen und zunächst als Gewandhaus dienenden Teilgebäudes (die Konturen des alten Dachstuhls sind im östlichen Teil der romanischen Schildmauer rechts hinter dem Laubenvorbau zu erkennen). 1250 überließ man das Gebäude in der Nordwestecke des Marktes als Lohhaus an die Zunft der Gerber.
Erhebliche Veränderungen des Rathauses gab es nach dem Stadtbrand 1251.
Die Südgiebel wurden zur monumentalen (heute größtenteils vom Laubenvorbau verdeckten) frühgotischen Schildwand mit großen Blindfenstern mit schmückendem Maßwerk zusammengefasst. Die Funktionen im Gebäudeinneren verlagerte man durch eine Verlegung der Ratsräume in die bisherige Tuchhalle und des Tuchhandels in die Kellergewölbe. Vor die Schildmauer, deren heutige dreitürmige Gestalt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammt, wurde um 1260 eine zweigeschossige gewölbte und flachgedeckte, bereits vor 1434 schleppgedeckte Vorlaube gesetzt, in der einst das städtische Gericht tagte. Sie bildete ein Bindeglied zwischen dem Haupttrakt und dem über eine offene, säulengetragene Gewölbehalle im Erdgeschoss verfügenden Langen Haus (1288) aus der Zeit nach 1298.
Vor der Laube standen zwischen Markt und Heumarkt ehemals die Buden der Goldschmiede. Das Obergeschoss wird von dem von einem hölzernen Tonnengewölbe überspannten Löwensaal eingenommen, der erst Ratssaal, dann Festsaal war. Das mittlere Teilgebäude wurde um 1290 zu einem zu Hof mit Nischen für Händler umgestaltet. Von dem zum Marienkirchhof hin angefügten Grawanthus zum Handel mit günstigem grauen Tuch sind heute nur mehr die Kellergewölbe erhalten.
Das Hauptgebäude wurde bis 1350 (und erneut nach einem Großbrand 1358) neu erbaut. Südlich anschließend an das Lange Haus errichtete man in den 1430er Jahren das spätgotische, fünftürmige Neue Gemach. Dessen Erdgeschoss war eine zum Markt hin offene Halle. Auch die Ratswaage war hier untergebracht. Der freiliegende Teil des gotischen Laubenvorbaus erfuhr in den 1570er Jahren eine Veränderung im Stil der Renaissance mit giebeltragenden Sandsteinsäulen im Erdgeschoss und Ziegelmauerwerk in den oberen Etagen nach Westen hin.
1594 wurde an das Neue Gemach die reich mit Bildschnitzereien Tönnies Evers des Jüngeren verzierte, 1942 zerstörte „Kriegsstube“ angebaut. Zu ihr führte die Rathaustreppe (Nachbildung) an der Breiten Straße im niederländischen Renaissancestil. Die Fassade des Neuen Gemachs wurde zur Breiten Straße hin im 18. und 19. Jahrhundert durch eine Betonung der Horizontalen durch breite Friese ohne vertikale Akzente verändert und erhielt einen Laubenvorbau vor dem Haupteingang. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war hier der Senatsbalkon Burspraken angebracht. Im Rahmen der historistischen Renovierung des Gebäudekomplexes wurde 1888 die nördliche Schauwand des Lohhauses rekonstruiert.
Das Rathaus betretend gelangt man durch das im 19. Jahrhundert geschaffene neogotische Foyer (1887) mit Szenen der Stadtgeschichte präsentierenden Gemälden im Freitreppenaufgang in den zwischen Spätbarock und Rokoko gestalteten Rats- und Audienzsaal. Er stellt den größten Saal des Rathauses dar und war Tagungsort des Rates in politischer Funktion und als Obergericht. Geziert wird der seit 1755 mit roten Stoffen ausgestattete Raum durch zehn allegorische Gemälde aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, die Tugenden einer guten Regierung zeigen. Im Stockwerk über dem Ratssaal lag einst der sich seit 1350 von der Schildmauer bis zur Nordwand erstreckende Hansesaal als Tagungsstätte des Städtebundes. 1818 ging er durch Umbauarbeiten verloren und wurde durch Verwaltungsräume ersetzt.
