93047 Regensburg
Präsentation des römischen Legionslagers Castra Regina anhand der erhaltenen Mauer- und Gebäudereste.
Geschichte
Der Regensburger Donaubogen ist seit der Steinzeit besiedelt. In der vorrömischen Eisenzeit existierte die keltische Siedlung Radasbona auf dem späteren Stadtgebiet.
Um 79 wurde im heutigen Stadtteil Kumpfmühl zur Beobachtung der Mündung von Naab und Regen ein römisches Kohortenkastell eingerichtet, das jedoch bei Einfällen der Markomannen in den 160er Jahren zerstört wurde. Nach der Zurückdrängung dieses suebisch-germanischen Stammes errichteten die Römer unter Kaiser Marcus Aurelius 179 das Legionslager Castra Regina am nördlichsten Punkt der Donau gegenüber des Flusses Regen zur Sicherung der Nordgrenze der Provinz Raetia. Die von einer Mauer aus behauenen Großquadern umgebene, rechteckige steinerne Anlage mit vier je zweitürmigen Toren und (Mauer)Türmen sowie einem vorgelagerten Spitzgraben nahm die III. Italische Legion auf und diente als Hauptstützpunkt der Provinz Raetia. Sie verfügte über ein Praetorium (Wohnhaus des Statthalters/Lagerpräfekten), mindestens zwei Thermen und Werkhallen sowie Unterkunftbauten für die Soldaten, ihre Straßen wurden beidseitig von ziegelgedeckten Säulengängen der Streifenhäuser gesäumt.
Westlich des Militärlagers bildete sich auf dem Areal eines zivilen Lagerdorfes (vicus) eine von der militärischen Verwaltung des Legionslagers abhängige zivile Lagervorstadt (canabae legionis) heraus, die ihre Blütezeit in der ersten Hälfte des 3.Jhs. erlebte.
Außerhalb beider Siedlungen lagen entlang der Ausfallstraßen nach Süden und Osten (z.B. an der Stelle des heutigen Bahngeländes) Gräberfelder, auf denen sich überwiegend Urnenbestattungen nachweisen lassen.
Südlich der Lagervorstadt befand sich (auf dem Ziegetsberg) von ca. 200 bis ins 4.Jh. ein aus einem steinernen Umgangstempel mit zwei kleineren seitlichen Nischentempeln bestehender Tempelbezirk für den Handelsgott Merkur. Im Umland dehnten sich inmitten von Ackerfluren und Viehweiden Gutshöfe (villa rusticae jeweils mit Wohnhaus, Badegebäude und Wirtschaftsbauten sowie einem umschließenden Zaun oder einer Mauer) aus, die die Einwohner von Castra Regina mit Nahrungsmitteln versorgten.
Ab der zweiten Hälfte des 3.Jhs. wurde Castra Regina mehrfach durch germanische Stämme in Brand gesetzt und geplündert, was um 288 die Aufgabe der Zivilstadt und eine deutliche Verkleinerung des Kastells zur Folge hatte.
Nach dem Abzug der militärischen Besatzung und dem Ende des römischen Reiches entwickelte sich das Lager ab dem 5.Jh. zu einer zivilen Siedlung. Regensburg wuchs in der Folge zum ersten religiösen, politischen und wirtschaftlichen Zentrum in Bayern heran, das bis ins 10.Jh. hinein durch die römische Wehrmauer gesichert wurde.
Besichtigung
Auch heute noch sind die Grenzen des ehemaligen Legionslagers bzw. seine in römischer Zeit mit einem rampenartigen Erdwall an der Innenseite als Stütze des hölzernen Wehrganges auf der Mauerkrone versehene Ostmauer am Ernst-Reuter-Platz, an der D.-Martin-Luther-Straße, am Dachau-Platz, im Verlauf der Adolph-Kolping-Straße, am St.-Georgen-Platz und Unter den Schwibbögen erkennbar und wurden mit dem Document Legionslagermauer für die Öffentlichkeit erschlossen, das rund um die Uhr besichtigt werden kann und entlang der massiven originalen Quadermauern mit Texttafeln und filmischen Rekonstruktionen einen anschaulichen Eindruck von den Ausmaßen des römischen Regensburg vermittelt.