Im westlichen Rathaustrakt befindet sich, geschaffen durch den Einbau einer Zwischendecke in den Großen Börsensaal, der neogotische Bürgerschaftssaal von 1891. Bildfolgen an Wänden stellen die Einbringung des kaiserlichen Freibriefes 1226 und den Empfang Kaiser Karls IV. 1375 dar. Neben dem Bürgerschaftsaal liegt der Rote Saal (Tagungsort des Senats) mit einem die Seeschlacht bei Gotland 1564 zeigenden Ölgemälde an der Rückwand. Die Flure werden geschmückt durch historistische Wandmalereien und renaissancezeitliche Porträts früherer Bürgermeister und Ratsherren.
Als idealer Punkt für Fotoaufnahmen des Marktes gilt der in der südlichen Platzmitte 1986 unter Verwendung gotischer Bauteile wieder aufgebaute, 1294 erstmals genannte Kaak, einst mittelalterliche Gerichtslaube und Pranger. Ursprünglich stand er auf der Westseite des Marktes. 1465 erfolgte eine Umsetzung durch den Aufbau auf eine unterkellerte Butterbude. 1579 errichtete man einen zweiten, 1811 abgebrochenen Kaak nördlich des ersten. Nach einer Einlagerung im Zuge des Wiederaufbaus 1945 entstand 1986/1987 ein neuer Kaak, bei dem die gotischen Bauteile integriert und der Finkenbauer auf eine offene Halle aus Beton- und Holzständern aufgesetzt wurde. Der kleine Bau dient heute als Verkaufsstand für Obst und Gemüse.
Südlich wird der Markt durch den Straßenzug Kohlmarkt abgeschlossen. Er wurde 1291 zum ersten Mal erwähnt und war zunächst nur an der Südseite bebaut. Die Nordseite säumten zum Markt gehörige Verkaufsbuden. Nach der fast vollständigen Zerstörung der Gebäude 1942 ist der Kohlmarkt heute mit schlichten Häusern der Nachkriegszeit bebaut und geht in die nach Westen führende Holstenstraße über. Die 1290 als Platea Holsatorum bezeichnete Straße ist eine wichtige Einkaufsstraße und passiert die 1170 erstmals genannte, im 15. Jahrhundert fertiggestellte Kirche St. Petri. Die ab 1227 entstandene einstige zweite Marktkirche neben der Marienkirche präsentiert sich als backsteinerne, fünfschiffige, eintürmige Hallenkirche im gotischen Stil. Nach Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg wurde sie bis 1987 restauriert. Dabei erfolgte jedoch keine Wiederherstellung der barocken Ausstattung, sondern die Integration moderner Kunstwerke in einen nun schlichten Kirchenraum. Heute wird die ehemalige Stammkirche der Fischer und Binnenschiffer hauptsächlich als Kirche ohne Gemeinde für kulturelle und religiöse Veranstaltungen genutzt und ist die „Universitätskirche“ der Universität zu Lübeck. Von ihrem 108 Meter hohen Turm bietet sich ein einzigartiger Rundumblick auf die Lübecker Altstadt und das Umland bis zur Lübecker Bucht.
Der Holstenstraße weiter folgend kommt man zu der nördlich des Holstentores am nordwestlichen Altstadtrand (zwischen der Drehbrücke an der Engelsgrube und der 1994 erbauten Musik- und Kongresshalle) verlaufenden Straße An der Untertrave (ihr Name stammt von 1884) mit geschlossen den Hafenrand bis zur Holstenbrücke begleitenden, durchlaufenden Giebelzeilen. Die Häuser sind teilweise renaissancezeitlich und gehen auf das 16. Jahrhundert zurück. Weitere markante Gebäude sind ein neogotischer Backstein-Speicher aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts und der 1873 im Stil des Historismus für Thomas Johann Heinrich Mann aus Backstein erbaute siebengeschossige Kornspeicher „Die Eiche“ mit neogotischem Treppengiebel (Nr. 34). Er befindet sich auf einem 1323 erstmals urkundlich erwähnten Grundstück mit einem zugehörigen, mit kleinen Buden bebauten Gang. Beiderseits einer in den 1950er/1960er Jahren verbreiterten Straße zwischen den Speicherhäusern auf der östlichen und der Stadtmauer auf der westlichen Seite liegen Lagerhallen in Ziegelbauweise aus dem beginnenden 20. Jahrhundert.
Entlang der Straße zieht sich der Hansahafen (äußere Museumshafen). Neben historischen Schiffen befindet sich hier das vor 1898 im Rahmen des Ausbaus der Nördlichen Wallhalbinsel zum ersten modernen Umschlaghafen als Lagerhaus der Kaufmannschaft erbaute Gebäude der Media Docks mit seiner auffälligen, abgestuften Dachführung. Ursprünglich eine 1639 zum Trocknen geteerter Taue dienende Kaufmannsdröge mit dem Nachfolgegebäude Kaufmannsspeicher (1897), wurde das Lagerhaus 2001/2002 zur Nutzung durch Unternehmen der Medienbranche und Bildungseinrichtungen umgebaut.
Hinter der Kaufmannsdröge an der bis in die 1990er Jahre existierenden Straße Lastadie stand gegenüber der Engelsgrube das in der Mitte des 17. Jahrhunderts als Nachfolger eines Büchsengießerhauses aus dem 16. Jahrhundert errichtete städtische Gießhaus/Ratsgießhaus (Abriss 1886).
Am Ufer der Wenditz liegt der Museumshafen, in dem ostseetypische Lastensegler, Baggerschiffe und Schlepper ankern.
Das Pendant von An der Untertrave ist die Straße An der Obertrave am südwestlichen Altstadtrand (zwischen der Holstenbrücke und dem Kleinen Bauhof unweit des Doms) mit Salzspeichern am Trave-Ufer. Durch ihre Lage an der Holstenbrücke markierten die Speicher im Mittelalter die Grenze zwischen dem Seehafen und dem Binnenhafen mit Anbindung an die Elbe.
Die in der heutigen Form zwischen 1579 und 1745 im Stil der Backsteinrenaissance und des Backsteinbarock errichtete Gruppe von sechs Lagerhäusern diente einst der Lagerung des aus Lüneburg über die Alte Salzstraße und den Stecknitz-Kanal sowie des aus der Saline Oldesloe gewonnenen und über die Trave herangebrachten Salzes vor dessen Ausführung nach Skandinavien.
Gesäumt wird An der Obertrave von etlichen sehenswerten, architektonisch interessanten Gebäuden, in denen einige Lokale zum Verweilen und Genießen des Ausblicks auf die Salzspeicher und das Holstentor einladen. Zu diesen gehören zum Beispiel ein Renaissance-Giebelhaus von 1600 (Nr. 8) und ein 1938 anstelle des historischen Stadthofs des Klosters Reinfeld erbauter Bunker (Nr. 19) mit rötlicher, an Formen des Vorgängerbaus erinnernder Fassade.
Am Fuß der Wallhalbinsel (einem Teil einer von der Trave und dem Stadtgraben umflossenen künstlichen Insel) ragt im Südwesten der Altstadt auf einer Sichtachse mit dem Hauptbahnhof, der Puppenbrücke an den Wallanlagen, der Holstenbrücke und der Holstenstraße das spätgotische Holstentor auf, hinter dem sich der Holstentorplatz erstreckt. Zusammen mit dem berühmten Lübecker Marzipan gilt es als bedeutendstes Wahrzeichen der Hansestadt. Neben dem Burgtor ist der mächtige Bau, dessen Name auf den Wegbeginn ins Holsteinische zurückgeht, das einzige erhaltene Stadttor der Lübecker Stadtbefestigung. Heute ein einzelnes Gebäude, stand es einst als „Mittleres Holstentor“ in einer Reihe mit drei weiteren, im 19. Jahrhundert abgerissenen Holstentoren.