Die museale Präsentation erstreckt sich von der später in einen Teil der mittelalterlichen Stadtmauer integrierten Südostecke der römischen Befestigung (von der die Mauer bis zu einer Höhe von 4,80m erhalten ist) über die 5m hohen Überreste der römischen Quadermauer an der Ostseite des Legionslagers im heutigen Parkhaus am Dachauplatz bis hin zur Nordostecke der Lagermauer, die früher über einen Eckturm verfügte. In diesem Bereich stand einst die Porta principalis dextra als östlicher Punkt der (etwa auf Höhe des Neupfarrplatzes verlaufenden) Hauptverkehrsachse Via Prinicpalis, die im Westen an der Porta principalis sinistra endete.
Das imposanteste erhaltene Zeugnis des römischen Regensburg stellt das einstige doppeltürmige Nordtor Portra praetoria in der den Verlauf der einstigen nördlichen Lagermauer nachzeichnenden Straße Unter den Schwibbögen dar, von dem zur Zeit des Legionslagers die Via Praetoria (mit weiterem Verlauf auf der Höhe des Domplatzes) abging und das im Mittelalter in den Bischofshof eingebaut wurde. Heute ist nur mehr einer der beiden vorspringenden halbrunden Flankentürme der Porta praetoria erhalten, auch der zweite Durchgang und der früher wohl vorhandene geschlossenen Torhof mit einem zweiten Innentor existieren nicht mehr. Das Pendant der Porta praetoria, das Südtor Porta decumana, befand sich etwa an der heutigen Kreuzung Am Petersweg/Fröhliche-Türken-Straße.
Die Westmauer des Militärlagers erstreckte sich wohl zwischen der Wahlenstraße und der Unteren und Oberen Bachgasse, die Südmauer entlang von Am Petersweg bzw. des Fuchsenganges.
Südlich der Porta praetoria werden im ehemaligen Nordostviertel des Legionslagers unter der Niedermünsterkirche mit dem Document Niedermünster Reste militärischer Unterkunftsbauten präsentiert (nur mit Führung zugänglich). Zwischen zwei Lagergassen standen hier mit den Rückseiten aneinander gebaut Wohngebäude für die Soldaten: ca. 60m lange und 10m breite Häuser mit ziegelgedeckten Holzveranden an den den Lagergassen zugewandten Längsseiten, die den Zugang zu den aus einem Vorraum (arma) und einer Wohnstube (papilio) bestehenden Wohneinheiten bildeten. Am Kopfende dieser Kasernenbauten waren die Wohnstätten der Hundertschaftsführer mit Hypokaustheizungen zur Erwärmung von Fußböden und Wänden angefügt.
Etwas weiter südlich lag am Alten Kornmarkt an der Via Principalis wahrscheinlich das Soldatenbad, das in der zweiten Hälfte des 3.Jhs. durch ein vornehm ausgestattetes mehrräumiges Gebäude mit ornamentierten Ziegelfußböden und gefliesten Wänden ersetzt wurde.
Das Stabsgebäude (principia), der Mittelpunkt des Legionslagers, und das Praetorium befanden sich möglicherweise im Bereich Weißbräuhausgasse/Weiße-Lilien-Straße.
Die im Norden durch die Donau begrenzte und sich im Süden als Gürtel um Legionslager herum erstreckende zivile Lagervorstadt war zum Teil in an den Seiten von Straßen umfasste, rechteckige Quartiere (insulae)mit Geschäfts- und Wohnbauten eingeteilt, verfügte daneben aber auch über kleinere Baueinheiten mit Streifenhäusern. Siedlungsspuren wurden unter anderem am heutigen Arnulfs- und Bismarckplatz in Form eines großen Wohnviertels entdeckt. Die hier stehenden repräsentativen Stadthäuser besaßen die Form ein- bis zweigeschossiger Steingebäude mit Ziegeldächern, hypokaustierten Wohnräumen, Vorhalle, Küche, Bad und manchmal säulenumschlossenen Innenhöfen. Unter dem heutigen Velodrom (Kreuzgasse 5) fand man einen 35m breiten und mindestens 75m langen Baukörper vom Ende des 2.Jhs./aus dem 3.Jh. mit sich um einen Innenhof gruppierenden fußbodenbeheizten Räumen, einer Brunnengrotte und einem Wasserbecken. Am Bismarckplatz ließen sich Streifenhäuser mit Heizungen und bemalten Innenwänden nachweisen.
Buchtipp
Die Besichtigung ist ganzjährig und jederzeit möglich.