Der älteste Torbau der Holstentoranlage war das sich ehemals auf dem stadtseitigen Trave-Ufer am Ende der Holstenstraße befindliche innere Holstentor an der spätestens 1216 errichteten Holstenbrücke. Als Teil der Stadtmauer sicherte es, wohl anstelle eines Vorgängerbaus, den Zugang der Stadt von Westen her und wurde 1376 erstmals schriftlich als neu erbaut genannt. In der Mitte des 16. Jahrhunderts hatte das innere Holstentor die Form eines walmgedeckten Torturms mit Fenstern unterhalb des Torbogens im Mittelstockwerk, einer hölzernen vorkragenden, offenen Galerie und runden Ecktürmen im Obergeschoss. Im 18. Jahrhundert hatte sich das Erscheinungsbild verändert, das innere Tor war nun ein niedriges eingeschossiges Bauwerk mit einem Fachwerkgeschoss über dem Torbogen sowie einem angebauten Zöllnerhaus. 1794 wurde das innere Tor abgebrochen.
Das auf einem sieben Meter hoch aufgeschütteten Hügel nach Plänen des Ratsbaumeisters Hinrich Helmstede und finanziert durch das Vermächtnis des Ratsherrn Johann Broling errichtete mittlere Holstentor wurde 1478 fertiggestellt.
1585 folgte dann das äußere Holstentor (auch Renaissancetor, Vortor, Krummes Tor) im Stil der Renaissance. Sein östlicher Ausgang lang 20 Meter vom mittleren Holstentor entfernt und war mit dem Wohnhaus des Wallmeisters verbunden. 1853 musste es dem ersten Lübschen Bahnhof weichen.
Im Rahmen der Anlegung neuer Wallanlagen vor dem Stadtgraben entstand 1621 ein viertes beziehungsweise zweites äußeres Holstentor, das bis 1808 existierte und vollständig in die Wälle eingebettet und mit einem achteckigen Turm bekrönt war.
Die vierstöckige, zugleich Verteidigungs- und Repräsentationszwecken dienende Doppelturmanlage des einstigen mittleren Holstentores auf dem Holstentorplatz besteht aus dem Südturm mit kegelförmigem Dach, einem giebelbesetzten und mit drei Türmchen versehenen Mittelbau und dem kegelförmig gedeckten Nordturm. Die stadteinwärts weisende Seite ist repräsentativ gestaltet und reich mit Fenstern geschmückt, während die stadtauswärts nach Westen zeigende Feldseite über mit wenigen kleinen Fenstern, Schießscharten und Öffnungen der Geschützkammern durchsetztes Mauerwerk, das bis zu 3,50 Meter dick ist, verfügt. Der Durchgang zur Feldseite besaß ehemals zwei Torflügel. 1934 dann wurde im Tor ein „Fallgatter“ anstelle eines Orgelwerks (einzeln herunter gelassene Eisenstangen) angebracht.
Über dem rundbogigen Tordurchgang prangt beiderseits je eine Inschrift. Die Feldseite ist mit einer von 1871 stammenden verkürzten Form der Inschrift des nicht erhaltenen Vortors versehen: CONCORDIA DOMI FORIS PAX „Eintracht innen, draußen Friede“ (Äußeres Holstentor: Concordia domi et foris pax sane res est omnium pulcherrima „Eintracht innen und Friede draußen sind in der Tat für alle am besten“). Auf der Stadtseite sind, seit dem Ende der Restaurierung 1871, die Lettern 1477 S.P.Q.L. 1871 „Sentus populusque Lubecensis“ zu lesen.
Die Fassade des zuletzt 2005/2007 sanierten Holstentores besteht aus rot und schwarz glasiertem Backstein in Quaderform und als Formstein, zwei rund um Gebäude laufenden Terrakottabändern (einzelne Platten mit Ornamenten: vier heraldische Lilien, symmetrische Gitter, vier Distelblätter, Wappenschilder mit Lübschem Wappenadler und stilisiertem Baum), Kalkstein (Sims, Stützen der unteren Schussöffnungen) und Granit (Konsolen der oberen Schussöffnungen).
In den Innenräumen des früheren Stadttores ist seit 1950 das Stadtgeschichtliche Museum untergebracht. Die beiden gleichartig gestalteten Turmzimmer sind über zwei enge Wendeltreppen zugänglich und über Gänge im Mittelbau miteinander verbunden. Besucher können neun Themenräume erkunden, in denen unter anderem der Fernhandel, die Funktion des Holstentores als Wehranlage und seine Entwicklung zum nationalen Denkmal, Schifffahrt und Schifffahrtswege sowie Lübsches Recht und Strafausübung präsentiert werden.
Hinter dem Holstentor dehnt sich eine langgestreckte Grünanlage aus, die das Innere des Holstentorplatzes bildet und über ein heutiges Erscheinungsbild aus den 1930er Jahren verfügt. Schnell ins Auge stechen hier die beiden lebensgroßen, gusseisernen Löwenstatuen – schlafend und wachend – von 1823 an der dem Holstentor gegenüber liegenden westlichen Schmalseite des Parks. 1949 waren sie noch vor dem Holstentor aufgestellt. Gefertigt wurden die Löwen eventuell von Christian Daniel Rauch. Ihre Pendants bilden zwei weitere Lübecker Löwen aus Bronzeguss vor dem Burgtor an der Nordseite der Burgtorbrücke. Auf dem Grünstreifen in der Willy-Brandt-Allee befindet sich mit der Schreitenden Antilope des Bildhauers Fritz Behn eine weitere Statue.
Der Holstentorplatz reicht bis zur Puppenbrücke. Ab 1770 als Ersatz einer 1475 errichteten Holzbrücke über dem Graben vor dem Holstentor erbaut, war sie die erste steinerne Brücke Lübecks und verziert mit acht Statuen und vier Vasen. 1980 wurde die Puppenbrücke erneuert und das Skulpturenprogramm (Flussgott (Trave), Merkur, Friede, Eintracht, Römischer Krieger, Vorsicht, Neptun (Ostsee), Freiheit; Ackerbau, Fleiß, Sparsamkeit, Freie Künste) neu angeordnet.
Über die Trave wieder zurück in die Altstadt gehend stößt man in deren Südosten im ehemaligen Wohnviertel der Handwerker auf die am östlichen Abhang des Innenstadthügels in Richtung der Wakenitz stehende, 1227 erstmals urkundlich genannte Aegidienkirche. Sie wurde wahrscheinlich anstelle einer hölzernen Kirche aus dem letzten Drittel des 12. Jahrhunderts erbaut und besitzt die Form einer dreischiffigen Halle im backsteingotischen Stil mit romanischen Turmbereichen der Vorgängerkirche und die Seitenschiffe abschließenden Kapellen.
Bedeutung erlangte die im Mittelalter der Kontrolle des Domkapitels unterstehende Aegidienkirche in der Reformation, als sie bei deren Beginn eine Vorreiterrolle einnahm. Die Pastoren Andreas Wilms und Wilhelm Antoni bekannten sich als erste in Lübeck zur neuen Lehre und kurz nach Ostern 1530 wurde in der Kirche das erste Abendmahl „unter beiderlei Gestalt“ gefeiert.
Ältestes Ausstattungsstück im Innenraum von St. Aegidien ist ein spätromanisches Relief eines thronenden, segnenden Christus aus der zweiten Hälfe des 13. Jahrhunderts. Sehenswert sind ebenfalls der 1701 anstatt des geschnitzten gotischen Hochaltars aufgestellte Altar im Barockstil, der Singechor/Lettner des Bildschnitzers Tönnies Evers d.J. von 1587 und das Taufbecken von 1453.
Südlich der Aegidienkirche befindet sich mit der Carlebach-Synagoge das einzige vollständig erhaltene jüdische Gotteshaus in Schleswig-Holstein. Sie wurde ab 1878 auf dem Areal des im 14. Jahrhundert größten Ackerhofs Lübecks, dem Ritterhof, im maurischen Stil mit Kuppel errichtet. Nach der Zerstörung des Inneren in der Pogromnacht 1938 wandelte man sie in eine Sporthalle mit schlichter Backstein-Fassade um. In der Nachkriegszeit wurde die Funktion als Synagoge wiederhergestellt. Zwischen 2014 und 2021 erfolgten Sanierungsarbeiten.
Neben der Synagoge liegt in der südöstlichen Altstadt das Museumsquartier im spätgotischen St. Annen-Kloster. 1502 zur Unterbringung unverheirateter Töchter aus Kaufmannsfamilien gegründet, wurde es bereits 1531 im Zuge der Reformation wieder geschlossen und bis 1542 von allen Nonnen verlassen. Nach der Säkularisierung diente das aufgehobene Kloster als Armen-, Werk- und Zuchthaus.
1915 eröffnete man in den Klostergebäuden das St. Annen-Museum als einen Standort der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck die Lübecker Museen (seit 2006). Aus der Erbauungszeit erhaltene und zu besichtigende Räume sind der Kreuzgang, die Refektorien, der Remter, der Kapitelsaal und die Sakristei sowie der untere Teil der dreischiffigen Klosterkirche mit ihrem prächtigen Portal, flachgedeckten Schiff, kreuzgewölbten Chor mit polygonalem Abschluss und Treppenturm.
Die im Kreuzgang gezeigte sakrale Kunst gehört zu einer der größten Sammlungen mittelalterlicher Flügelaltäre und Statuen in Deutschland und umfasst zum Beispiel den gotischen Grönauer Altar, von Handwerkerzünften oder Kaufleuten für Klosterkirchen gestiftete Altäre, die Niendorfer Madonna von Johannes Junge und Statuen der klugen und törichten Jungfrauen aus dem Burgkloster. Ebenfalls ausgestellt sind Gemälde deutscher und niederländischer Meister des 15. und 16. Jahrhunderts unter anderem von Lucas Cranach, Hans Memling, Hans Kemmer und Jacob van Utrecht. Des Weiteren gibt das Museum einen Überblick über die Lübecker und Hanseatische Wohnkultur (des Bürgertums) vom Mittelalter bis in das frühe 20. Jahrhundert, von der Renaissance bis zum Klassizismus. Die 2003 unter Einbeziehung der Reste der ehemaligen Klosterkirche modern erbaute Kunsthalle St. Annen zeigt zeitgenössische Kunst. In den Innenhöfen und Museumsgärten zu sehen sind der „Puppenhof“ mit den originalen barocken Skulpuren der Puppenbrücke als Symbole bürgerlicher Tugenden und der Kreuzhof, in dem seit dem Mittelalter bekannte Pflanzen und Kräuter angepflanzt werden.
Den südlichen Teil der Altstadt dominiert der 1247 geweihte und mit circa 130 Metern eines der längsten Kirchengebäude Deutschlands darstellende Dom zu Lübeck mit seinen zwei Westtürmen (115 Meter hoch). Er ist der erste große Backsteinkirchenbau an der Ostsee und war ursprünglich im romanischen Stil gehalten, bevor er bis 1335 zu einer gotischen Hallenkirche umgebaut wurde. Dabei hob man die Seitenschiffe etwa auf Höhe des Mittelschiffes an und verlängerte den Baukörper durch die Errichtung des gotischen, von schlanken Rundsäulen als Gegenstücke zu den massiven Rechteckpfeilern des älteren Bauteils getragenen Ostchors.
Nach der Zeit als Bischofskirche wurde der Dom während der Reformation bis 1803 zu einem gemeinschaftlichen Eigentum von Stadt und Domkapitel und überging dann in Stadtbesitz. Am Palmsonntag 1942 erlitt die Kirche starke Zerstörungen. Große Teile der Innenausstattung, darunter fast alle mittelalterlichen Flügelaltäre, konnten jedoch gerettet werden.
Nach dem Wiederaufbau bis 1982 präsentiert sich das Dominnere in schlichtem Weiß. Sein Hauptschiff wird beherrscht von dem 14 Meter hohen Triumphkreuz von Bernt Notke (1477). In den Grabkapellen, seit der Reformation für Mitglieder des Domkapitels vorgesehen, befinden sich steinerne Sarkophage. Das ursprünglich steinerne Taufbecken aus Gotland ersetzt nun eine eherne Fünte von 1455. Die sich über einem von einer Moses-Statue getragenen Untersatz erhebende Kanzel stammt aus der Renaissancezeit (1586) und ist mit Alabaster-Reliefs mit Szenen aus dem Leben Jesu verziert. Nach dem Vorbild des Lettners im Magdeburger Dom 1477 entstanden ist der an der Außenverkleidung mit Bildschnitzereien von Bernt Notke versehene Lettner mit die vier Patrone des Doms darstellenden Statuen.
Bis 1942 bestand im Westwerk die auf ein Instrument der 1690er Jahre zurückgehende Orgel von Arp Schnitger. Sie ist das größte Werk Schnitgers in Schleswig-Holstein und wurde einst von Georg Friedrich Händel, Johann Mattheson und wohl auch von Johann Sebastian Bach bespielt. Die heutige, im nördlichen Seitenschiff aufgestellte Orgel wurde 1970 von der dänischen Orgelbaufirma Marcussen & Søn gefertigt.
An die Altstadtinsel grenzen ausgedehnte Vorstädte an.
Im Norden etwa liegt Sankt Gertrud, geprägt durch eine Bebauung aus ehemaligen klassischen Sommerhäusern und Gründerzeitvillen rund um den Stadtpark und die Wakenitz.
Westlich des Holstentors befinden sich die durch die Bahnstrecke getrennten Vorstädte Sankt Lorenz-Nord und Sankt Lorenz-Süd, benannt nach der Kirche St. Lorenz mit Ursprüngen in einer Pestfriedhofskapelle des 16. Jahrhunderts. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entstand auf ihrem Areal eine Vorstadt für die Unter- und Mittelschicht und es entwickelte sich eine Arbeiterkultur. Geschosswohnungen und Industriebetriebe (Drägerwerke) dominieren das Erscheinungsbild der Stadtteile bis heute.
Im Süden der Altstadt erstreckt sich auf der Wakenitzhalbinsel der flächengrößte Stadtteil Sankt Jürgen. Ursprünglich geprägt durch Weiden und Gärtnereien, sind hier heute klassizistische und gründerzeitliche Villenviertel zu finden.
Die wechselvolle Geschichte Lübecks von seinen Anfängen als slawische Siedlung an der Travemündung über die Zeit als spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Handelsmacht und Hansestadt bis zu einem Zentrum für Kultur und Literatur um die Jahrhundertwende ist bis heute an jeder Ecke der Altstadtinsel präsent. Entlang der kopfsteingepflasterten Straßen und verwinkelten Höfe und rund um den Markt reihen sich die Giebel der repräsentativen Backsteinbauten und Türme der imposanten Kirchen aneinander und zeugen vom einstigen Machtbewusstein, Wohlstand und der kulturellen Bedeutung der Ostseeperle.